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Irankrieg

Momentan wird heftig am Angriff auf den Iran gearbeitet, inklusive der üblichen humanitären und Wir-sind-die-Guten-Propaganda, mit der man die Bevölkerung darauf vorbereitet, dass Völkerrecht zu brechen, Massenmorde an Ausländern zu begehen und sich dabei auch noch gut zu fühlen. Dabei sagen westliche Politiker und Aktivisten seit Jahren, dass sie im Iran einmarschieren und/oder dessen Regierung stürzen wollen. Das ist natürlich illegal. 

Ich habe im Folgenden einige Artikel zum Iran-Thema zusammengestellt. Es handelt sich um Beiträge aus Blauer Bote Magazin (teilweise gekürzt) sowie ein paar Rubikon-Artikel. Sie decken vielleicht nicht jede Facette des Konflikts ab, zeigen jedoch entscheidende Punkte auf. Unter Umständen gibt es einige Doppelungen. Es handelt sich im Prinzip um eine Kollage von Artikeln.

Wahrscheinlich schreibe ich zum erwünschten Irankrieg – die Blaupause der USA für den Überfall fremder Länder ist mehr oder weniger immer die Selbe – demnächst auch noch einen Rubikon-Artikel, aber das kann dauern. Während abertausende gut bezahlte Propagandisten von ihrer Hetze verdammt gut leben können, muss ich leider arbeiten und andere Dinge tun und habe nur wenig Zeit zum Schreiben.

Bundesregierung arbeitet an Sturz der iranischen Regierung

Am Wochenende um den 1. Juli 2018 fand in der französischen Hauptstadt Paris eine Großveranstaltung zum Sturz der iranischen Regierung statt.

An der mit den Twitter-Hashtags #FreeIran2018 und #IranRegimeChange beworbenen Veranstaltung nahmen auch der Bundestagsabgeordnete Martin Patzelt (CDU) sowie Eduard Lintner (CSU) als Vertreter Deutschlands teil. Sie sicherten der versammelten „iranischen Opposition“ (der Oppositionsgruppe/Terrorgruppe MEK) die Unterstützung der deutschen Regierung bei ihrem Kampf zu. Die Website iranfreedom.org berichtete stolz:

„German delegation led by Eduard Lintner admires resoluteness of Iranian resistance. Eduard Lintner, former German deputy Interior Minister and Martin Patzelt, Member of Germany Bundestag represented the German delegation in the Iranian convention in Paris. They cited their support for Iranian struggle for freedom“.

Organisiert wurde die Veranstaltung von der MEK – auch Volksmodschahedin genannt – beziehungsweise vom NCRI (Nationaler Widerstandsrat des Iran), der dem Bundesamt für Verfassungsschutz als politischer Arm der MEK gilt. Die MEK hat sektenähnliche Strukturen, inklusive eines ausgeprägten Personenkultes um die Führerin Maryam Rajavi. Die Europäische Union hat die Volksmodschahedin 2009 von ihrer Liste der Terror-Organisationen gestrichen. Bis September 2012 stand die Organisation in den USA auf der Liste der ausländischen Terrororganisationen. US-Präsident Barack Obamas Außenministerin Hillary Clinton strich die Volksmodschahedin von dieser Liste.

Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten die USA insgeheim schon seit Jahren mit der MEK zusammenarbeiteten.  Publitzer-Preisträger Seymour Hersh berichtete 2012 im New Yorker von Trainingslagern für die MEK-Terroristen im US-Bundesstaat Nevada seit 2005. Anfang 2018 war die MEK an der massiven Kampagne zu angeblichen politischen Unruhen im Iran beteiligt, nachdem die Gruppe das ganze Jahr 2017 über in ihrem albanischen Exilhauptquartier hohen Besuch von Senatoren, Beamten und Militärs aus den USA hatte.

Der seit Anfang April 2018 amtierende Nationale Sicherheitsberater der USA unter der Regierung des Präsidenten Donald Trump – John Bolton – hatte vor vor genau einem Jahr – ebenfalls in Paris – der MEK beziehungsweise dem NCRI den baldigen Sturz der iranischen Regierung in Aussicht gestellt und zwar noch vor dem 40. Jahrestag der Revolution im Iran am 11. Februar 2019. Das berichteten beispielsweise The New Yorker oder The Intercept. The Intercept berichtet in dem Artikel „Here’s John Bolton Promising Regime Change in Iran by the End of 2018„: 

„Just eight months ago, at a Paris gathering, Bolton told members of the Iranian exile group, known as the Mujahedeen Khalq, MEK, or People’s Mujahedeen, that the Trump administration should embrace their goal of immediate regime change in Iran and recognize their group as a ‚viable‘ alternative.

‚The outcome of the president’s policy review should be to determine that the Ayatollah Khomeini’s 1979 revolution will not last until its 40th birthday,‘ Bolton said. (The 40th anniversary of the Iranian revolution will be on February 11, 2019.)

‚The declared policy of the United States should be the overthrow of the mullahs’ regime in Tehran,‘ Bolton added. ‚The behavior and the objectives of the regime are not going to change and, therefore, the only solution is to change the regime itself.‘

As the Iranian expatriate journalist Bahman Kalbasi noted, Bolton concluded his address to the exiles with a rousing promise: ‚And that’s why, before 2019, we here will celebrate in Tehran!'“

Wenige Tage vor der Regime-Change-Veranstaltung in Paris kündigte die US-Regierung völkerrechtswidrige Maßnahmen gegen den Iran an. Welt.de dazu am 26.6.2018: „Die USA verlangen von allen Ländern einen Import-Stopp für iranisches Öl. Gegen Staaten, die dem nicht Folge leisteten, würden ab dem 4. November Sanktionen verhängt, sagte ein hochrangiger Vertreter des Außenministeriums am Dienstag in Washington. Ausnahmen werde es nicht geben. Das harte Vorgehen gegen den Iran, dem die USA weiter das Streben nach Atomwaffen vorwerfen, sei ‚eine unserer Top-Prioritäten der nationalen Sicherheit‘.“.

Angela Merkels Abgesandte Lintner und Patzelt fühlten sich 2018 in Paris mit Kollegen aus den USA wie Newt Gingrich oder Donald Trumps Anwalt Rudy Guiliani sicherlich pudelwohl bei der Regime-Change-Show, für die bezahlte Statisten ein volles Publikum simulierten, wie The Guardian zu dem Paris-Event berichtete.

Etwas merkwürdig war an der Sache, dass die Bundesregierung mit den beiden CDU-CSU-Politikern wenig öffentlichkeitswirksam unterhalb der Ministerebene in Paris aktiv war, Lintner und Patzelt jedoch an einem Propaganda-Klamauk der Qualitätsstufe „ukrainischer Geheimdienst“ teilnehmen mussten, der vielleicht nur deshalb nicht von den Medien weiter breitgetreten wurde, weil die Briten zeitgleich mit einem anderen Propaganda-Klamauk – einem „Fall Skripal 2.0“ in Salisbury – um die Ecke kamen.

Man will einen Anschlag des bösen Iran auf die MEK-Konferenz in Paris und die beiden deutschen Abgeordneten vereitelt haben. Für T-Online und andere deutsche Medien ist das jedenfalls die Wahrheit und keine gestellte Propagandashow für den Iran-Regime-Change:

„Dem offenbar vereitelten Anschlag in Villepinte nordöstlich von Paris entgingen somit auch deutsche Politiker. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Patzelt nahm an der Konferenz teil, ebenso wie der ehemalige Staatssekretär des Innern, Eduard Lintner von der CSU. Patzelt sagte gegenüber t-online.de: ‚Man konnte regelrecht die Sorge und Angst der Veranstalter spüren.‘. Noch nie seien die Sicherheitsvorkehrungen für das Treffen nahe Paris so groß gewesen. ‚Um Angst zu verbreiten und der zunehmenden eigenen Angst vor dem Verlust der Macht im Lande zu begegnen, scheint diesem Herrschaftssystem jedes Mittel recht zu sein.'“.

Die beiden deutschen Abgesandten bei der Konferenz zum Sturz der iranischen Regierung – man braucht wohl kaum zu erwähnen, dass Letzteres völkerrechtswidrig ist – haben offenbar ein besonders gutes Verhältnis zu der vom deutschen Verfassungsschutz beobachteten iranischen „Oppositionsgruppe“, zu der die taz bereits 2006 schrieb:

„Wie weit dieser Personenkult reicht, zeigte sich im Juni 2003, als die französische Polizei Mariam Radschawi vorübergehend in Untersuchungshaft nahm. Dagegen protestierten mindestens zehn Mitglieder damit, dass sie sich selbst anzündeten. Zwei Frauen starben dabei. Nach ihrer Freilassung verkündete Mariam Radschawi: ‚Wir haben unsere Ziele erreicht und sind besonders stolz darauf, dass sich so viele für uns geopfert und sich selbst verbrannt haben.‘. Mit Kritikern innerhalb der Organisation kennen die Volksmudschaheddin kein Pardon. Ihnen droht Einzelhaft und Folter – manchmal bis zum Tod.“.

US-gesteuerte Proteste im Iran

Über Propaganda, instrumentalisierte Proteste und eine Blaupause für den „Regime Change“.

von Jens Bernert

Nach Angaben der israelischen Tageszeitung „Haaretz“ vom Februar 2012 soll die MEK — auch als Volksmodschahedin, People’s Mojahedin Organization of Iran oder Mojahedin-e Khalq bekannt — gemeinsam mit dem israelischen Geheimdienst an dem Programm zur Ermordung iranischer, auf Atomforschung spezialisierter Wissenschaftler mitgewirkt haben. Ein anderer Haaretz-Bericht vom April 2012 spricht von US-amerikanischem und israelischem Training der Volksmodschahedin gegen die iranische Regierung.

Während des gesammten Jahres 2017 erhielt die MEK immer wieder Besuch von US-amerikanischen Offiziellen. US-Senator John McCain, Chairman of the Senate Armed Services Committee, traf sich beispielsweise im April 2017 mit der MEK-Führungsspitze in deren Exil in Albanien, wie die englischsprachige albanische Zeitung „exit“ berichtet: „Senator McCain Meets MEK in Albania“. Ausserdem trafen sich unter anderem im August 2017 die US-Senatoren John Cornyn (R-TX), Roy Blunt (R-MO), Thom Tillis (R-NC) mit MEK-Chefin Maryam Rajavi: „US Senators Meet MEK Leader in Tirana“.

Zu den Protesten im Iran um den Jahreswechsel 2017/2018 kamen in den Medien im wesentlichen drei Kategorien von Bildern vor: Falschbilder, Bilder mit Quellenangabe „MEK“ und Bilder unbekannter Herkunft. Letztere, darunter die Bilder „Wütender Mann“ und „Halbvermummte Frau im Tränengas“, wurden meist mit der Quellenangabe „AP/unbekannt“ versehen. Die Falschbilder und Fehlinformationen gab es beispielsweise bei ARD und ZDF, aber auch bei FAZ, Spiegel, BILD-Politikchef Julian Reichelt, Human-Rights-Watch-Chef Kenneth Roth sowie dem von Iran-Erzfeind Saudi-Arabien finanzierten Gulf Institute aus Washington, USA.

Bild

Behalten wir die Sache mit den MEK-Bildern im Hinterkopf und schauen uns den folgenden Gedanken zu den Ausschreitungen aus Peds Ansichten an, beginnend mit einem Zitat aus einer Tagesschau-Meldung zu dem Iran-Thema:

‚Die Proteste im Iran haben weitere Todesopfer gefordert: In der vergangenen Nacht kamen bei den gewaltsamen, landesweiten Unruhen weitere neun Menschen ums Leben, wie das staatliche Fernsehen berichtete. Sechs Demonstranten seien getötet worden, als sie in der Provinz Isfahan rund 350 Kilometer von Teheran entfernt eine Polizeistation attackierten‘.
Das sind reichlich Informationen! ‚Proteste‘ ganz am Anfang ist Propaganda, denn die Proteste haben eben KEINE Todesopfer gefordert. Und es waren sicher nicht Unruhen, durch die gewissermaßen, im allgemeinen Aufruhr, Menschen versehentlich getötet wurden. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen fanden nachts statt, eine sehr gute Tarnung für die Täter. Sechs der Toten griffen vor ihrem Ableben eine Polizeistation an. Die Unruhen wurden außerdem landesweit gemeldet. Spontane landesweite nächtliche Gewalt im Iran; wenn ich das höre, werde ich stutzig.“

In der Tat werden hier Parallelen zu beispielsweise den Ereignissen in Syrien im Frühjahr 2011 deutlich, wie sie die schwedische Archäologieprofessorin Eva Myrdal, die vor Ort war, schilderte:

„Wer ist es also, der Polizisten und Soldaten erschießt? Bekannte aus Baniyas sagen über Telefon über das, was in der kleinen Industriestadt an der Küste passiert: ‚Wir wissen nicht, wer sie sind. Die kommen auf Motorrädern hierher und sind schwarz maskiert’“.

Mit der MEK gibt es auch im Iran – die MEK hat ja die Bilder aus dem Iran geliefert, wie uns die deutschen Medien unaufdringlich in den Quellenangaben mitteilen – solche Kämpfer, die mutmaßlich für Angriffe auf Sicherheitsbehörden verantwortlich sind, möglicherweise auch unter Ausnutzung von Demonstrationen zur wirtschaftlichen Lage. Bezüglich Syrien hat sich schon längst herausgestellt, dass die extremistischen Kämpfer dort von USA, Saudis und Cco. eingesetzt wurden. Die MEK-USA-Connection lässt sich nicht bestreiten.

Interessant ist es auch, die Reaktion der Politik und Medienberichterstattung auf die Ereignisse im Iran mit den im Prinzip gleichzeitig stattfindendern Demonstrationen im Kongo zu vergleichen. Die taz schreibt zu den Protesten im Kongo:

„Die EU hat am Mittwoch den Familien der Opfer der Gewalt gegen friedliche Demonstranten in der Demokratischen Republik Kongo ihr Beileid ausgesprochen. Eine explizite Verurteilung oder Drohung mit neuen Sanktionen enthält die Erklärung nicht – und wie EU-Diplomaten in Brüssel bestätigen, wäre sie um ein Haar gar nicht erfolgt. Frankreich und Spanien verhinderten am 2. Januar einen kritischeren Entwurf, nachdem am 31. Dezember in Kinshasa und Kananga mindestens elf Menschen bei der Niederschlagung von Protesten der katholischen Kirche gegen Kongos Präsident Joseph Kabila getötet worden waren.“

Die USA riefen mit der Begründung der Proteste im Iran den UN-Sicherheitsrat an und forderten Maßnahmen im Namen der Menschenrechte der Iraner gegen den Iran. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass wenige Wochen zuvor ein Memo der US-Regierung geleakt und vom US-Magazin Politicoveröffentlicht wurde, in dem als Handlungsanweisung für den US-Außenminister beschrieben wurde, wie man Menschenrechte einsetzen soll. Nämlich zum einen möglichst gar nicht, zum anderen als Waffe:

Die Verbündeten (wie Saudi-Arabien oder Kongo) werden geschont, die Gegner mit Hilfe von Menschenrechtspropaganda sturmreif geschossen. Als Gegner wurde dabei wenig überraschend auch der Iran genannt.

Zum Artikel

Dieser Artikel erschien als Erstveröffentlichung im Rubikon-Magazin.

Dieses Werk ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen dürfen Sie es verbreiten und vervielfältigen.

Die Falschnachrichten für den Irankrieg

Wieder einmal soll mit erkennbar gefälschten Beweisen ein offener Krieg vom Zaun gebrochen werden.

In der Meerenge von Hormus wurden zwei Tanker angegriffen. Später wurden von der US-Regierung Fotos veröffentlicht, die die entstandenen Schäden an einem japanischen Tanker zeigen, die nach US-Angaben durch gesprengte Haftminen entstanden sein sollen, und die Schuld des Iran belegen sollen. Die japanische öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt NHK berichtete zum Ablauf der Attacke unter Berufung auf den japanischen Reeder und die Augenzeugenberichte seiner Schiffsmannschaft folgendes (1): 

„Der Präsident der in Tokyo ansässigen Reederei Kokuka Sangyo sagt, sein Tanker wurde von einem heranfliegenden Projektil getroffen. Er sagt, mehrere Crew-Mitglieder sahen mit eigenen Augen die Quelle der zweiten Detonation.  

Yutaka Katada, Präsident von Kokuka Sangyo sagte: ‚Ich habe Berichte erhalten, dass sie etwas auf sich zufliegen sahen, dann war da eine Explosion und dann war da ein Loch im Schiff.‘

Er bestritt, dass der Tanker von einer schwimmenden Mine, einem Torpedo oder mit angebrachtem Sprengstoff getroffen wurde, wie es zuvor berichtet wurde. Er sagte, der Schaden sei weit oberhalb der Wasserlinie.“

Im Original lautet die entsprechende Stelle des englischsprachigen NHK-Berichts folgendermaßen:

„The president of the Tokyo-based shipping firm Kokuka Sangyo says its tanker was hit by an incoming projectile. He says several crew members witnessed the source of the second blast.

Yutaka Katada, president of Kokuka Sangyo said, „I’ve received reports that they saw something come flying toward them, then there was an explosion, and then there was a hole in the vessel.“

He denied that the tanker was hit by a floating mine, torpedo or an attached explosive as had been previously reported. He said the damage was way above sea level.“

Bild: Zwei von den US-Behörden veröffentlichte Fotos des getroffenen japanischen Tankers mit Minen-Beschriftung.

Mit „attached explosive“ im japanischen Bericht sind die Haftminen gemeint, über die in EU- und US-Medien berichtet wird. Die US-Regierung hatte die Bilder der Schäden am Tanker entsprechend beschriftet. In deutschen Medien- beispielsweise bei T-Online in dem Artikel „USA präsentieren Beweisfotos – Soldaten entsendet“ – liest sich die Sache mit den Schäden am Schiff bisweilen ganz anders wie die Augenzeugenberichte der Mannschaft des Tankers (2):

„Die USA machen den Iran für die Angriffe auf zwei Öltanker im Golf von Oman am vergangenen Donnerstag verantwortlich. Teheran weist das zurück. Bei den schweren Zwischenfällen waren die zwei Tanker beschädigt worden. Die „Front Altair“ einer norwegischen Reederei geriet nach Explosionen in Brand. Auch der japanische Betreiber der „Kokuka Courageous“ berichtete von zwei Detonationen. Die genauen Hintergründe sind bislang unklar. […]

Das US-Verteidigungsministerium veröffentlichte am Donnerstag neue Fotos zu den Angriffen auf die beiden Öltanker im Golf von Oman, die die Vorwürfe gegen die iranischen Revolutionsgarden belegen sollen. Die Bilder zeigen nach Pentagon-Angaben unter anderem das Loch, das eine Haftmine oberhalb der Wasserlinie in den Rumpf eines der Öltanker namens „Kokuka Courageous“ gerissen haben soll.“

In dem T-Online-Bericht ist der Satz „Auch der japanische Betreiber der ‚Kokuka Courageous‘ berichtete von zwei Detonationen.“ der einzige, der auf die Aussagen des japanischen Reeders beziehungsweise die Zeugenaussagen der Schiffsbesatzung Bezug nimmt. Eingebettet in die Angaben der US-Regierung zu den angeblichen Haftminen scheint er also für den Leser des T-Online-Artikels zu bestätigten, dass hier Minen am Schiff angebracht wurden, die eine Explosion auslösten. Tatsächlich berichtet der Artikels des japanischen Staatssenders NHK aber etwas völlig anderes: Der Reeder bestritt vehement, dass hier Minen oder andere Explosivstoffe am Schiff angebracht wurden und verweist darauf, dass seine Mannschaft anfliegende Projektile sah, die in das Schiff einschlugen.

Außerdem berichtet die Mannschaft des Tankers auch nicht davon, dass ein Boot längsseits gegangen wäre und Haftminen angebracht hätte. Haftminen werden normalerweise von Tauchern angebracht, unterhalb oder vielleicht an der Wasserlinie. Man braucht ein Boot, um die Minen hoch über der Wasserlinie anzubringen. Ein solches wurde aber nie gesehen. Da bringt es auch nichts, dass die USA ein genauso sinnloses wie unbestimmtes Video, auf dem keine Haftmine zu sehen ist und welches Männer beim Entfernen einer nicht explodierten Haftmine zeigen soll, veröffentlichen. Selbst wenn Minen an dem Tanker angebracht worden wären, bedeutet das natürlich nicht, dass der Iran hierfür verantwortlich sein müsste. Allerdings ist es ohnehin sinnlos, über solche Minen zu spekulieren, wenn die Mannschaft des angegriffenen Tankers doch sagt, wie die Angriff stattgefunden hat: Anfliegendes Projektil, Explosion, Loch. Fertig.

Kriegspropaganda

Dass die USA, ihre Verbündeten und Medien trotz der Zeugenaussagen eine solche Haftminenpropaganda fahren, zeigt mehr als deutlich, dass es sich hier um eine False-Flag-Aktion handelt, um einen Krieg mit Iran vom Zaun zu brechen oder zumindest erst einmal den Druck auf das Land zu erhöhen. Die USA müssen nicht zwingend Ausführende des Angriffs gewesen sein – in der Region gibt es genug Verbündete – sind aber natürlich durch das Vorlegen der Falschbilder und gezielt falsch interpretierten Bilder samt dazugehöriger Propagandakampagne letztlich Hauptverantwortlicher dieser Aktion.

Wäre die „Haftminen-Theorie“ der USA lediglich auf himmelschreiende Inkompetenz der US-Militärexperten zurückzuführen – was natürlich auch eigentlich unmöglich ist – dann würde man doch wenigstens die Aussagen des Reeders und der Mannschaft entsprechend würdigen und in diese Richtung ermitteln. Offenbar müssen es dringend „Haftminen“ sein, weil man das so vorbereitet hat. Man hätte sonst ja auch einfach behaupten können, ein iranisches Schiff, Flugzeug oder eine iranische Drohne hätte auf den Tanker gefeuert, was zumindest den Aussagen der Schiffsbesatzung über die Art des Angriffs nicht widersprechen würde. Andererseits ist der Haftminen-Bullshit auch wieder ein „schöner Test“, welche Medien und Regierungen trotz grotesker Lügen „loyal“ zu den USA stehen und bereit sind, selbst die schwachsinnigsten Fake News zu verbreiten für das „heere Ziel Krieg“ (3-6).

NHK ist die einzige öffentlich-rechtlich organisierte Rundfunkgesellschaft in Japan. Sie betreibt mehrere landesweite Fernseh- und Hörfunkprogramme und ist so etwas wie ARD und ZDF zusammen in Japan. Wenn NHK nun etwas komplett anderes meldet, als das, was die westliche Propaganda vorgibt, dann sollte man bedenken, dass sich das Ganze zu einem kleinen Eigentor beim US-Verbündeten Japan entwickeln könnte. Schon bei der Korea-Problematik haben sich China, Nordkorea, Südkorea und Japan entgegen den Wünschen der US-Regierung angenähert. Nun stößt der dringende Wunsch nach dem Sturz der iranischen Regierung samt Fake-News-Kampagne die Japaner vor den Kopf, deren Regierungschef Abe sich ausgerechnet zum Zeitpunkt der Angriffe auf den japanischen Tanker in der iranischen Hauptstadt Teheran aufhielt (7).

Es gibt Hinweise darauf, dass die Hormus-Aktion vor allem von Hardlinern wie US-Sicherheitsberater John Bolton, der regelmäßig iranischen Terrorgruppen den Sturz der iranischen Regierung verspricht, und US-Außenminister Mike Pompeo sowie den Medien vorangetrieben wurde: US-Präsident Trump sprach in einem Interview mit dem Time-Magazine bezüglich der angeblichen iranischen Provokationen von kleineren Zwischenfällen (8-10). Er sagte, dass die Region energiepolitisch für die USA von kleiner Bedeutung sei. Eine Nachrichtensuche in der Suchmaschine „Google News“ zeigt keinen einzigen deutschsprachigen Treffer für „trump time magazine“, wie man es beispielsweise erwarten würde, wenn ein deutscher Medienanbieter über das relativierende Trump-Interview mit dem Time-Magazine berichtet. Es stellt sich die Frage, ob nicht eher die Hardliner hinsichtlich des Iran die Propaganda und das Heft des Handelns in der Hand haben.

Bild: Kein deutschsprachiger Bericht in Google News zu finden über das entschärfende Interview des US-Präsidenten Trump, welches bezeichnenderweise auch in den englischsprachigen Treffern nicht an erster Stelle steht.

Der Tonkin-Zwischenfall

Der Vorfall im Golf von Oman beziehungsweise in der Straße von Hormus nahe des Iran steht in einer Reihe mit dutzenden Propaganda- und Kriegseintrittslügen der USA in den letzten Jahrzehnten. Die westliche Supermacht arbeitet regelmäßig mit solchen Aktionen. Traditionell braucht ein kriegerischer Konflikt des Westens eine solche Wir-sind-die-Guten-Story. Der Hormus-Tanker-Vorfall erinnert etwas an die längst aufgedeckte Tonkin-Lüge vor dem – bereits vorher von der US-Regierung geplanten – Vietnamkrieg.

2014 berichtete sogar ein Blatt wie die linientreue „Zeit“ anlässlich des Jubiläums „50 Jahre Vietnamkrieg“ über die Tonkin-Lüge (11). 2005 thematisierte der nicht weniger linientreue Spiegel anlässlich der Irakkrieg-Eintrittslüge mit den angeblichen Chemiewaffen beziehungsweise Massenvernichtungswaffen das Tonkin-Ereignis in dem etwas beschönigenden Artikel „Der Torpedo-Angriff, den es nie gab„ (12). In dem genannten 2014er Zeit-Artikel „Vietnam-Krieg: Die Kriegslüge von Tonkin“ heißt es unter anderem:

„Am 4. August 1964 – mitten im Kalten Krieg – fuhr der US-Zerstörer Maddox vor der nordvietnamesischen Stadt Haiphong in den Golf von Tonkin – als er angeblich von vietnamesischen Schnellbooten mit Torpedos beschossen wurde. US-Präsident Lyndon B. Johnson reagierte auffällig schnell, schickte umgehend Bomber über das kommunistische Nordvietnam, drei Tage später verabschiedete der Kongress die ‚Tonkin-Resolution‘, faktisch eine Kriegserklärung und ein Blankoscheck.

Längst sind sich Historiker einig, dass der Angriff auf die Maddox ein Bluff war – der Militärgeheimdienst NSA hatte Informationen gezinkt. (…)

‚Im Frühjahr 1964 hatten die Militärplaner detaillierte Pläne für Angriffe auf den Norden‘, sagt die Professorin Marjorie Cohn von der Thomas Jefferson School of Law im kalifornischen San Diego. Es ging demnach lediglich um einen Vorwand zum Kriegseintritt – im Namen des Kreuzzuges gegen den Kommunismus.“

Verweise

(1) https://www3.nhk.or.jp/nhkworld/en/news/20190614_36/
(2) https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/krisen/id_85943384/tid_amp/irankonflikt-usa-praesentieren-beweisfotos-und-entsenden-tausend-soldaten.html
(3) https://www.rubikon.news/artikel/auf-dem-weg-nach-persien
(4) https://www.rubikon.news/artikel/das-kommende-inferno
(5) http://blauerbote.com/2018/07/07/bundesregierung-arbeitet-an-sturz-der-iranischen-regierung/
(6) http://blauerbote.com/2018/07/01/veranstaltung-fuer-iran-regime-change-in-paris/
(7) https://www.rubikon.news/artikel/nachstes-ziel-iran
(8) http://blauerbote.com/2018/03/24/sturz-der-iranischen-regierung-bis-2019/
(9) https://www.anti-spiegel.ru/2019/machtkampf-in-washington-wer-will-den-krieg-mit-dem-iran-und-wer-nicht/
(10) https://time.com/5608787/iran-oil-tanker-attack-very-minor/
(11) https://www.zeit.de/wissen/geschichte/2014-07/vietnam-krieg-usa-50-jahre
(12) https://www.spiegel.de/politik/ausland/vietnam-krieg-der-torpedo-angriff-den-es-nie-gab-a-384265.html

Zum Artikel

Dieser Beitrag ist die Rohfassung meines heute im Rubikon-Magazin erschienenen Artikels zum Thema. Auch interessant: Ein weiterer heute im Rubikon erschienener Artikel: „Willkommener Vorwand„.

Sturz der iranischen Regierung bis 2019

Der neue Nationale Sicherheitsberater der USA unter der Regierung des Präsidenten Donald Trump – John Bolton – hat vor nicht allzu langer Zeit der iranischen Oppositionsgruppe/Terrorgruppe MEK den baldigen Sturz der iranischen Regierung in Aussicht gestellt und zwar noch vor dem 40. Jahrestag der Revolution im Iran am 11. Februar 2019. Das berichten aktuell beispielsweise The New Yorker oder The Intercept. The Intercept berichtet in dem Artikel „Here’s John Bolton Promising Regime Change in Iran by the End of 2018„: 

Just eight months ago, at a Paris gathering, Bolton told members of the Iranian exile group, known as the Mujahedeen Khalq, MEK, or People’s Mujahedeen, that the Trump administration should embrace their goal of immediate regime change in Iran and recognize their group as a “viable” alternative.

“The outcome of the president’s policy review should be to determine that the Ayatollah Khomeini’s 1979 revolution will not last until its 40th birthday,” Bolton said. (The 40th anniversary of the Iranian revolution will be on February 11, 2019.) “The declared policy of the United States should be the overthrow of the mullahs’ regime in Tehran,” Bolton added. “The behavior and the objectives of the regime are not going to change and, therefore, the only solution is to change the regime itself.”

As the Iranian expatriate journalist Bahman Kalbasi noted, Bolton concluded his address to the exiles with a rousing promise: “And that’s why, before 2019, we here will celebrate in Tehran!”

MEK – Die Kämpfer der USA im Iran

In der Ukraine haben sie Nazis à la Bataillon Asow und Rechter Sektor eingesetzt. In Syrien haben sie Al Qaida, Muslimbruderschaft und co eingesetzt. In Libyen haben sie die gleichen Jihadisten eingesetzt. In Venezuela sind es wiederum Rechtsextreme und bewaffnete Banden der Oligarchen. Im Iran könnte nun die MEK im Sinne der USA zum Einsatz kommen (neben diversen ethnischen Gruppen, darunter eventuell kurdische Kräfte, wie sie bereits in Syrien zusammen mit US-Soldaten kämpfen). US-Senator John McCain stattete der MEK im Sommer in Albanien einen Besuch ab. Die dpa verbreitet Material der MEK aus dem Iran.

Ein von der deutschen Monopolnachrichtenagentur dpa verbreitetes MEK-Foto findet sich beispielsweise in der Augsburger Allgemeinen. Es ist dort mit den Worten „Menschen demonstrieren auf der Ferdowsi-Avenue in Teheran nahe der deutschen Botschaft, um gegen die wirtschaftliche Lage protestieren.“ untertitelt. Immerhin muss man der Augsburger Allgemeinen in den heutigen Zeiten hoch anrechnen, dass sie den Urheber, die Terrorgruppe MEK (Volksmodschahedin) nennen. Es ist zu vermuten, dass viele der Videos von Ausschreitungen von und mit Demonstranten von der MEK stammen. Zudem gibt es wie bei anderen geopolitischen Konflikten bezeihungsweise Kriegen eine begleitende Falschberichterstattung westlicher Medien.

Wikipedia – gewiss nicht auf Seiten des Iran stehend – zu der Gruppe: „2007 hatte US-Präsident George W. Bush in einer Direktive die CIA angewiesen, mit verdeckten Operationen einen Regimewechsel im Iran herbeizuführen. Die Volksmodschahedin stehen im Verdacht, die Dschundollah zu unterstützen.[27] […] Durch eine EU-Rats-Verordnung wurden die Volksmodschahedin im Dezember 2001 in die „EU-Terrorliste“ aufgenommen.[31] […] Die Europäische Union hat die Volksmodschahedin am 26. Januar 2009 bei einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel von ihrer Liste der Terror-Organisationen gestrichen. […] Vom 10. August 1997 bis 28. September 2012 stand die Organisation auf der Liste der ausländischen Terrororganisationen des Außenministeriums der Vereinigten Staaten.[38] Die US-Außenministerin Hillary Clinton strich die Volksmodschahedin von der Liste der Terrororganisationen. Damit wurde auch die Aufnahme der 3200 Kämpfer, die einst als Gäste und Verbündete des Diktators Saddam Hussein in den Irak gekommen waren, in die Vereinigten Staaten vorbereitet.“

US-Senator McCain (Chairman of the Senate Armed Services Committee) traf sich nun im April 2017 mit der MEK-Führungsspitze in Albanien, wie die englischsprachige albanische Zeitung „exit“ berichtet: „Senator McCain Meets MEK in Albania„. Ausserdem trafen sich im August 2017 die US-Senatoren John Cornyn (R-TX), Roy Blunt (R-MO), Thom Tillis (R-NC) mit MEK-Chefin Maryam Rajavi: „US Senators Meet MEK Leader in Tirana„. In letzterem Artikel heißt es auch: „The visit of the US senators comes during a year in which US politicians have become frequent visitors to the MEK camp in Tirana.“. Kein Wunder, schließlich ist der Iran als Verbündeter Syriens im Syrienkrieg aktiv. Da kommen die Aktivitäten der MEK gerade recht.

Während ARDZDF und co mit Bildern von Demonstrationen FÜR die iranische Regierung Massendemonstrationen GEGEN die Regierung im Iran simulieren oder alte Videos aus dem Jahre 2009 als aktuelle Berichte aus dem Iran ausgeben und im Internet massiv Falschbilder zur Situation im Iranverbreitet werden (unter anderem alte Demo-Videos aus dem Bahrain), finden die Fotos und Videos des fantastischen Duos dpa/MEK in den deutschen Medien reissenden Absatz (Geben Sie mal „MEK Iran“ bei Google News ein…), oft auch ohne Quellenangabe „MEK“ (und das ausgerechnet bei vielen großen Nachrichtenanbietern). Hier beispielsweise auch im Wiesbadener Kurier oder beim ZDF (via Google News):

Als kleinen Kontrapunkt dazu noch einmal ein Auszug aus der Wikipedia zur MEK: „Die Organisation selbst lehnt heute die Bezeichnung „islamisch-marxistisch“ als Verleumdung des SAVAK, der Geheimpolizei des Schahs, ab und behauptet, ihre Pläne zur Umgestaltung der Gesellschaft hätten stets nur islamische und koranische Grundlagen gehabt.[4] […] Die Volksmodschahedin gelten heute als neostalinistisch orientierte Organisation, die sich in Europa einen demokratischen Anstrich gibt. „Die Organisation behauptet, Gewalt mittlerweile abzulehnen, kann aber keine Schriften oder Entscheidungen vorweisen, aus denen das hervorgeht.“[5] Die Führerin Maryam Radschawi wird „Sonne der Revolution“ genannt und wurde von der Organisation zur iranischen Exilpräsidentin ausgerufen.[6] Ehemalige Mitglieder und Dissidenten der Volksmodschahedin äußern vor dem Hintergrund sektenähnlicher Zustände regelmäßig Kritik an der Organisation und zweifeln an ihrer Demokratiefähigkeit. Der versuchte Ausstieg aus der Organisation hat für Mitglieder schwerwiegende persönliche Konsequenzen, die von Strafmaßnahmen wie Zwangsscheidung bis zu öffentlicher Demütigung durch Genossen reichen. Dabei dauern die Repressalien oft bis weit nach dem formellen Austritt an.[7] Die Volksmodschahedin finanzieren sich durch Spenden. Bei der Rekrutierung sprechen die Volksmodschahedin gezielt Iraner in Asylbewerberunterkünften an und setzen sie unter Anleitung erfahrener Aktivisten für Spendensammelaktionen ein. Dabei werden Passanten angesprochen und aktuelle Fotos mit häufig schockierenden Menschenrechtsverletzungen seitens der iranischen Regierung, wie Hinrichtungen von zur Tatzeit Minderjährigen, gezeigt.[8] Gemäß dem deutschen Verfassungsschutzbericht von 2008 treten in Deutschland als aktive Tarngruppierungen folgende Vereinigungen auf […]“.

Im Zusammenhang mit dem beginnenden Iran-Konflikt sei noch darauf hingewiesen, dass im Dezember 2017 ein Memo der US-Regierung geleakt wurde, in dem nicht nur (erstmals?) offen zugegeben wird, dass das Thema Menschenrechte nur eine außenpolitische Kriegswaffe der USA ist, sondern dies entsprechend als Handlungsanleitung für den US-Außenminister formuliert wird. Das Memo wurde von dem US-Magazin Politico veröffentlicht. Im Zusammenhang mit den Demonstrationen im Iran und den passenden Bildern von der MEK – und den fabrizierten Falschbildern in den Medien – ist nun auch wieder immer von Menschenrechten die Rede. Und die USA macht bei der UN Druck mit dem Thema.

Wie heißt es doch in dem Memo zum Schluss: „Aus diesem Grund sollten wir Menschenrechte als ein wichtiges Problem in Bezug auf die US-Beziehungen zu China, Russland, Nord Korea und Iran betrachten. Und das nicht nur wegen moralischer Bedenken bezüglich der Praktiken in diesen Ländern. Sondern auch, weil das Druck ausüben auf diese Regime durch Menschenrechte ein Weg ist, diesen Kosten aufzubürden, Gegendruck anzuwenden und strategisch die Initiative von ihnen zurückzuerobern.“.

Britische Piraten überfallen iranischen Tanker

Die Briten verlegen sich derweil auf Piraterie: Britische Marines entern iranischen Tanker vor Gibraltar

Britische Marines entern iranischen Tanker vor Gibraltar

Das Schiff sollte angeblich Rohöl nach Syrien bringen. Die Bitte zum Einsatz kam aus den USA

Den Bericht gibt’s hier.

Durchsichtiges Manöver

Der Westen zetert über das Vorgehen des Iran gegen einen britischen Tanker — und nimmt sich selbst weit Schlimmeres heraus.

von Peter König

Der unter britischer Flagge nach Saudi-Arabien fahrende Tanker „Stena Impero“ wurde am Freitag, den 19. Juli 2019, in der Straße von Hormus von den Iranischen Revolutionsgarden aufgebracht, nachdem er den Hilferuf eines iranischen Fischerbootes ignoriert und dieses gerammt hatte.

Offene Provokation?

Der Tanker sei in einen iranischen Hafen gebracht worden, weil er sich nicht an „internationales Schifffahrtsrecht hielt“, teilten die Iranischen Revolutionsgarden mit. Wichtiger noch — das Schiff antwortete nicht auf mehrere Warnungen von Hubschraubern und iranischen Booten, weil es offensichtlich seinen Transponder abgeschaltet hatte. Man muss sich fragen, wie dies unter der Leitung von Berufsseeleuten passieren konnte — es sei denn, es handelte sich um eine offene Provokation.

Die Sicherheit der Schifffahrt in der Straße von Hormus ist äußerst wichtig — 20 bis 30 Prozent des weltweit auf dem Seeweg transportierten Öls wird durch diese Engstelle in internationale Gewässer geschifft, bevor es den Golf von Oman erreicht. Die Meerenge wird vom Iran genau überwacht, da sie für ihn sicherheitstechnisch von äußerst großer Bedeutung ist. Eine Sperrung dieser Passage infolge eines Konfliktes könnte die Weltwirtschaft zum Erliegen bringen.

Es geht um das Atomabkommen

Sind sich jene, die diese Provokationen verüben — hier Großbritannien als Marionette Washingtons — bewusst, was auf dem Spiel steht? Wollen sie den Nahen Osten an den Rand eines Krieges bringen? Eines regionalen Krieges, der leicht zu einem Weltkrieg werden könnte? Langfristig mag dies durchaus Absicht sein. Kurzfristig dagegen sieht es so aus, als wolle man einerseits die Eskalation derartig aufheizen, dass der US-Satellit Europa nicht mehr darauf bestehe, seinen Teil des Atomabkommens (JCPOA) einzuhalten, und andererseits den Iran so unter Druck setzen, dass er sich schließlich auf bilaterale Verhandlungen mit den USA über sein Atomprogramm einließe.

Das erste Ziel wäre erreichbar, das zweite in keinster Weise. Der Iran fällt auf eine derartige Täuschung nicht herein — vor allem nicht auf ein Land, das einseitig ein Abkommen aufkündigt, das fast zwei Jahre lang (seit November 2013) verhandelt worden war, bevor es am 14. Juli 2015 in Wien, Österreich, die Fünf-plus-eins unterzeichneten, die fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates — China, Frankreich, Russland, Großbritannien und die USA mit Deutschland und der EU — plus natürlich dem Iran.

Nicht nur, dass Präsident Trump, geleitet von seinem Kumpel, Israels Netanjahu, einseitig das Abkommen zerriss — zusätzlich zu all den westlichen Lügen und der Verleumdungspropaganda brachte er auch noch eines der schärfsten Wirtschaftssanktionsprogramme gegen den Iran wieder auf den Weg. Es ist der Wahnsinn zu glauben, dass sich der Iran unter diesen Umständen mit seinem Henker an einen Verhandlungstisch setzen würde. Dies wird nicht passieren.

Die Spannungen werden jedoch weiter verschärft, was genau den Wünschen des Kriegsverbrechers John Bolton entspricht, die dieser seit der Invasion des Irak im Jahr 2003 hegt, an deren Planung er maßgeblich beteiligt war. Das ist wie der Lebensinhalt dieses Kranken: Massenmord durch Krieg und Konflikt liegen ihm in den Genen. Die Welt kann nur hoffen, dass Trump oder diejenigen, die hinter ihm die Fäden ziehen, Bolton endlich entlassen.

Der Iran hat bereits angekündigt, dass er eine umfassende Untersuchung gegen den britischen Tanker „Stena Impero“ bezüglich der Kursabweichung und des Rammens eines Fischerbootes einleitet — und Großbritannien dazu eingeladen, sich an den Ermittlungen zu beteiligen.

Ein Akt der Piraterie

Kommen wir zum 4. Juli zurück, als die Britische Marineinfanterie den iranischen Tanker „Grace I“ in spanischen Gewässern vor Gibraltar aufbrachte — unter dem Vorwand, der Supertanker transportiere Erdöl für Syrien, was den EU-Sanktionen widerspreche. Irans Außenminister Dschwad Sarif leugnete, dass das Erdöl für Syrien bestimmt gewesen sei, äußerte sich jedoch nicht weiter dazu.

Der spanische Außenminister Josep Borrell gab bekannt, dass Washington Spanien über die bevorstehende Festsetzung des iranischen Tankers durch Großbritannien in spanischen Gewässern informierte. Spanien hätte Nein sagen können, tat das aber nicht. Warum nicht? Aus Angst vor Sanktionen?

Das Vereinigte Königreich machte sich gegen seine eigenen Interessen zum Handlanger der USA, war es doch — mit Deutschland und Frankreich — eines der drei Länder, die sich wenigstens den Anschein gaben, dass sie ihren Teil des Atomabkommens mit dem Iran einhalten wollen. Natürlich nicht aus Liebe zum Iran, sondern aus reinem Geschäftsinteresse. Der Iran sollte sich dessen bewusst sein: Die EU kann ihm jederzeit in den Rücken fallen, durch genau die Länder, die versuchen — oder so tun, als ob sie versuchten —, die US-Sanktionen zu umgehen.

Das Geschehen am 4. Juli war ein Akt reinster Piraterie — nicht weniger. Eine Straftat auf Hoher See, die der Westen einfach toleriert.

Das Schiff befindet sich noch immer in britischer Gewalt, die Crew wurde zwischenzeitlich freigelassen. Abgesehen von der Tatsache, dass Irans Festsetzen des britischen Erdöltankers wie ein „Wie du mir, so ich dir“ aussehen mag, handelte der Iran völlig legitim, da seine Revolutionsgarden die Straße von Hormus überwachen, um die Sicherheit anderer Schiffspassagen durch die Meerenge zu gewährleisten.

Feuer und Zorn — mal wieder

Bei einem seiner typischen Ausbrüche eines Verrückten warnte Präsident Trump am Freitag, den 19. Juli, in einer im Fernsehen übertragenen „Feuer und Zorn“-Rede im Weißen Haus: „Wir haben die besten Schiffe — die tödlichsten Schiffe und wir wollen sie nicht einsetzen müssen. Wir hoffen um des Iran Willen, dass er nichts Unkluges unternimmt. Falls doch, wird er einen Preis bezahlen, den noch nie jemand bezahlt hat.“

Warum verwarnt Trump die Briten nicht im selben Ton wegen ihrer Piraterie gegenüber einem iranischen Schiff in spanischen Gewässern? Nun, wir wissen ja, so ist die verrückte, unsymmetrische und aus dem Lot geratene Welt, in der wir leben. Es ist sowas von normal, dass die Menschen im Westen diese Ungleichheit und Ungerechtigkeit, diese Doppelzüngigkeit und Scheinheiligkeit als ihr Evangelium ansehen.

Ein weiterer Schritt zur Weltherrschaft?

Es weist jedoch alles darauf hin, dass die USA — während sie ein Kriegsszenario aufbauen — eine Rechtfertigung für das suchen, was sie bereits ausgerufen haben: eine Allianz der Willigen, die Kriegsschiffe in die Straße von Hormus schickt, um eine sichere Passage für „jedermann“ zu gewährleisten. Nun, der Iran wird da sicher nicht mitmachen. Aber wichtig zu wissen ist, was hinter dieser Idee steht. Stellen wir uns mal vor, die US-Marine und ihre alliierten Marionetten hätten die Gewalt über die Meerespassage, die fast ein Drittel aller weltweit auf See fahrenden Öltanker täglich durchqueren — Washington hätte dann ein weiteres Instrumentarium zur Sanktionierung, um Länder zu drangsalieren, die sich seiner Meinung nach Washingtons Diktat nicht in ausreichendem Maße beugen. Ihre Öllieferungen würden zurückgehalten, um ihre Wirtschaft zu Fall zu bringen — das könnte die bisher effektivste Waffe sein.

Hüte dich, Welt! Selbst jene, die jetzt das Wohlwollen des selbsternannten Hegemons genießen — Ihr wisst nie, wann das Pendel in die andere Richtung ausschlägt — aus nichtigem Grund: Vielleicht weil die von Israel gelenkten USA sich gerade auf einem launischen Aggressionskurs gegen einen imaginären Feind befinden oder weil sich Unternehmensinteressen verschieben. Letztendlich wäre niemand sicher. Die Weltwirtschaft könnte ins sich zusammenfallen wie ein Kartenhaus. 2008 wäre ein Spaziergang dagegen!


Peter König ist Ökonom und geopolitischer Analyst. Er ist außerdem Spezialist für Wasserressourcen und Umweltfragen; in diesem Bereich hat er über 30 Jahre lang für die Weltbank und die Weltgesundheitsorganisation gearbeitet. Er unterrichtet an Universitäten in den USA, Europa und Südamerika. Regelmäßig schreibt er unter anderem für Global Research, ICH, Russia Today, Sputnik, PressTV, The 21stCentury, TeleSUR, The Saker Blog und New Eastern Outlook (NEO). Er ist Autor des auf seinen Weltbank-Erfahrungen basierenden Romans „Implosion — An Economic Thriller about War, Environmental Destruction and Corporate Greed“ sowie Ko-Autor von „The World Order and Revolution! — Essays from the Resistance“. Außerdem ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter des „Centre for Research on Globalization“.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Iran — Seizure of a British Tanker — more than Tit for Tat“. Er wurde von Gabriele Herb aus dem ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam lektoriert.

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Dieser Beitrag erschien zuerst im Rubikon-Magazin.

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MEK – Die Kämpfer der USA im Iran

In der Ukraine haben sie Nazis à la Bataillon Asow und Rechter Sektor eingesetzt. In Syrien haben sie Al Qaida, Muslimbruderschaft und co eingesetzt. In Libyen haben sie die gleichen Jihadisten eingesetzt. In Venezuela sind es wiederum Rechtsextreme und bewaffnete Banden der Oligarchen. Im Iran könnte nun die MEK im Sinne der USA zum Einsatz kommen (neben diversen ethnischen Gruppen, darunter eventuell kurdische Kräfte, wie sie bereits in Syrien zusammen mit US-Soldaten kämpfen). US-Senator John McCain stattete der MEK im Sommer in Albanien einen Besuch ab. Die dpa verbreitet Material der MEK aus dem Iran.

Ein von der deutschen Monopolnachrichtenagentur dpa verbreitetes MEK-Foto findet sich beispielsweise in der Augsburger Allgemeinen. Es ist dort mit den Worten „Menschen demonstrieren auf der Ferdowsi-Avenue in Teheran nahe der deutschen Botschaft, um gegen die wirtschaftliche Lage protestieren.“ untertitelt. Immerhin muss man der Augsburger Allgemeinen in den heutigen Zeiten hoch anrechnen, dass sie den Urheber, die Terrorgruppe MEK (Volksmodschahedin) nennen. Es ist zu vermuten, dass viele der Videos von Ausschreitungen von und mit Demonstranten von der MEK stammen. Zudem gibt es wie bei anderen geopolitischen Konflikten bezeihungsweise Kriegen eine begleitende Falschberichterstattung westlicher Medien.

Wikipedia – gewiss nicht auf Seiten des Iran stehend – zu der Gruppe: „2007 hatte US-Präsident George W. Bush in einer Direktive die CIA angewiesen, mit verdeckten Operationen einen Regimewechsel im Iran herbeizuführen. Die Volksmodschahedin stehen im Verdacht, die Dschundollah zu unterstützen.[27] […] Durch eine EU-Rats-Verordnung wurden die Volksmodschahedin im Dezember 2001 in die „EU-Terrorliste“ aufgenommen.[31] […] Die Europäische Union hat die Volksmodschahedin am 26. Januar 2009 bei einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel von ihrer Liste der Terror-Organisationen gestrichen. […] Vom 10. August 1997 bis 28. September 2012 stand die Organisation auf der Liste der ausländischen Terrororganisationen des Außenministeriums der Vereinigten Staaten.[38] Die US-Außenministerin Hillary Clinton strich die Volksmodschahedin von der Liste der Terrororganisationen. Damit wurde auch die Aufnahme der 3200 Kämpfer, die einst als Gäste und Verbündete des Diktators Saddam Hussein in den Irak gekommen waren, in die Vereinigten Staaten vorbereitet.“

US-Senator McCain (Chairman of the Senate Armed Services Committee) traf sich nun im April 2017 mit der MEK-Führungsspitze in Albanien, wie die englischsprachige albanische Zeitung „exit“ berichtet: „Senator McCain Meets MEK in Albania„. Ausserdem trafen sich im August 2017 die US-Senatoren John Cornyn (R-TX), Roy Blunt (R-MO), Thom Tillis (R-NC) mit MEK-Chefin Maryam Rajavi: „US Senators Meet MEK Leader in Tirana„. In letzterem Artikel heißt es auch: „The visit of the US senators comes during a year in which US politicians have become frequent visitors to the MEK camp in Tirana.“. Kein Wunder, schließlich ist der Iran als Verbündeter Syriens im Syrienkrieg aktiv. Da kommen die Aktivitäten der MEK gerade recht.

Während ARDZDF und co mit Bildern von Demonstrationen FÜR die iranische Regierung Massendemonstrationen GEGEN die Regierung im Iran simulieren oder alte Videos aus dem Jahre 2009 als aktuelle Berichte aus dem Iran ausgeben und im Internet massiv Falschbilder zur Situation im Iranverbreitet werden (unter anderem alte Demo-Videos aus dem Bahrain), finden die Fotos und Videos des fantastischen Duos dpa/MEK in den deutschen Medien reissenden Absatz (Geben Sie mal „MEK Iran“ bei Google News ein…), oft auch ohne Quellenangabe „MEK“ (und das ausgerechnet bei vielen großen Nachrichtenanbietern). Hier beispielsweise auch im Wiesbadener Kurier oder beim ZDF (via Google News):

Als kleinen Kontrapunkt dazu noch einmal ein Auszug aus der Wikipedia zur MEK: „Die Organisation selbst lehnt heute die Bezeichnung „islamisch-marxistisch“ als Verleumdung des SAVAK, der Geheimpolizei des Schahs, ab und behauptet, ihre Pläne zur Umgestaltung der Gesellschaft hätten stets nur islamische und koranische Grundlagen gehabt.[4] […] Die Volksmodschahedin gelten heute als neostalinistisch orientierte Organisation, die sich in Europa einen demokratischen Anstrich gibt. „Die Organisation behauptet, Gewalt mittlerweile abzulehnen, kann aber keine Schriften oder Entscheidungen vorweisen, aus denen das hervorgeht.“[5] Die Führerin Maryam Radschawi wird „Sonne der Revolution“ genannt und wurde von der Organisation zur iranischen Exilpräsidentin ausgerufen.[6] Ehemalige Mitglieder und Dissidenten der Volksmodschahedin äußern vor dem Hintergrund sektenähnlicher Zustände regelmäßig Kritik an der Organisation und zweifeln an ihrer Demokratiefähigkeit. Der versuchte Ausstieg aus der Organisation hat für Mitglieder schwerwiegende persönliche Konsequenzen, die von Strafmaßnahmen wie Zwangsscheidung bis zu öffentlicher Demütigung durch Genossen reichen. Dabei dauern die Repressalien oft bis weit nach dem formellen Austritt an.[7] Die Volksmodschahedin finanzieren sich durch Spenden. Bei der Rekrutierung sprechen die Volksmodschahedin gezielt Iraner in Asylbewerberunterkünften an und setzen sie unter Anleitung erfahrener Aktivisten für Spendensammelaktionen ein. Dabei werden Passanten angesprochen und aktuelle Fotos mit häufig schockierenden Menschenrechtsverletzungen seitens der iranischen Regierung, wie Hinrichtungen von zur Tatzeit Minderjährigen, gezeigt.[8] Gemäß dem deutschen Verfassungsschutzbericht von 2008 treten in Deutschland als aktive Tarngruppierungen folgende Vereinigungen auf […]“.

Im Zusammenhang mit dem beginnenden Iran-Konflikt sei noch darauf hingewiesen, dass im Dezember 2017 ein Memo der US-Regierung geleakt wurde, in dem nicht nur (erstmals?) offen zugegeben wird, dass das Thema Menschenrechte nur eine außenpolitische Kriegswaffe der USA ist, sondern dies entsprechend als Handlungsanleitung für den US-Außenminister formuliert wird. Das Memo wurde von dem US-Magazin Politico veröffentlicht. Im Zusammenhang mit den Demonstrationen im Iran und den passenden Bildern von der MEK – und den fabrizierten Falschbildern in den Medien – ist nun auch wieder immer von Menschenrechten die Rede. Und die USA macht bei der UN Druck mit dem Thema.

Wie heißt es doch in dem Memo zum Schluss: „Aus diesem Grund sollten wir Menschenrechte als ein wichtiges Problem in Bezug auf die US-Beziehungen zu China, Russland, Nord Korea und Iran betrachten. Und das nicht nur wegen moralischer Bedenken bezüglich der Praktiken in diesen Ländern. Sondern auch, weil das Druck ausüben auf diese Regime durch Menschenrechte ein Weg ist, diesen Kosten aufzubürden, Gegendruck anzuwenden und strategisch die Initiative von ihnen zurückzuerobern.“.

ARD-Tagesschau fälscht Iran-Proteste

In der heutigen 20-Uhr-Tagesschau der ARD wurde wieder einmal eine gezielte Falschmeldung zu den Demonstrationen im Iran lanciert. Damit fälschte die wichtigste deutsche Nachrichtensendung den Ablauf der Proteste im Iran. Natürlich zu Ungunsten des Iran beziehungsweise seiner Regierung.

So heißt es gleich zum Beginn der heutigen Iran-„Berichterstattung“ der Tagesschau:

„Im Iran gehen nach den Protestkundgebungen gegen die Regierung auch deren Anhänger auf die Straße.“

Das ist leider eine glatte Lüge und die ARD weiß das. Nicht erst jetzt protestieren die Regierungsanhänger oder Regierungsgegner-Gegner. Seit Tagen demonstrieren sowohl Regierungsanhänger als auch Protestler (Und die Demonstrationen für die Regierung sind bei weitem größer als die gegen die Regierung). Man kann das gut finden oder nicht, aber es entspricht den Tatsachen. Nicht den Tatsachen entspricht der für die Tagesschau-Zuschauer manipulierte Ablauf der Demonstrationen. Wenn Sie das mir nicht glauben, dann glauben Sie das vielleicht, wenn Sie sich diesen Ausschnitt aus dem gegen den Iran gerichteten Propagandaartikel von welt.de vom 31.12.2017 (oder viele andere aus den letzten Tagen) anschauen:

In dem vier Tagen alten Artikel (31.12.2017) heißt es: „Im Iran bahnt sich eine neue Kraftprobe zwischen dem islamischen Regime und der Opposition an. In vielen Städten gehen seit einigen Tagen Gegner und Befürworter der Regierung auf die Straßen, immer häufiger kommt es zu Gewalt.“.

Ebenfalls am 31.12.2017 hatte das ZDF seinen Zuschauern in der heute-Sendung Bilder von einer Massendemonstration im Iran gezeigt und behauptet, es handele sich um Regierungsgegner. Tatsächlich handelte es sich um Befürworter der iranischen Regierung. Der Medienkritische Blog „Propagandaschau“ machte auf die Irreführung der Millionen Fernsehzuschauer in Deutschland aufmerksam und postete zum Beleg den entsprechenden Ausschnitt aus der Sendung in einem kurzen Clip bei Twitter:

In einem Video des polnischen Fernsehens vom Morgen des 31.12.2017 ist anhand der Symbole und Schilder gut zu erkennen, dass es sich um eine Demonstration von Regierungsbefürwortern handelt:

Zu den Protesten im Iran wurden auch in den sozialen Netzwerken – vor allem Twitter und Facebook – zahlreiche falsche Fotos und Videos – angeblich von Demonstrationen – in Umlauf gebracht. Hier eine kleine Sammlung. Das ZDF wiederum hat am 1.1.2018 ein weiteres Falschvideo gebracht (Propagandaschau: „Das ZDF würzt seine Propaganda gegen den Iran mit einer faktenfreien „Verschwörungstheorie“ – und benutzt dazu ein Video aus 2009„) und damit die iranische Regierung beschuldigt:

Nachtrag: Es wird leider noch viel verrückter! Die ARD überführt sich selbst mit der Tagesschau von gestern. Bei mehreren Tagesschau-Sendungen vom 2.1.2018 war im Hintergrund ein Bild zu sehen, welches Demonstranten zeigt. Laut Tagesschau-Quellenangabe (siehe Bild rechts) ist das Hintergrundbild am 1.1.2018 im Iran aufgenommen worden. Es zeigt nicht die Anti-Mullah-Protestler, wie die ARD suggeriert, sondern Anhänger der Mullahs, der Regierung. Das kann man auch gut auf dem gleichen Bild der estnischen Website Postimees.ee nachvollziehen. Bei der ARD sind die Männer mit den Mullah-Bildern „leider“ abgeschnitten.

Bezüglich der Demonstrationen erinnert die Falschberichterstattung an die Vorgänge in Syrien im Jahre 2011, dem Jahr des Ausbruchs des Krieges in Syrien. Die schwedische Archäologieprofessorin Eva Myrdal war damals vor Ort und berichtete später über die Diskrepanz zwischen der westlich-saudisch-katarischen Berichterstattung und der Realität vor Ort. Der weitgereiste ehemalige ARD-Journalist Einar Schlereth hat einen Artikel Myrdals dazu auf Deutsch übersetzt. Hier ein Zitat daraus:

„Am Freitag, den 6. Mai bekommen wir ein sms aus Schweden. DN.se schreibt, das Panzer in die zentralen Teile von Damaskus gerollt sind und Demonstrationen nach dem Freitagsgebet begonnen haben. Genau an dem Tag zwischen ein Uhr am Tage und ein Uhr nachts aus familiären Gründen vier Mal das Zentrum von Damaskus im Taxi auf dem Weg von und in die Vorstadt Oudsayya im Norden zur Vorstadt Sayyida Zainab im Süden und wir sehen keine Dmonstrationen, keine Militärfahrzeuge, keine Polizisten. Was bedeutet, dass Damaskus auch an diesem Tag nicht der Platz von Massendemonstrationen wie im Winter in Kairo, Alexandria oder Tunis war. Und dass Damaskus nicht durch die Anwesenheit von Soldaten geprägt wird.“

ZDF fälscht Demonstration im Iran

Man kennt das Vorgehen schon, beispielsweise aus der Propaganda zum Syrienkrieg: Unsere Medien zeigen Bilder von Protesten/Demonstrationen FÜR die jeweilige Regierung – hier die iranische – und behaupten, es handele sich um Massendemonstrationen GEGEN die Regierung. In Rahmen der aktuellen Unruhen im Iran wurde das ZDF bei einer solchen Fälschung erwischt. Gestern (31.12.2017) zur besten Sendezeit in den heute-Nachrichten um 19 Uhr verbreitete das ZDF die gegen den Iran gerichteten Fake News.

Der Medienkritische Blog „Propagandaschau“ machte gestern kurz nach den heute-Nachrichten des ZDF auf die Irreführung der Millionen Fernsehzuschauer in Deutschland aufmerksam und postete zum Beleg den entsprechenden Ausschnitt aus der Sendung in einem kurzen Clip bei Twitter:

In der Anmoderation zur Situation im Iran heißt es: „Landesweite Proteste. Die iranische Regierung will hart gegen Demonstranten vorgehen. Zwei Menschen sterben.“. Dazu wird bei „Landesweite Proteste. Die iranische Regierung will hart gegen Demonstranten vorgehen.“ das Bild einer Demonstration FÜR die Regierung gezeigt. Die zwei Toten sind übrigens nach iranischen Angaben nicht durch die Sicherheitsbehörden getötet worden. Es kann jedenfalls nicht verifiziert werden, wer verantwortlich ist. Und vorgestern jubelten BILD und co noch über gewalttätige Demonstranten im Iran.

Bezüglich der Demonstrationen erinnert die Falschberichterstattung an die Vorgänge in Syrien im Jahre 2011, dem Jahr des Ausbruchs des Krieges in Syrien. Die schwedische Archäologieprofessorin Eva Myrdal war damals vor Ort und berichtete später über die Diskrepanz zwischen der westlich-saudisch-katarischen Berichterstattung und der Realität vor Ort. Der weitgereiste ehemalige ARD-Journalist Einar Schlereth hat einen Artikel Myrdals dazu auf Deutsch übersetzt. Hier ein Zitat daraus:

„Am Freitag, den 6. Mai bekommen wir ein sms aus Schweden. DN.se schreibt, das Panzer in die zentralen Teile von Damaskus gerollt sind und Demonstrationen nach dem Freitagsgebet begonnen haben. Genau an dem Tag zwischen ein Uhr am Tage und ein Uhr nachts aus familiären Gründen vier Mal das Zentrum von Damaskus im Taxi auf dem Weg von und in die Vorstadt Oudsayya im Norden zur Vorstadt Sayyida Zainab im Süden und wir sehen keine Dmonstrationen, keine Militärfahrzeuge, keine Polizisten. Was bedeutet, dass Damaskus auch an diesem Tag nicht der Platz von Massendemonstrationen wie im Winter in Kairo, Alexandria oder Tunis war. Und dass Damaskus nicht durch die Anwesenheit von Soldaten geprägt wird.“

Nachtrag: In einem Video des polnischen Fernsehens ist anhand der Symbole und Schilder gut zu erkennen, dass es sich um eine Demonstration von Regierungsbefürwortern handelt:

Nachtrag: Unabhängig von dieser Sache mit dem ZDF macht ein Video von einer angeblichen Großdemonstration gegen die iranische Regierung die Runde, welches in Wirklichkeit eine Demonstration aus dem Jahre 2011 aus Bahrain zeigt. Das Video wurde in den letzten Stunden und Tagen mehrere hundertausend Mal angeklickt, nachdem vor allem westliche Offizielle, Thinktanks und Journalisten sowie Saudis es gezielt pushten.

Nachtrag vom 2.1.2018: Das ZDF hat am 1.1.2018 ein weiteres Falschvideo gebracht (Propagandaschau: „Das ZDF würzt seine Propaganda gegen den Iran mit einer faktenfreien „Verschwörungstheorie“ – und benutzt dazu ein Video aus 2009„):

Israelische Medien: US-Regierung gibt israelischer Regierung Erlaubnis zur Ermordung des iranischen Generals Soleimani

Nach Angaben der israelischen Tageszeitung Haaretz hat die israelische Netanjahu-Regierung von den USA unter Präsident Donald Trump grünes Licht für ein Schwerverbrechen und Völkerrechtsverbrechen erhalten, die Ermordung eines hochrangigen Generals des Landes Iran: „Washington gave Israel a green light to assassinate Qassem Soleimani, the commander of the Quds Force, the overseas arm of Iran’s Revolutionary Guard“.

Haaretz beruft sich dabei auf die kuwaitische Tageszeitung Al-Jarida, die in den vergangenen Jahren immer wieder exklusive Stories aus Israel berichtete. Al-Jarida zitiert dabei eine nicht namentlich genannte oder näher spezifizierte Quelle in Jerusalem.

Nach Haaretz-Angaben wird Al-Jarida in der Region als Plattform Israels wahrgenommen, die Nachrichten (eine „Message“) an andere Länder im Nahen Osten verbreitet. Die Aussage Israels an den Iran mit dem geplanten Attentat auf den General dürfte angekommen sein. Doch damit nicht genug der Mordpläne:

„The Kuwaiti report also identified Iran’s second in command in Syria, known as ‚Abu Baker,‘ as Mohammad Reda Falah Zadeh. It said he also ‚might be a target‘ for Israel, as well as other actors in the region.“

Der „beschützte“ Iran

Unter dem Label „Schutzerverantwortung“ wird die Arbeit von Menschenrechtsorganisationen in ihr Gegenteil verkehrt.

Was bei Anwendung der R2P-Doktrin und den damit verbundenen sogenannten (verlogen ausgedrückten) humanitären Interventionen immer geschah, war die Konstruktion einer B-Geschichte, welche man in sechs Punkten zusammenfassen kann:

  1. eine einseitige, selektive und verfälschende Berichterstattung der zum Anlass genommenen, teilweise auch erfundenen Ereignisse
  2. eine massiv produzierte Welle der Empörung, welche die Menschen emotional vereinnahmt
  3. der in breiter Öffentlichkeit propagierte vorgebliche Versuch von Amtsträgern und Personen öffentlichen Interesses mit den Menschenrechtsverletzern „im Guten zu reden“; wiederholte und sich verstärkende Forderungen, Appelle und Protestnoten
  4. die stetige Marginalisierung des „kritisierten“ Systems; ständig geäußerte Besorgnis
  5. der Übergang des geistigen Krieges in den politischen Krieg und Wirtschaftskrieg (Sanktionen)
  6. der Ruf nach humanitären Korridoren, ungehinderten Zugang zu den Konfliktgebieten, Flugverbotszonen und schließlich einer humanitären Intervention, „um einen Völkermord zu verhindern“
  7. das Ausblenden und bewusste Verschweigen der tatsächlichen Ziele, der Vorgeschichte, der im Hintergrund durchgeführten Maßnahmen zur Destabilisierung der anzugreifenden Gesellschaft und damit der eigenen Verantwortung für die Erzeugung vielfachen menschlichen Leids (die A-Geschichte)

Die Punkte 1 bis 6 werden auch gern wiederholt und parallel betrieben. Sie zielen auf eine systematische Schwächung der anzugreifenden Gesellschaft, der sechste dann auf die Aufhebung derer staatlichen Souveränität. Die Punkte 1 bis 4 nun; sie werden im Falle des Iran gerade wieder vorexerziert.

Die Massenmedien glänzten mit einer Unmenge von Fälschungen, als sie die Proteste im Iran zum Jahreswechsel 2017/2018 zum Anlass nahmen, einen dortigen Aufstand des Volkes beim westlichen Medienpublikum zu suggerieren. Eine Reihe entsprechender, aufgedeckter „Kostbarkeiten“ kann in diesen Artikeln begutachtet werden:

Die Punkte 2 und 3 werden von Massenmedien und Politikern im Gleichklang in die Praxis umgesetzt. Mit ernster wie besorgter Miene rufen Stellungnahmen zur Mäßigung und zur Einhaltung der Menschenrechte auf. Es wird davor gewarnt, weiterhin mit Gewalt friedliche Proteste zu unterdrücken. Stillschweigend werden die in Punkt 1 konstruierten Lügen als Wahrheit verkauft. Alles was da passiert, zielt auf Emotionen, auf eine unreflektierte Wahrnehmung und damit das Hinnehmen der B-Geschichte.

Solche Prozesse besitzen eine Eigendynamik. Sie schüren Angst und Schuldgefühle und die sich betrügen lassenden Konsumenten der Informationen beginnen in dieser Eigendynamik ihrerseits, die B-Geschichte weiter zu verbreiten. Zurücklehnen, nachdenken, alle Seiten versuchen zu verstehen, nach gemeinsamen Lösungen suchen – all das ist unter solchen psychologischen Zwangslagen für die Menschen kaum mehr möglich.

Fragen zum Protest einer NRO

Punkt 3 zündet die nächste Stufe in Richtung R2P. Sogenannte Nichtregierungsorganisationen (NROs), die sich für Demokratie und Menschenrechte weltweit stark machen, werden aktiv. Sie verbreiten Geschichten „ihrer Aktivisten“ vor Ort und reihen sich in die Schar der Empörten ein. Die Agenda solcher Organisationen klingt durchweg weiß gewaschen und möchte Verbesserungen für die Menschen anderswo.

Zumindest ich gehe davon aus, dass ein überwältigender Teil der in NROs aktiven Menschen mit großer innerer Überzeugung für die Rechte anderer Menschen streitet und sich so als Helfer und Unterstützer von Bedrängten wahrnimmt. Diese Überzeugung ist authentisch und ich spreche den Beteiligten keinesfalls ihre guten Motive ab. Allerdings ist diese Überzeugung oft emotional, so nicht reflektiert und damit überhebend und anmaßend. Und deshalb lassen sich diese Menschen ausnutzen. Kritisches Hinterfragen aber könnte das verhindern.

Ein Beispiel für dieses blinde Folgeleisten sei aus aktuellem Anlass hier vorgebracht: Die Verantwortlichen der Internationalen Liga für Menschenrechte (ILMR) schlossen sich einem Protest ihrer Dachorganisation an (b1):

Bild

Die ILMR schloss sich – wie gesagt – einem Protest an, sie hat ihn nicht selbst verfasst. Das ist natürlich auch einem Vertrauensverhältnis geschuldet. Haben sie es aus Loyalität, sozusagen mit Bauchschmerzen getan? Oder glaubten sie, nicht prüfen zu müssen? Glaube ist bequem, doch ein halbwegs kritischer Blick auf die Protestnote würde bereits genügen, um zu erkennen, dass der Protest substanzlos ist, dass er Behauptungen ohne Belege aufstellt und dies trotzdem als Grundlage zu Forderungen gegenüber der iranischen Regierung gereicht.

So steht dort:

„Es wird befürchtet, dass im Zusammenhang mit den Protesten sehr viele Menschen ums Leben kamen. Während offizielle Quellen 21 Todesfälle, einschließlich zweier Sicherheitsbeamter und zweier Kinder, von denen eines 11 Jahre alt war, bestätigen, sind die tatsächlichen Zahlen nachweislich höher“ (1).

Wie rasch es doch geht, dieses Kompromisse machen, wenn man emotional vereinnahmt ist. Dachorganisation der ILMR ist die Fédération internationale des ligues des droits de l’Homme (FIDH) mit Sitz in Paris, der weitere 178 Menschenrechtsorganisationen angehören. Das Original der Protestnote ist in Englisch verfasst und bezugnehmend auf das Ende obigen Zitats steht dort:

„the actual numbers are likely higher“(2).

Was sich – wenn ich nicht irre – übersetzt mit:

„Die aktuellen Zahlen sind wahrscheinlich höher.“

Die deutsche Sektion der FIDH hat das „wahrscheinlich“ in ein „nachweislich“ verwandelt:

„…sind die tatsächlichen Zahlen nachweislich höher.“

Schon das unscharfe „wahrscheinlich“ weist auf die mangelhafte Seriosität der Note hin, das „nachweislich“ jedoch zeigt eindeutig auf die emotionale Vereinnahmung, damit einhergehende Parteinahme und den folgerichtigen Hang zur Überspitzung. „Nachweislich“ hat so auf unlautere Weise die eh schon fragwürdige Note in deren manipulativer Ausrichtung verstärkt. Fragt sich, ob die ILMR „gebeten wurde“, sich der Note anzuschließen; einschließlich der kleinen „Anpassung“ oder ob sie selbst diesen Entschluss fasste.

Auf jeden Fall – und das ist es, was ich an dieser Stelle kritisiere – sind das die kleinen Stufen, um stetig auf der Eskalationsleiter nach oben zu steigen. Bis alle – gefangen im aufgeladenen, emotionalen Tunnelblick so weit sind, um zu rufen: Wir müssen intervenieren und es gibt ein völkerrechtlich abgesegnetes R2P.

Gehe zu den Wurzeln, ordne die Dinge in einen zeitlichen Kontext ein. Schau auf die Ereignisse, die während dessen außer dem noch geschahen. Das ist ein – so finde ich – gutes Mittel zu verstehen, warum, wann, wer, was vorantrieb.

Zu den Wurzeln von R2P

Das Prinzip des Responsible to Protect wird gern mit dem Völkermord des Jahres 1994 in Ruanda in Zusammenhang gebracht. Die Völkergemeinschaft war schuld am Abschlachten mehrerer hunderttausend Menschen in diesem zentralafrikanischen Land, weil sie „die Hände in den Schoß legte“ – so der Tenor. Nie wieder dürfte das passieren, wir haben die Pflicht einzugreifen. Wir müssen intervenieren. Dass die Dinge sich auch in Ruanda und dem benachbarten Kongo damals mit Sicherheit nicht so simpel abspielten und das millionenfache Sterben danach weiterging, OHNE dass es einen Aufruf zu R2P dort gegeben hat, sei der Vollständigkeit halber angemerkt.

R2P geht ganz klar mit dem Begriff „Humanitäre Intervention“ schwanger und was sie vereint, ist die Pflicht, Krieg zu führen, um „eine humanitäre Katastrophe zu verhindern“. Die Befürworter einer solchen Strategie aber ziehen überhaupt nicht ernsthaft in Betracht, dass es anders gehen würde. Deshalb ziehen sie sehr rasch die Karte des „alle Mittel sind ausgeschöpft“, um zur repressiven, gewaltsamen Tagesordnung übergehen zu können.

Wir versinken ständig in ethisch-moralisch anspruchsvollen Dimensionen und vergessen dabei, dass die Geschicke dieser Welt nach wie vor durch Macht- und Herrschaftsverhältnisse bestimmt werden. Das ist eine Denkweise, die global tief in den Menschen verinnerlicht ist. Das Positive ist, dass wir an unsere eigenen ethischen Werte glauben und sie für umsetzbar halten. Das Negative ist, dass wir meinen, diese Ethik weltweit verbreiten und so missionarisch als das Gute über die Menschen bringen zu müssen. Dafür verzichten wir in unserem Opportunismus lieber auf das Vorleben der Ethik, die wir doch als so wertvoll schätzen.

Auf eine Diskussion zum Völkerrechtsbegriff R2P lasse ich mich hier nicht ein, ich sehe sie sogar als überflüssig an. Es ist eine Erweiterung des Konzepts sogenannter humanitärer Interventionen und dient als Machtinstrument zur umfassenden Einmischung in die Belange fremder Gesellschaften, um sie auf diese Weise steuern zu können. Es ist ein Mittel, um zu gestalten. In den gleichen Kontext sind Begriffe wie Good Gouvernance einzuordnen, welche Vorstellungen der Gestalter umsetzen, eine Gesellschaft „zu verbessern“.

Stellt sich die Frage: Wer sind sie, die selbst ernannten Gestalter? Und weitere Frage: Wie entstand R2P als Völkerrechtsbegriff?

Von der Regierung Kanadas wurde um die Jahrtausendwende eine Kommission einberufen, die International Commission on Intervention and State Sovereignty (ICISS). Das war eine Ad-hoc Kommission die, „Ad-hoc“ verrät es, in hektischer Betriebsamkeit aus dem Boden gestampft wurde. Die massive Umgestaltung anderer Staaten seitens der Initiative Project for a New American Century (PNAC) war längst in Planung, wie auch der sogenannte Krieg gegen den Terror. Die Anschläge auf die WTC Twin Towers in New York standen vor der Tür. Es war keine von den Vereinten Nationen einberufene und gewählte Kommission.

Was mich gleich zur nächsten Frage trieb: Warum ausgerechnet kam Kanada zu jenem Zeitpunkt auf diese Idee? Stellen wir das zurück und schauen wir, wie die Kommission zusammengesetzt wurde. Das finden Sie hier.

Nächste Frage: Wer hat über die Zusammensetzung dieser 12-köpfigen Kommission entschieden und wie sahen die entsprechenden Entscheidungsprozesse aus? Denn Eines ist doch ganz erstaunlich. Dass nämlich an erster Stelle in dieser Kommission Gareth Evan, langjähriger australischer Senator und Ministerpräsident aufgeführt ist. Dieser hatte fünf Jahre zuvor den damals mit 150.000 US-Dollar dotierten Grawemeyer Prize(3) für seine Ideen zur Verbesserung der Weltordnung erhalten. Zuvor spielte er eine wichtige Rolle bei der Entwicklung eines UN-Friedensplanes für Kambodscha (4).

Aber vor allem war Gareth Evan seit Januar 2000 Präsident und leitender Geschäftsführer der International Crisis Group (ICG) (5).

Die Gründung der ICG im Jahre 1994 und deren Finanzierung wurde maßgeblich verantwortet von der Carnegie Endowment for International Peace (CEIP) – namentlich Morton Abramowitz, der seit Jahren außerdem führende Positionen im Vorstand des National Endowment for Democracy (NED) besetzt. Die zweite Hauptsäule der ICG ist der Hedgefonds-Milliardär George Soros (6).

Sowohl die NED (die von der US-Regierung finanziert wird) als auch die ICG sind spezialisiert auf die Neugestaltung von Gesellschaften in anderen Staaten. Die führenden Köpfe dieser NROs, das sind sie, die (sich so sehenden) auserwählten Gestalter. Beide vertreten eine neoliberale Agenda und Konzepte einer offenen Gesellschaft mit sich auflösenden Grenzen, Vermischung der Ethnien und enthemmtem Kapitalismus. Beide sind überzeugte Vertreter, dass es rechtens ist, gewaltsam in Gesellschaften einzugreifen, wenn sie selbst – die Eliten – es für notwendig halten.

Edle Spender

Zurück zur R2P-Kommission die eine weitere interessante Personalie vorzubringen hat und das ist Cornelio Sommaruga. Der Schweizer war zu jener Zeit nämlich auch Vorstandsmitglied des Open Society Institute. Das heißt heute Open Society Foundation(7) und wirbt, wie der Name es schon sagt, für offene Gesellschaften. Weil nämlich auch nur dann (im Sinne dieser Gestalter) gestaltet werden kann. Und auch diese wurden mit den Spekulationsgewinnen des George Soros finanziert. 2017 fütterte Soros „seine“ Foundation mit sage und schreibe 18 Milliarden US-Dollar (8).

Hedgefonds-Netzwerke als Ideengeber für das Konzept einer Schutzverantwortung gegenüber anderen Gesellschaften? Ist das logisch? Ja, das ist es, denn das Geschäftskonzept eines Hedgefonds funktioniert am besten, wenn alle nationalstaatlichen Barrieren, welche souveräne Entscheidungen eines Landes erst möglich machen, gerissen sind.

Die weltweite Verbreitung der einzig wahren westlichen Werte versteckt nichts anderes als die neoliberale Agenda, die ein von allen Fesseln befreiter Kapitalismus benötigt. Diese Agenda setzt einen einfachen wie (gegenwärtig leider) wirksamen Wertemaßstab durch: Geldvermehrung. Die Hedgefonds leben das vor und reißen dabei alle ethischen Schranken nieder – auch die der so gern propagierten westlichen Wertegemeinschaft. Dabei müssen die Mitglieder eines solchen Systems auch geistig mitspielen, sie müssen funktionieren. Tun sie das nicht, muss man sie zu „ihrem Glück“ zwingen.

Das große Problem ist, dass die überwältigende Mehrheit der Mitglieder unserer Gesellschaft, bei allem Vertreten von und Streben nach ethischen Werten, ultimativ in der Matrix des unbedingt notwendigen Geldes und seiner als alternativlos wahrgenommenen Vermehrung hängen bleibt. Wäre es nicht so, würde George Soros ein unauffälliges und bescheidenes Leben führen. So aber wird ein Soros – mit samt seinem Wahn – von der Gesellschaft getragen.

Soros steckte seine Milliarden in dutzende, ja hunderte NROs; „impfte“ viele Jahrzehnte alte Organisationen (Paradebeispiel Human Rights Watch) und etablierte selbst Neue. Das tut er, weil es ein Geschäft für ihn ist. Die emotional ausgerichtete Agenda all dieser Organisationen, der Eigenen wie der Infiltrierten, (ver)führt diese zu Aktivitäten, die ganz im Sinne der offenen Gesellschaften sind, welche ein Hedgefonds-Manager benötigt.

Soros ist eben kein Philanthrop, für ihn sind dies alles vielmehr Investitionen, die sich bis heute für ihn gelohnt haben. Meine persönliche Meinung dazu lautet: Man sollte mit dem Teufel keinen Pakt schließen.

Ein Hedgefonds-Manager von der Art eines Soros münzt ganz bewusst sein Geld in politischen Einfluss um. Soros und sein Umfeld können Ereignisse zu Nachrichten machen, ohne dass der Medienkonsument jemals diesen kausalen Zusammenhang erfährt. Sie können die Ereignisse sogar zuvor selbst erst erschaffen haben. Um Soros herum wandeln unzählige weitere Profiteure, die ein dichtes Netzwerk gebildet haben, das wiederum mit anderen an Privatinteressen orientierten Netzwerken kooperiert (oder auch konkurriert) und auf unterschiedlichen Ebenen die Gesellschaften manipuliert.

Nachrichten werden heutzutage gesendet, um Emotionen zu steuern – zeitgerecht und dosiert. So etwas hat Soros an der Börse gelernt, denn Spekulanten handeln emotional; ihren Gefühlen von Gier und Verlustängsten gehorchend. Soros nutzt die Emotionen der anderen Spekulanten für sich aus, er selbst ist pathologisch. Und er hatte immer einen Wettbewerbsvorteil. Weil nämlich Psychopathen befähigt sind, die Emotionen anderer Menschen ganz gezielt zu steuern, um dadurch Befriedigung zu empfinden. Nachrichten sind Teil des Spiels, sie bilden eine virtuelle Welt ab; die Welt, die Sie bitte registrieren möchten und auf die Sie in gewünschter Weise reagieren sollen.

Schauen wir auf die aktuellen Ereignisse im Iran. Hätte die gesteuerte Meinungsindustrie nicht sehr koordiniert diese Sensibilisierung vorgenommen, dann würde wohl auch die ILMR sich nicht genötigt fühlen, ausgerechnet jetzt eine Protestnote gegen die iranische Regierung zu zeichnen. Die Handelnden glauben, mündige, autonome Entscheidungen zu treffen.

Das ist aber nicht der Fall. Durch Politik und Medien werden sie vielmehr stetig auf die „richtigen“, die vermeintlich für alle relevanten Themen sensibilisiert. Und sie lassen sich hineinziehen in das Spiel „böse Diktatur gegen gutes Volk“. Was dann folgt, ist parteiischer, emotional aufgeladener Aktivismus, der Keinem hilft, auch Keinem im Iran. Dienlich ist das dafür ganz Anderen; Leuten, denen die Menschenrechts-Keule nur Mittel zum eigenen Zweck ist.

Sie, die sich innerhalb und außerhalb von Organisationen für Menschenrechte aktiv einsetzen, sie alle sollten Massenmedien und etablierte Politik viel, viel weniger, dafür aber gezielt und reflexiv für Ihre Informationsgewinnung zu Rate ziehen.

Dabei denke ich, dass die ILMR noch vergleichsweise unabhängig ist. Die Dachorganisation der ILMR, die FIDH ist es – so meine ich – auf keinen Fall. Dabei rede ich nicht von Kontaktschuld sondern von finanziellen Abhängigkeiten. Wer glaubt ehrlich, dass die FIDH eine autonome Politik fahren kann, wenn das (unter anderem) die Unterstützer sind (9)?

  • Europäische Kommission
  • Außenministerien Norwegens, Finnlands, der Niederlande und Dänemarks
  • Außenministerien Frankreichs und Großbritanniens
  • Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
  • Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ); in Auftrag EU und deutsche Regierung (BMZ)

Mit wem wohl wird dieFIDH vielfältige Kontakte pflegen? Natürlich mit Vertretern dieser Institutionen, natürlich tauscht man sich aus und das ist ja auch gar nicht verwerflich. Wer jedoch die Agenda der europäischen Mächte kennt, die einen neuen Kolonialismus vorantreiben, insbesondere durch Institutionen wie das deutsche BMZ, sollte nicht zu naiv sein. Nach ihrem Finanzbericht von 2015 waren 56 Prozent der Förderungen, welche der FIDH im Jahre 2015 zuflossen, zweckgebunden – von wem und für welche Zwecke (10)?

Die FIDH arbeitet intensiv im afrikanischen Raum, Frankreich hat dort außerordentlich starke wirtschaftliche Interessen, ja die französische Wirtschaft würde ohne die brutale Plünderung Afrikas umgehend zusammen brechen! Wer fragt nach Menschenrechten, wenn es um französische Interessen im Ausland geht?

Die FIDH wird doch nicht die primären Verursacher von Kriegen – welche das Menschenrecht auf Leben massenhaft brechen – anprangern, wenn sie massiv von diesen bezuschusst wird! Was sie auch nicht tut. Die Geldgeber der FIDH sind Jene, welche das Prinzip der Menschenrechte durch ihren Neokolonialismus erst aushebeln. Da beißt sich doch die Katze in den Schwanz!

Gibt es noch mehr Abhängigkeiten? Welche (privaten) Organisationen waren es denn in den letzten Jahrzehnten, die das Projekt eines Neuen Nahen Ostens vorantrieben? Organisationen die durch ihr kreatives Chaos das wichtigste Menschenrecht im Nahen Osten komplett ausgehebelt haben, nämlich das Recht auf Leben! NROs, gefördert durch diese Stiftungen haben unverhohlen zum Krieg getrommelt (Syrien lässt grüßen). Die FIDH erfährt auch Unterstützung von (unter anderem):

  • Ford Foundation
  • Oak Foundation und – wen wunderts
  • Open Society Foundations

Denken Sie jetzt, dass ich Soros & Co. als Feindbild auserkoren habe? Mitnichten. Aber in Anbetracht der Tatsache wie die Bevölkerung manipuliert wird, einschließlich auch jener engagierten Menschen, denen Nöte und Unrecht anderswo nicht egal sind. In Anbetracht der gesteuerten Informationspolitik. In Anbetracht der Tatsache, wie jene Eliten, die von den blutigen Kriegen dieser Welt seit Jahrzehnten profitieren, systematisch politische und gemeinnützige Institutionen unterwandern und teilweise sehr subtil für die eigenen Zwecke gebrauchen.

Mit Blick auf genau Jene, die gleichzeitig als großzügige Geldgeber auftreten, frage ich mich ernsthaft, ob gerade die diversen Menschenrechtsorganisationen tatsächlich in der Richtung ihres selbst gewählten Auftrags aktiv sind. Genau jene, über welche die NROs mit dem Fokus auf Menschenrechte gefördert werden, sind ja selbst die größten Menschenrechtsverletzer! Der Kampf um Menschenrechte, so wie er heute geführt wird, geht völlig am Kernproblem vorbei. Wir zeigen auf die Anderen, nur fragt sich mit welchem Recht? Wann kehren wir endlich im eigenen Haus?

Kehren wir zum Ausgangspunkt zurück. Das Anliegen mag noch so edel sein, allein es nützt den Zielen der vermögenden und am Gewinn orientierten Sponsoren, statt denen der Menschenrechtsorganisationen (was für eine bittere Ironie). Es treibt deren Agenda (siehe Punkte 1 bis 6 am Anfang des Artikels) voran und so kehrt sich das Anliegen in das Gegenteil um. Wir dürfen beginnen, wahre Autonomie zu erlernen. Und wir dürfen lernen, dass der wichtigste Punkt der Siebente ist – die A-Geschichte.

Wenn man sich dann schon (in guter Absicht) in iranische Belange einmischt, um Verbesserungen für Menschen zu erwirken, dann kann so etwas nur über vielfältigen, achtungsvollen wie gleichberechtigten Austausch MIT(!) den iranischen Behörden erfolgen, doch nicht durch Druck GEGEN sie.

Was bleibt?

Menschenrechtsorganisationen sind unabhängig? Nun, sie glauben – wie auch Journalisten, es zu sein. Sie laufen in das gleiche Problem, eine schleichende Konditionierung, die sich in einem immer schmaler werdenden Korridor verbildlicht. Möchten Sie ein Beispiel?

Welche Menschenrechts-NRO hat das Menschenrechtsverbrechen an Syrien, einen von außen losgetretenen Krieg, den die deutsche Regierung mit zu verantworten hat, gebrandmarkt? Gibt es da wiederkehrende Protestnoten, die die Bundesregierung aufforderten, Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte zu achten? Ich möchte sie gern sehen. Denn hier geht es um unsere Verantwortung. Einer halben Million Menschen in Syrien (davon wahrscheinlich ein Fünftel Nicht-Syrer) wurde das Menschenrecht auf Leben genommen, Millionen das Recht menschenwürdig zu leben. Das sind Millionen von Einzelschicksalen, denen allesamt kein Anwalt gestellt wurde. Kein Wunder, wenn doch die Anwälte im Land der (Mit-)Täter wohnen. Wo beginnt eigentlich die Verantwortung für Menschenrechte – und wo endet sie?

Solange eine nicht reflektierende, maßlos konsumierende Gesellschaft ihre Politiker damit regelrecht auffordert, neokoloniale Feldzüge in Angriff zu nehmen. Solange solch eine Gesellschaft wie selbstverständlich davon ausgeht, dass ihr dieser maßlose Wohlstand zusteht. Und solange diese Gesellschaft von ihrem einzigartigen Thron westlicher Werte überheblich auf „unterentwickelte“ Gesellschaften herunter schaut.

Solange wird diese Gesellschaft – also die Unsrige – Menschenrechtsverletzungen exportieren. Und um die Verantwortung wegzuschieben, wird sie mit dem Finger auf Andere zeigen, das Opfer zum Täter machen, Schuldige andernorts – wie jetzt den Iran – suchen und finden. Ich hätte da also eine Aufgabe für die diversen Menschenrechtsorganisationen; eine Aufgabe die hier in diesem Land beginnt …

Bleiben Sie bitte in diesem Sinne schön aufmerksam.

Quellen:

(b1) Screenshot; Von: ILMR [mailto:info@ilmr.de] Gesendet: Montag, 15. Januar 2018 12:16
An: ILMR info@ilmr.de Betreff: Internationaler Appell angesichts der Ereignisse im Iran
(1) 15.1.2018; Protest-Mail des IMR; Von: ILMR [mailto:info@ilmr.de] Gesendet: Montag, 15. Januar 2018 12:16
An: ILMR info@ilmr.de Betreff: Internationaler Appell angesichts der Ereignisse im Iran
(2) 3.1.2018; https://www.fidh.org/en/region/asia/iran/government-must-respect-rights-show-restraint-in-dealing-with
(3) 16.1.2018; https://en.wikipedia.org/wiki/Grawemeyer_Award
(4,5) https://web.archive.org/web/20110514112041/http://www.iciss.ca/members-en.asp
(6) 16.1.2018; https://en.wikipedia.org/wiki/International_Crisis_Group
(7) 16.1.2018; https://en.wikipedia.org/wiki/Open_Society_Foundations
(8) 17.10.2017; https://www.wsj.com/articles/george-soros-transfers-18-billion-to-his-foundation-creating-an-instant-giant-1508252926
(9,10) 16.1.2018; https://www.fidh.org/en/about-us/our-funding/

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Dieser Beitrag erschien als Erstveröffentlichung beim Rubikon-Magazin.

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Jugendlicher verschafft sich Zugang zu Plänen für CIA-Operationen in Iran und Afghanistan

Ein fünfzehnjähriger Brite verschaffte sich Zugang zu Geheimdienstplänen der USA. Es handelte sich dabei um CIA-Operationen in Iran und Afghanistan. Sein „Trick“: Er gab sich einfach als CIA-Chef aus. Jetzt steht er in London vor Gericht.

Der englische Teenager gab sich nicht nur als CIA-Chef aus, sondern „nahm auch andere Identitäten an“, um die entsprechenden US-Behörden – beispielsweise auch das FBI – zu übertölpeln. Die Anschuldigungen gegen den Jungen lesen sich wie Slapstick.

Die britische Zeitung Telegraph schreibt in dem Artikel „British 15-year-old gained access to intelligence operations in Afghanistan and Iran by pretending to be head of CIA, court hears“ zu dem Fall einleitend:

„A 15-year-old gained access to plans for intelligence operations in Afghanistan and Iran by pretending to be the head of the CIA to gain access to his computers, a court has heard.

From the bedroom of the Leicestershire home he shared with his mother, Kane Gamble used “social engineering” – where a person builds up a picture of information and uses it manipulate others into handing over more – to access the personal and work accounts of some of America’s most powerful spy chiefs .

The teenager persuaded call handlers at an internet giant that he was John Brennan, the then director of the CIA, to gain access to his computers and an FBI helpdesk that he was Mark Giuliano, then the agency’s Deputy Director, to re-gain access to an intelligence database. […]“

Interessant an dem Fall ist natürlich auch, dass hier offen von CIA-Operationen im souveränen Land Irangesprochen wird. Alleine das – die Geheimdienstaktionen – ist schon völkerrechtswidrig, scheint aber keinen zu stören. Im Zusammenhang mit den „aktuellen Protesten“ im Iran sollte man hier eigentlich hellhörig werden.

„Auf dem Weg nach Persien“ – Iran-Regime-Change

Die angekündigte Destabilisierung des Iran.

Eine Woche nach dem Jahreswechsel sind die Proteste im Iran eingedämmt, die ersten Festgenommenen wurden freigelassen, das Parlament in Teheran debattiert über die Ursachen. Dennoch ist davon auszugehen, dass – unter der westlichen Fahne von „Freiheit und Demokratie, guter Staatsführung und Menschenrechten“ – fortgesetzt werden könnte, was in den letzten Jahren den Irak, Libyen und Syrien verwüstet hat. Eine anhaltende Intervention des Westens mit Unterstützung ihrer regionalen Partner am Golf, Jordanien und Israel, soll den Mittleren Osten unter westliche Kontrolle bringen. Gelingt das nicht, werden die Länder destabilisiert, um sie später als „gescheiterte Staaten“ zu präsentieren.

„Auf welchem Weg nach Persien“, lautet der Titel der Studie „Optionen für eine neue amerikanische Strategie gegenüber dem Iran“. Der Iran wird in der Einführung als Herausforderung für die Politik der USA beschrieben, die seit 30 Jahren – seit dem Sturz des Schah und der Revolution 1979 – ungelöst sei. Einerseits werden die USA von der iranischen Führung als „größter Feind“ angesehen, andererseits finde sich unter den durchschnittlichen Iranern die größte Amerikafreundlichkeit in der muslimischen Welt. Die iranische Führung untergrabe ständig die Interessen und den Einfluss der USA im Mittleren Osten.

Um das zu lösen, werden von den Autoren der lesenswerten Studie verschiedene Wege eingeschlagen:

  1. Die diplomatische Option, die den Iran von einer anderen Politik überzeugt.
  2. Die militärische Option, die von einer US-Invasion über US-Luftangriffe bis hin zur Absegnung eines Angriffs Irans von Seiten Israels („Überlassen wir es Bibi“) reicht.
  3. Ein Regimewechsel, also der Sturz der Führung in Teheran soll herbeigeführt werden.

Auf Seite 101 ist zu lesen, dass es „verschiedene Wege (gibt), auf denen die Vereinigten Staaten das Regime verändern oder untergraben können: „Einen Volksaufstand unterstützen, die ethnischen Gruppen im Iran aufstacheln oder einen Staatstreich fördern. In der Praxis könnten diese Optionen gleichzeitig verfolgt werden oder sich in einigen Teilen überschneiden. Aber es ist gut, jede Option unabhängig von der anderen zu betrachten, um ihre Natur zu verstehen und herauszufinden, was für Erfordernisse gebraucht werden.“ Konkretisiert wird das in den darauf folgenden drei Kapiteln der Studie.

Was sich in den letzten Tagen im Iran abspielte und wie westliche Medien, Internetdienste, Politiker und oppositionelle Gruppen auf die Ereignisse im Iran reagierten, zeigt, dass der dritte Weg der oben genannten Studie, Teheran zu stürzen und einen Regimewechsel herbeizuführen, in deutschen „Leitmedien“ und in der alternativen bis linken Öffentlichkeit auf Zustimmung stößt.

Unterstützung für die Demonstranten kam von der kommunistischen Tudeh-Partei bis zum Nationalen Widerstandsrat der iranischen Volksmujahedin. Die im Exil lebende iranische Anwältin und Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi rief die Iraner aus der Ferne zum zivilen Ungehorsam auf. Sie sollten ihre Strom- und Wasserrechnungen nicht mehr bezahlen und auf den Straßen bleiben, schlug sie vor.

Der attac-Aktivist Pedram Shahyar, auch Mitglied im „Netzwerk junger Iraner in Berlin“, sprach auf seinem „Blog aus den Metropolen des globalen Aufstands“ von einem „Aufstand der Hungrigen“ im Iran und verwies auf die sozialen Ungerechtigkeiten, die große Arbeitslosigkeit unter Akademikern und Jugendlichen. Der Iran sei ein „Schlüsselland“ für den Nahen Osten, so Shahyar. „Sollte es gelingen, eine politische Ordnung zu etablieren, die mehr Demokratie und soziale Gerechtigkeit realisiert, würde wieder eine starke Brise der Hoffnung durch den Nahen Osten ziehen.“

Viele westliche Herzen flogen den Demonstranten im Iran nur so entgegen. Der Vorsitzende der Sozialdemokraten Martin Schulz erklärte gegenüber der BILD-Zeitung, sein Herz schlage „für diese jungen Leute“, die „im Iran für mehr Demokratie auf die Straße“ gingen. In den Medien wurde analysiert, dass die iranische Führung „in ihren Grundfesten erschüttert“ werde, man dürfe „die Demonstranten nicht allein lassen“, der Iran sei in „Rebellion“, „ein Land in Wut“, es herrsche „Unmut über die Regierung“.

In Israel und in Saudi Arabien – mittlerweile nicht nur in ihrer Feindseligkeit gegen die iranische Führung vereint – verfolgte man die Proteste ebenfalls mit großer Sympathie.

Interessant in dem Chor der Unterstützer der iranischen Demonstranten waren auch kurdische Medien. Im Iran finde ein „regelrechter Volksaufstand“ statt, bei dem klare Parolen wie „Nieder mit der Diktatur, wir möchten Freiheit” gerufen worden seien, hieß es beispielsweise bei Firatnews (AFN) am 1. Januar. Das Regime breche auseinander, „die Lebenszeit des Systems (sei) am Ende angelangt“, wurde prognostiziert.

Das Zentralkomitee der im Iran verbotenen kommunistischen Tudeh-Partei sprach von einem „despotischen Regime“, das die Proteste „in Blut ertränken“ wolle. Die Arbeiter müssten mobilisiert werden, um einen Generalstreik zu organisieren. Das habe auch beim Sturz des Schahs 1979 geholfen. Ein ausgerufener Generalstreik allerdings fand wenig Unterstützung. Die Regierung mobilisierte ihre Anhänger und Hunderttausende füllten landesweit die Straßen. Vermutlich hatte auch die Ankündigung der „eisernen Faust“ dazu beigetragen, dass die Protestierenden immer weniger wurden. Es fehlte eine Führung und – viel wichtiger – es fehlte eine politische Alternative, die die amtierende Regierung ernsthaft hätte herausfordern können.

Die Bundesregierung – ein einäugiger Leuchtturm der Menschenrechte – äußerte sich besorgt „über Todesopfer und zahlreiche Verhaftungen“ und sparte nicht mit Ermahnungen und guten Vorschlägen an die iranische Regierung. Sie solle „Bereitschaft zum Dialog“ zeigen, sagte eine Regierungssprecherin in Berlin. Der geschäftsführende Außenminister Sigmar Gabriel forderte seinen Amtskollegen Jawad Zarif telefonisch auf, keine Gewalt gegen die Demonstranten anzuwenden.

Doch nur wenige Tage später warnte Gabriel davor, die „Konfrontation in der iranischen Gesellschaft auszunutzen“, wie der geschäftsführende Außenminister in der Bild am Sonntag (BAMS) zitiert wurde. Das Boulevard-Blatt, das mit Hetze gegen Personen, Diffamierungen und Falschdarstellungen bis heute immer wieder gegen den Pressekodex verstößt, ist inzwischen eine Art Regierungssprachrohr geworden. Mit der Regierung in Teheran müsse es einen „klaren und ernsten Dialog“ geben, so Gabriel, der den „problematischen iranischen Einfluss in der Region und das Raketenprogramm“ an erster Stelle nannte.

Nach anfänglicher Kritik an Teheran halten sich Berlin, Paris und Brüssel inzwischen weitgehend zurück. Grund dürfte sein, dass seit der Aufhebung der Wirtschaftssanktionen und dem Atomabkommen mit dem Iran europäische Firmen wieder Geschäfte im Iran machen können.

Angesichts aktueller Wirtschaftssanktionen gegen Russland und Syrien – ein früher zwar kleiner aber zuverlässiger Markt im Mittleren Osten – ist der iranische Markt seit der Aufhebung der Sanktionen ein wichtiger Pfeiler deutscher Wirtschaftsaußenpolitik. Zudem will man sich offensichtlich vom Weißen Haus abgrenzen, welches die Proteste unterstützte.

Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen Nikki Haley forderte eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in New York. In Genf soll nach ihrem Willen der UN-Menschenrechtsrat die Lage im Iran beraten. „Das iranische Volk schreit nach Freiheit. Alle freiheitsliebenden Menschen müssen sich an ihre Seite stellen“, sagte Haley. US-Präsident Donald Trump hatte das zu dem Zeitpunkt bereits getan und sich gleichsam an die Spitze der Bewegung gestellt. Er sagte den Demonstranten im Iran die Unterstützung der USA zu, „sobald der Moment gekommen“ sei. Die Iraner versuchten, „die Kontrolle über ihre korrupte Regierung zu übernehmen“, teilte Trump mit, eine Umschreibung für einen Regierungsumsturz. Davor habe er „enormen Respekt“.

Bei der von den USA beantragten Sitzung des UN-Sicherheitsrates sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja, „dass es eine Art von unerklärlicher Allergie gegen dieses Land (Iran) gibt“, die die Wahrnehmung über Ereignisse „verdunkelt und zu Wunschdenken führt“. Man bedauere den Verlust von Menschenleben bei den Protesten, aber „lassen Sie den Iran mit seinen eigenen Problemen fertig werden“, was zudem gerade geschehe. „Wenn wir Ihrer Logik folgen, sollten wir nach den Ereignissen in Ferguson oder nach der gewaltsamen Zerstreuung der Occupy Wall Street-Bewegung Sitzungen des Sicherheitsrats abhalten“, fügte Nebensja hinzu. Washington wolle die Proteste im Iran benutzen, um das mühsam ausgehandelte Atomabkommen (Joint Comprehensive Plan of Action, JCPOA) zu untergraben.

Während im Westen noch Durchhalteparolen für die Demonstranten in die Mikrofone diktiert und über die sozialen Netzwerke verschickt wurden, wurde in Teheran nach wenigen Tagen das Ende der Proteste verkündet. Selbst der israelische Geheimdienst räumte ein: „Das Regime zeigte zunehmendes Selbstbewusstsein“ gegenüber den Protesten durch die Art, wie es damit umging. „Kein Waffeneinsatz oder gewaltsame Niederschlagung. Vielmehr konnten die Demonstranten selbst nach drei Tagen noch ungehindert ihre Sammelpunkte in den Stadtzentren erreichen“, hieß es bei DEBKA-File, einer vom israelischen Geheimdienst betriebenen Webseite. Die Demonstranten seien mit tausenden Regierungsanhängern und Polizeikräften zahlenmäßig in den Schatten gestellt worden.

Die Proteste im Iran – dieses Mal ganz ohne Führung und ganz ohne Farben – sorgten zu einer Zeit für Schlagzeilen, die unter Journalisten als „nachrichtenarme Zeit“ beschrieben wird.

Zu Weihnachten und an Neujahr werden in den Medien häufig vorproduzierte Beiträge geliefert, die Redaktionen sind urlaubsbedingt ausgedünnt. Die Schuldigen wurden in den Schlagzeilen gleich mitgeliefert. Die Mullahs, die Kleriker, das Regime, das sich „die Taschen voll schaufeln“ wolle und das Geld für die Unterstützung von Kriegen im Ausland (Syrien, Jemen) ausgebe, während das Volk hungere. „Nicht für Gaza, nicht für Syrien, für den Iran kämpfe ich“, sei gerufen worden, als Beweis, dass die Demonstranten den militärischen und politischen Beistand ablehnen, den der Iran der syrischen Regierung oder palästinensischen Organisationen leistet.

Der Chor der Unterstützer der Demonstranten im Iran umfasste innerhalb kürzester Zeit alle politischen Spektren und Klassen, Kommunisten an der Seite der Golfmonarchien, Menschenrechtler und Aktivisten Schulter an Schulter mit dem israelischen Besatzungsstaat. Es blieb kaum Zeit, unzählige Analysen, die kursierten, zu lesen, zu diskutieren und zu verstehen.

Die iranische Führung reagierte scharf auf die Angriffe, die von außen an Teheran angetragen wurden. Gleichzeitig fand innenpolitisch eine lebhafte Debatte in den Medien statt. Das Parlament forderte eine Aufklärung der Ereignisse und über das Vorgehen der Polizei. Festgenommene Demonstranten müssten Zugang zu Anwälten erhalten. Etwa zeitgleich wurden die ersten rund 70 Demonstranten aus Polizeigewahrsam freigelassen. Der Sprecher des iranischen Parlamentspräsidenten Ali Larijanis, Behrus Nemati erklärte, man wolle nicht, „dass die Rechte von Menschen nur deshalb verletzt werden, weil sie Kritik äußern“. Fehler beim Vorgehen der Polizei und bei den Festnahmen müssten korrigiert werden, die Regierung müsse die Forderungen der Demonstranten sorgfältig prüfen.

Westliche Medien und Politiker teilen die politische Landschaft im Iran in „Hardliner“ und „Reformer“ ein, wie sie es von den letzten Protesten 2009 gewohnt sind. Tatsächlich dürfte die politische Landschaft im Iran entsprechend der vielschichtigen innen- und außenpolitischen Konflikte weitaus vielfältiger sein. Präsident Hassan Rohani mahnte das Land zur Einheit. Demonstriert worden sei auch gegen diejenigen, die die Umsetzung notwendiger Reformprogramme blockierten. Staatsanwalt Dolatabadi, der die Ermittlungen gegen die Demonstranten führt, warnte vor einem politischen Machtkampf innerhalb des Landes. Genau das sei „die Absicht unserer Feinde“, so Dolatabadi. Es solle ein „Klima des Misstrauens“ erzeugt werden, alle müssten mitarbeiten, um das zu verhindern.

Es waren nicht die ersten Proteste, die im Iran stattfanden, und es werden nicht die letzten sein. Seit Verhängung der UN-Wirtschaftssanktionen gegen den Iran 2006 gibt es ökonomische Probleme, die durch zusätzliche Sanktionen seitens der USA und westlicher Staaten verschärft wurden. Die Sanktionen wiederum haben Schattenwirtschaft und Korruption gefördert und das Land international isoliert. Erst Mitte Dezember hatte Präsident Rohani auf „betrügerische Institutionen“ hingewiesen, die ein Viertel der iranischen Gold-, Geld- und Immobilienwirtschaft kontrollierten und die Durchsetzung von Regierungsprogrammen behinderten.

Ökonomische und innenpolitische Probleme, Preiserhöhungen, Arbeitslosigkeit, mangelnde politische Freiheit gibt es in nahezu jedem Land der Welt. Was aber hätte man in Berlin gesagt, wenn das polizeiliche Vorgehen während des G20-Treffens in Hamburg gegen eine bunte und teilweise gewalttätige Protestbewegung von irgendeiner Regierung der Welt zum Anlass genommen worden wäre, die Bundesregierung aufzufordern, sie solle „Bereitschaft zum Dialog“ zeigen? Oder anzukündigen, man werde die Demonstranten unterstützen, „sobald der Moment gekommen“ sei?

Was immer die Proteste auslöste, der Zeitpunkt war nicht zufällig gewählt. Kurz vor dem Jahrestag der iranischen Revolution, die in einem unruhigen Jahr zwischen Februar 1978 und Januar 1979 den vom Westen installierten und unterstützten Schah Reza Pahlevi stürzte und den ebenfalls vom Westen (Frankreich) geförderten Ayatollah Khomeini und die Kleriker an die Macht brachte.
Die Proteste fanden zudem zu einem Zeitpunkt statt, an dem der Iran sein militärisches Engagement in Syrien und im Irak stabilisieren kann, um sich genau den innenpolitischen Problemen zuzuwenden, die bei den Demonstrationen thematisiert wurden und von der Regierung nicht abgestritten werden.

Auch wenn Belege schwer zu erbringen sein dürften, sind ausländische Hände in dem Protestszenario im Iran nicht ausgeschlossen. Die Reaktion westlicher Politik und Medien sind das eine und die US-Administration hat dem Geheimdienst CIA einen klaren Auftrag erteilt. Ruhe soll dem Iran nicht gegönnt werden. Bereits im Juni 2017 war Michael D’Andrea, hochrangiger CIA-Offizier, offiziell mit der Iran-Akte betraut worden. Die NYT berichtete bereits im Juni 2017,
dass der auch als „Ayatollah Mike“ oder „Prinz der Finsternis“ bezeichnete D’Andrea, der zum Islam konvertiert ist, die Leitung der CIA-Abteilung für spezielle Iran-Operationen übernommen habe. D’Andrea gilt nach Aussagen einiger seiner ehemaligen CIA-Kollegen als skrupellos, aggressiv und brutal. Er war verantwortlich für das Aufspüren und die Liquidierung von Osama Bin Laden und für die US-Drohnen-Angriffe, denen im Jemen, Irak, Afghanistan und Syrien Tausende Menschen (CIA: Terroristen) zum Opfer fielen. Bei einem geheimen Entführungs- und Folterprogramm der CIA spielte er eine führende Rolle. Dieser Mann soll nun den harten Kurs gegen den Iran umsetzen, den Mike Pompeo, der neue CIA-Direktor, und Donald Trump während seines Wahlkampfes vorgegeben haben. Wie das geschehen kann, dafür gibt es bei der CIA viele Planspiele, von denen nur einige in der anfangs genannten Studie des Brookings Instituts (Der Weg nach Persien) genannt werden. Die geheimdienstliche Durchdringung der Zivilgesellschaft im Zielland gehört ebenso dazu wie die Beeinflussung von Politik, Medien und Zivilgesellschaft von Bündnispartnern.

In Syrien erinnerten sich die Menschen angesichts der weltweit kursierenden wackelnden, unscharfen Bilder über die Ereignisse im Iran an das Geschehen im eigenen Land 2011. Viele sind davon überzeugt, dass – wie in Syrien 2011 – nun im Iran der „Regime-Wechsel“ vorbereitet wird.

Die Kriege und Krisen der letzten Jahre im Mittleren Osten haben wenig mit den Nöten und Wünschen der Bevölkerung in diesen Ländern zu tun. Ginge es um das Wohl von Irakern, Libyern, Syrern oder Iranern in ihrer Heimat, müsste das Prinzip der Nichteinmischung gelten, wie die BRICS-Staaten, Russland und China es praktizieren. Das schließt jede Art von Einmischung – militärisch, politisch, humanitär – aus, nicht aber Angebote von Vermittlung und Beratung. Tatsächlich bieten die ökonomischen Probleme – für die letztlich auch ökonomische Strafmaßnahmen des Westens verantwortlich sind – nur eine Ausgangsbasis, von der aus operiert wird. Verdeckte Operationen sind keine „Verschwörungstheorie“, sie finden real statt und sind Teil eines Angriffs auf die Region, die seit Jahrzehnten keinen Frieden gesehen hat.

Was bleibt, sind fortwährender Krieg und Vertreibung, Unsicherheit und Elend für Millionen, Zerstörung von Natur und Kultur.

(Karin Leukefeld, Aleppo)

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Iran-Proteste: Informationen und Analysen

Zur Zeit gibt es eine Art Iran-Konflikt, basierend auf Demonstrationen oder besser gesagt kleineren Protesten sowie Angriffen auf Polizeiwachen in dem Land. Über die Vorgänge im Iran und außerhalb bezüglich dieses Themas wird eine Menge Propaganda und werden unzählige schiefe Bewertungen und Kommentare in zahlreichen Medien veröffentlicht.

Hier einige Artikel mit Hintergrundinformationen und überwiegend kompetenten Analysen zu der Iran-Thematik, die ein recht gutes Bild der tatsächlichen Lage liefern, dazu noch zum Vergleich etwas zu den nahezu gleichzeitig stattfindenden Protesten im Kongo mit mehreren Todesopfern und die Beiträge von Blauer Bote zum angeblichen „Iran-Aufstand“:

Der Iran und die Besorgten. „Das alte Lied wird wieder einmal neu aufgelegt. Die Komposition ist simpel und sie ist eingängig. Das Lied bedient die eingetrichterten Vorurteile und beruhigt das schlechte Gewissen. Ja, und natürlich sind wir, die Guten besorgt. Dabei wissen die Besorgten so ziemlich nichts über den Iran. Das müssen sie auch nicht, denn das alte Lied erzählt eine weitere B-Geschichte. […] Das sind reichlich Informationen! „Proteste“ ganz am Anfang ist Propaganda, denn die Proteste haben eben KEINE Todesopfer gefordert. Und es waren sicher nicht Unruhen, durch die gewissermaßen, im allgemeinen Aufruhr Menschen versehentlich getötet wurden. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen fanden nachts statt, eine sehr gute Tarnung für die Täter. Sechs der Toten griffen vor ihrem Ableben eine Polizeistation an. Die Unruhen wurden außerdem landesweit gemeldet. Spontane landesweite nächtliche Gewalt im Iran; wenn ich das höre, werde ich stutzig.“

Pro oder kontra Islamische Republik? Deutsche Journalisten verwechseln Demonstrationen im Iran. „Gewalttätige Aufmärsche einiger hundert Iraner lassen deutsche Journalisten jubeln. Geblendet von ihrem Wunsch nach einem regime change unterlaufen ihnen bei ihren Titelbildern entlarvende Verwechslungen. Wenn ein Berufsjournalist nach einem Titelbild sucht, prüft er es gewissenhaft: Ist es authentisch, passt es zu seinem Artikel? Leider haben wir es in weiten Teilen der deutschen Presse nicht mit Berufsjournalisten dieser Art zu tun, sondern mit Stümpern oder Propagandisten – und das betrifft keineswegs nur die Springerpresse. Anders sind die folgenden Titelbilder der letzten Tage nicht zu erklären.“

Proteste im Iran: Viel heiße Luft um Nichts. „Im ganzen Iran dauern nun seit fast einer Woche Proteste gegen die iranische Regierung an. Personen mit verschiedensten politischen Ansichten und Hintergründen versammelten sich um zunächst gegen gestiegene Lebensmittelpreise, daraufhin gegen die iranische Regierung und am Ende für einen Regime Change zu demonstrieren. Der von verschiedenen Ländern erhoffte Massenwiderstand blieb aus, stattdessen konnte eine gewaltbereite Minderheit die politischen Forderungen der ursprünglichen Demonstrationen berauben und lediglich eine leere Hülle der Gewalt übrig lassen.“

“Liebe Verschwörungs-Experten…”. „Wenn nun letztes Jahr (2017) sich gleich mehrere US-Senatoren bei der Sektenführerin der MEK in Albanien die Klinke in die Hand geben, so ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass wieder etwas im Busch ist. Diese Tatsache nicht zu erwähnen, wenn man über die “gewaltsamen Proteste” im Iran spricht, erfüllt wiederum hinreichend die Bedingungen, die nur noch den Schluss auf entweder völlige Inkompetenz oder absichtliche Falschdarstellung durch Unterschlagung der relevanten Tatsachen in der Berichterstattung zulassen. Wenn man also hier nicht über die MEK berichtet, dann plappert man entweder Unsinn, oder man lügt. Da beisst die Maus keinen Faden ab.“

Das ZDF würzt seine Propaganda gegen den Iran mit einer faktenfreien „Verschwörungstheorie“ – und benutzt dazu ein Video aus 2009. „Das hanebüchene Machwerk des ZDF bekommt heute noch eine weitere groteske Wendung, denn wie der Mainzer Propagandasender selbst eingestehen muss, stammt das gezeigte Video, in das man „verdeckte iranische Spezialkräfte“ hineingedeutet hatte, aus dem Jahr 2009! Mehr FakeNews geht nicht.“

Nach Gewalt gegen Demonstranten: EU schont Kongos Regierung. „Die EU hat am Mittwoch den Familien der Opfer der Gewalt gegen friedliche Demonstranten in der Demokratischen Republik Kongo ihr Beileid ausgesprochen. Eine explizite Verurteilung oder Drohung mit neuen Sanktionen enthält die Erklärung nicht – und wie EU-Diplomaten in Brüssel bestätigen, wäre sie um ein Haar gar nicht erfolgt. Frankreich und Spanien verhinderten am 2. Januar einen kritischeren Entwurf, nachdem am 31. Dezember in Kinshasa und Kananga mindestens elf Menschen bei der Niederschlagung von Protesten der katholischen Kirche gegen Kongos Präsident Joseph Kabila getötet worden waren.“

Our Men in Iran? „Despite the growing ties, and a much-intensified lobbying effort organized by its advocates, M.E.K. has remained on the State Department’s list of foreign terrorist organizations—which meant that secrecy was essential in the Nevada training. “We did train them here, and washed them through the Energy Department because the D.O.E. owns all this land in southern Nevada,” a former senior American intelligence official told me. “We were deploying them over long distances in the desert and mountains, and building their capacity in communications—coördinating commo is a big deal.” (A spokesman for J.S.O.C. said that “U.S. Special Operations Forces were neither aware of nor involved in the training of M.E.K. members.”)“

Brookings Institute: Which Path to Persia? – Options for a New American Strategy toward Iran. „Der Plan könnte durchaus sein, die iranische Regierung nicht sofort zu stürzen, sondern stattdessen eine scharfe Reaktion durch die iranische Regierung gegen die militanten Aktionen in ihrem Land zu provozieren. […] Diese Reaktion kann dann benutzt werden, um breitere und schärfere Sanktionen gegen Iran zu rechtfertigen, insbesondere auch durch Europa. Diese bildeten dann einen weiteren Baustein eines übergeordneten Planes, um das Land im Würgegriff zu halten, als nächste Stufe einer noch grösseren Eskalationsstrategie.“

Im Gespräch mit Prof. Dr. Yousefi: „Proteste im Iran werden in deutschen Medien aufgebauscht“. „Seit Tagen demonstrieren Menschen im Iran gegen die Regierung. Die Bilder und Meldungen ähneln jenen, die wir bereits von Revolutionen und Erhebungen in anderen Ländern aus den vergangenen Jahren kennen.“.

„Bewaffnete Demonstranten“ versuchen im Iran „Polizeiwachen und Militärstützpunkte zu erobern“. „Bei den von der Terrorgruppe MEK geführten und von Israel, Saudi Arabien und den USA unterstützten Chaostagen im Iran soll es inzwischen zwölf Tote gegeben haben.“

Iran – Regime Change Agents Hijack Economic Protests. „Yesterday and today saw some small protests in Iran. They are probably the first stage of a large „regime change“ operation run by the U.S. and Israel with the help of Iranian terrorist group.“

Iran – Few Protests – Some Riots – U.S. Prepares The Next Phase. „The riots and protests in Iran continue for a 6th day. While „western“ media claim that the protests are growing I see no evidence for that in the various videos that appear online. The legitimate protests over price rises, failing private banks and against the new neoliberal austerity budget of President Rohani were hijacked early on by rioting gangs. These are obviously coordinated from the outside of the country through various internet applications, especially Telegram and Instagram: Amad News, a channel on Telegram, appears to have played a pivotal role in the wave of protests. Reportedly administered by exiled journalist Rohollah Zam — a son of a senior Reformist cleric said to have escaped the country after being accused of having links with foreign intelligence agencies …“

Von ARD und ZDF totgeschwiegen: Scott Ritter dekonstruiert US- und SA-Propaganda gegen den Iran. „Seit Monaten verbreiten ARD und ZDF Kriegspropaganda und freche Lügen über eine angebliche Beteiligung des Iran am Krieg im Jemen. Dafür gibt es – anders als für die von den gleichen staatlichen Propagandasendern unter den Teppich gekehrten deutschen Waffenlieferungen an Saudi-Arabien – nicht den geringsten Beweis und der Iran hat diese Verleumdungen gerade erst wieder dementiert – was von den Verbrechern in den „öffentlich-rechtlichen“ Anstalten selbstverständlich totgeschwiegen wurde.“

MEK – Die Kämpfer der USA im Iran. „In der Ukraine haben sie Nazis à la Bataillon Asow und Rechter Sektor eingesetzt. In Syrien haben sie Al Qaida, Muslimbruderschaft und co eingesetzt. In Libyen haben sie die gleichen Jihadisten eingesetzt. In Venezuela sind es wiederum Rechtsextreme und bewaffnete Banden der Oligarchen. Im Iran könnte nun die MEK im Sinne der USA zum Einsatz kommen (neben diversen ethnischen Gruppen, darunter eventuell kurdische Kräfte, wie sie bereits in Syrien zusammen mit US-Soldaten kämpfen). US-Senator John McCain stattete der MEK im Sommer in Albanien einen Besuch ab. Die dpa verbreitet Material der MEK aus dem Iran.“

ARD-Tagesschau fälscht Iran-Proteste. „In der heutigen 20-Uhr-Tagesschau der ARD wurde wieder einmal eine gezielte Falschmeldung zu den Demonstrationen im Iran lanciert. Damit fälschte die wichtigste deutsche Nachrichtensendung den Ablauf der Proteste im Iran. Natürlich zu Ungunsten des Iran beziehungsweise seiner Regierung. “

Falschbilder zu den Iran-Protesten. „Aktuell finden im Iran an einigen Orten Proteste und Demonstrationen statt. Dazu werden viele „Fake-News-Bilder“ – Fotos wie Videos – in den „sozialen“ Netzwerken und den Medien herumgereicht. Hier nur eine kleine Auswahl:“

Geleaktes Memo der US-Regierung: Menschenrechte sind lediglich eine außenpolitische Waffe. „Ein diplomatischer Top-Berater des Außenministers der USA, Rex Tillerson, fertigte für diesen eine kurze Anleitung über den Umgang mit dem Thema Menschenrechte in der US-Außenpolitik an. Darin steht, was wir alle schon wussten, nun aber auch als offizielles Statement vorliegt: Die Menschenrechtsthematik setzen die USA lediglich als billigen außenpolitischen Trick gegen ihre erklärten Feinde ein und Verbündete wie beispielsweise Saudi-Arabien haben nichts zu befürchten.“

ZDF fälscht Demonstration im Iran. „Man kennt das Vorgehen schon, beispielsweise aus der Propaganda zum Syrienkrieg: Unsere Medien zeigen Bilder von Protesten/Demonstrationen FÜR die jeweilige Regierung – hier die iranische – und behaupten, es handele sich um Massendemonstrationen GEGEN die Regierung. In Rahmen der aktuellen Unruhen im Iran wurde das ZDF bei einer solchen Fälschung erwischt. Gestern (31.12.2017) zur besten Sendezeit in den heute-Nachrichten um 19 Uhr verbreitete das ZDF die gegen den Iran gerichteten Fake News. “

USA und Saudi-Arabien greifen Iran an. „Erneut greifen die USA und ihre Verbündeten – allen voran Saudi-Arabien – ein Land im Nahen oder Mittleren Osten an. Nach der „Methode Syrien“ wird nun auch der Iran zunächst mit geballter Menschenrechtspropaganda angegriffen. Es gibt sogar ähnlich wie im Fall Syrien ein „Center für Human Rights“ – mit Standort New York. An einer Ikone wird gerade gearbeitet: Für Frauenrechte mit Saudi-Arabien gegen den Iran. Die BILD feiert US-Präsident Trump und fordert mehr Engagement von den europäischen Verbündeten.“

Falschbilder zu den Iran-Protesten

Aktuell finden im Iran an einigen Orten Proteste und Demonstrationen statt. Dazu werden viele „Fake-News-Bilder“ – Fotos wie Videos – in den „sozialen“ Netzwerken und den Medien herumgereicht. Hier nur eine kleine Auswahl:

Ein Bild eines Mädchens, das wohl zur Ikone der Proteste werden soll, ist schon älter, wie sogar ein Propagandist (siehe unten) zugibt. Ausserdem wurde ein Ausschnitt eines Films verwendet und behauptet, es handele sich um eine gegen Polizisten kämpfende Demonstrantin.

Das Ikonenbild wurde schon vor drei Tagen von der Bildzeitung promotet. Es ist immer noch in dem BILD-Artikel zu finden.

Weitere angebliche Iran-Bilder stammen – siehe unten – aus Bahrain (2, wie bereits berichtet), aus Buenos Aires (3) oder zeigen eine Demonstration zugunsten der Regierung (4), was den „Human Rights Watch“-Chef Kenneth Roth (USA) nicht davon abhielt, sie als Antiregierungsdemonstration auszugeben.

Ein „Golf- und Terrorismusexperte“ und „Investigativjournalist“ des maßgeblich von Saudi-Arabien finanzierten Gulf Institute in Washington, USA, versuchte ebenfalls, alte Bahrain-Bilder als Video aus dem Iran auszugeben. Das brachte über 17000 Retweets und „Gefällt mir“-Angaben, war aber auch eine glatte Lüge. Dass der Araber und „Golfexperte“ nicht das Arabisch der Bahrainer mit ihren bahrainischen Flaggen von Persisch (Iran) unterscheiden kann etc., ist natürlich Schwachsinn. Nun gut, der Tweet ging an Donald Trump…

Ein israelischer Journalist mit 12000 Twitter-Followern postete ein Video mit Polizeigewalt als angeblich aktuelles Video aus dem Iran. Dieses war aber von 2009. Es ist trotz entsprechender Hinweise immer noch online.

Das ZDF zeigte in den Nachrichten vom 1.1.2018 vermummte Männer, angebliche Provokateure der iranischen Regierung. Das Video war allerdings von 2009. Die Männer sind weiter unbekannt.

Am 31.12.2017 hatte das ZDF bereits eine Massendemonstration gezeigt und suggerierte, es handele sich um eine Demo GEGEN die Regierung. Dabei war es eine Demonstration FÜR die Regierung.

In diesem angeblich aus dem Iran stammenden Video wird Spanisch gesprochen und auf dem Rücken der plündernden Sicherheitskräfte steht „Policia“:

Hier noch einmal die Erstellerin/Uploaderin der Jahre alten Bahrain-Videos (aus 2011) zu den Iran-Fakes mit ihren Videos:

Das Kriegsverbrechen

Ein Angriff der USA auf den Iran wäre illegal.

Am 13. Juni 2019 soll der Iran zwei Öltanker im Golf von Oman angegriffen haben, behaupten die USA, ohne Beweise vorzulegen. Betroffen waren die Schiffe Kokuka Courageous und Front Altair. Der Iran wies die amerikanischen Behauptungen als „unbegründet“ und „haltlos“ zurück. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres forderte eine unabhängige Untersuchung.

Die USA arbeiten seit Jahren an einer Eskalation gegen den Iran.

Dies obschon das in der UNO-Charta verankerte Gewaltverbot klar sagt: Alle UNO-Mitgliedstaaten „unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede Androhung oder Anwendung von Gewalt“. Ein militärischer Angriff der USA auf den Iran wäre illegal.

Die USA haben die UNO-Charta wiederholt ignoriert. Im Jahre 1953 hat der US-Geheimdienst CIA zusammen mit dem britischen Geheimdienst MI6 die demokratisch gewählte Regierung von Premierminister Mohammad Mossadegh im Iran gestürzt. Das war ein klarer Verstoß gegen das UNO-Gewaltverbot.

Im Mai 2018 sind die USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen und haben neue Sanktionen gegen den Iran verhängt, die nicht nur Ölexporte verhindern, sondern den Iran auch vom internationalen Zahlungsverkehr abgeschnitten haben. Die US-Sanktionen erzeugen derzeit im Iran viel Leid. Bekannt ist, dass John Bolton, der Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, auf einen Krieg mit dem Iran drängt.

Der neuste Zwischenfall im Golf von Oman ereignete sich, als der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe gerade einen Staatsbesuch in Teheran absolvierte und versuchte, die Spannungen zwischen den USA und Iran abzubauen. Das war daher brisant, weil der Tanker Kokuka Courageous der japanischen Reederei Kokuka Sangyo gehört, die ihren Hauptsitz in Tokio hat. Das Schiff fährt zwar unter der Flagge von Panama und die 21 Besatzungsmitglieder an Bord sind allesamt philippinische Seeleute. Doch das Schiff gehört den Japanern, auch wenn für den Betrieb die Hamburger Reederei Schulte zuständig ist.

Die japanischen Medien haben intensiv über den Zwischenfall berichtet. Wurde der japanische Öltanker Courageous von Drohnen getroffen? In einem englischsprachigen Bericht der japanischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt NHK sagte Yutaka Katada, der Präsident der Schifffahrtsgesellschaft Kokuka Sangyo, der Angriff sei gemäß den Aussagen der Crew aus der Luft erfolgt: „Ich habe Berichte erhalten, dass sie etwas gesehen haben, das auf sie zuflog, dann gab es eine Explosion und dann gab es ein Loch im Schiff.“ Katada sagte, sein Schiff sei nicht durch eine Mine oder ein Torpedo beschädigt worden. Der Schaden am Schiff sei weit oberhalb der Wasserlinie entstanden.

Auf den vom US-Militär veröffentlichten Fotos sieht man zwei Löcher in der Wand der Courageous. Diese befinden sich ganz deutlich oberhalb der Wasseroberfläche. Torpedos explodieren aber unter der Oberfläche. Auch Haftminen werden von Kampftauchern unterhalb der Wasseroberfläche angebracht, weil ansonsten kein Wasser in das Loch einfließen kann und das Zielobjekt nicht sinkt.

Historische Beispiele, wie ein Schiff mit einer Mine versenkt wird, gibt es viele. Am 10. Juli 1985 haben zum Beispiel Kampftaucher des französischen Geheimdienstes DGSE Haftminen an das Schiff Rainbow Warrior angebracht, das in Neuseeland im Hafen von Auckland vor Anker lag. Das Schiff gehörte der Umweltorganisation Greenpeace, welche gegen die Atomtests von Frankreich auf dem Mururoa-Atoll im Pazifik protestierte. Natürlich ist es illegal, wenn Frankreich ein Schiff in Neuseeland versenkt, das war damals ein Terroranschlag und ein Verstoß gegen das UNO-Gewaltverbot. Das Schiff sank sehr schnell, weil die Haftminen unter der Wasseroberfläche angebracht worden waren.

Das vom US-Militär publizierte Foto von der Courageous ist beschriftet. Zwei rote Pfeile sind zu sehen, sowie der Text „Damage“, was „Schaden“ bedeutet, und „Likely Mine“, was „vermutliche Mine“ bedeutet. Die Erklärung mit der Mine ist aber nicht konsistent mit den Aussagen der Besatzung der Couragous, die von fliegenden Objekten, also einem Luftangriff sprach.

Wer die Medienberichte zum Zwischenfall im Golf von Oman durchschaut, sieht, dass die Geschichte des Pentagons dominiert, und dass die Geschichte der Augenzeugen mit dem Luftangriff wenig diskutiert wird.

Das US-Nahostkommando Centcom hat neben den Fotos auch ein Video in schlechter Qualität veröffentlicht, auf dem zu sehen ist, wie von einem Boot aus ein Gegenstand von einer Schiffsoberfläche entfernt zu werden scheint. Wann und wo das Video aufgenommen wurde, ist für den Beobachter nicht ersichtlich. Das US-Militär behauptet, das Video zeige, wie von der Courageous eine Haftmine entfernt werde. Ob dieser Kommentar zum Video der Wahrheit entspricht, ist unklar.

Der Vorfall im Golf von Oman erinnert an die Geschichte mit den ABC-Waffen, die den illegalen Angriff der USA auf den Irak 2003 auslöste.

In diesem Krieg starben mehr als 1 Million Menschen. Die Geschichte mit den ABC-Waffen stellte sich später als Lüge heraus, und US-Außenminister Colin Powell entschuldigte sich sogar, dass er vor der UNO irreführende Geschichten präsentiert hatte.

Der Vorfall im Golf von Oman erinnert auch an die Tonkin-Lüge, welche 1964 den Vietnamkrieg mit mehr als 3 Millionen Toten auslöste. Damals behauptete US-Präsident Lyndon Johnson, der US-Zerstörer Maddox sei im Golf von Tonkin von vietnamesischen Schnellbooten mit Torpedos beschossen worden. Die USA schickten Bomber über das kommunistische Nordvietnam und landeten mit Truppen in Südvietnam. Erst später stellte sich heraus: Die Maddox wurde niemals von Torpedos getroffen.

Dass die zwei Öltanker am 13. Juni 2019 beschädigt wurden, ist unbestritten. Aber es ist nach wie vor ungeklärt, wie der Schaden erzeugt wurde und wer für die Handlungen verantwortlich ist. Sicher ist: Die Tanker sind nicht gesunken und niemand an Bord starb. Alle Beteiligten sollten daher Ruhe bewahren und auf Deeskalation setzen.


Bild

Bildquelle: US Militär Central Command

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Dieser Beitrag erschien zuerst im Rubikon-Magazin. Zum Thema habe ich auch einen Artikel geschrieben.

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Hormus: Japanische Tankerbesatzung spricht von Flugobjekt

„Japanische Zeugen sprechen von einem Flugzeug…“„Die japanische staatliche Nachrichtenagentur NHK hat bekannt gegeben, dass die Arbeiter des Tankers vor der Explosion ein Flugzeug gesehen haben, das auf den Tanker zu flog . Die Vereinigten Staaten machen die Schuld an den Tanker angriffen auf den Iran fest. Teheran bestreitet die Anschuldigung.“ 

Brennende Schiffe vor dem Iran – eine neue Tonkin-Kriegslüge der USA

Hormus-Tanker-Bilder widerlegen Anschuldigungen der USA

In dem oben verlinkten englischsprachigen Bericht der japanischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt  NHK, in dem aber nicht direkt von einem Flugzeug gesprochen wird, wie es in der Überschrift des eingangs verlinkten Artikels gesagt wird, heißt es:

„The president of the Tokyo-based shipping firm Kokuka Sangyo says its tanker was hit by an incoming projectile. He says several crew members witnessed the source of the second blast.

Yutaka Katada, president of Kokuka Sangyo said, „I’ve received reports that they saw something come flying toward them, then there was an explosion, and then there was a hole in the vessel.“

He denied that the tanker was hit by a floating mine, torpedo or an attached explosive as had been previously reported. He said the damage was way above sea level.“

Bei „the source of the second blast“ könnte es sich um ein Flugzeug oder eine Drohne handeln.

Kriegsverbrecher auf freiem Fuß

Viele westliche Politiker und Militärs gehören lebenslang hinter Gitter. Exklusivabdruck aus „Fassadendemokratie und Tiefer Staat: Auf dem Weg in ein autoritäres Zeitalter“.

Es sind derart viele Fälle, dass ich hier nicht alle aufführen kann. Exemplarisch habe ich drei Ereignisse aus verschiedenen Jahrzehnten ausgewählt:

  • den illegalen Angriff der europäischen Demokratien Großbritannien und Frankreich auf Ägypten 1956;
  • den Terroranschlag der französischen Demokratie auf das Schiff Rainbow Warrior der Umweltorganisation Greenpeace 1985 sowie
  • den illegalen Angriff von US-Präsident Donald Trump auf Syrien am 7. April 2017.

Weil die Massenmedien weder in den europäischen noch den amerikanischen Demokratien diese Verbrechen offen ansprechen und kritisieren und weil bisher die verantwortlichen Politiker auch nicht von einem Gericht verurteilt wurden, hält sich in der Bevölkerung der angreifenden Staaten hartnäckig der Irrglaube, dass Demokratien nie Kriege beginnen und auch niemals Terror als Instrument der Politik einsetzen würden.

Doch die genannten drei Beispiele belegen eindrücklich:

Demokratien, die dem NATO-Militärbündnis angehören sowie im UNO-Sicherheitsrat über ein Veto-Recht verfügen, durch das sie sich vor Verurteilung schützen können, haben wiederholt andere Länder angegriffen.

Das ist illegal. Denn in der UNO-Charta von 1945 heißt es in Artikel 2 Ziffer 4:

»Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede … Anwendung von Gewalt.«

Die Charta billigt den Einsatz von Gewalt nur dann, wenn ein angegriffener Staat sich verteidigt oder der UN-Sicherheitsrat den Militärschlag genehmigt hat. In allen anderen Fällen verbietet die UNO Kriege. Terroranschläge sind zudem immer verboten.

Der Angriff auf Ägypten 1956

Ägypten ist strategisch ein wichtiges Land, weil der 1869 eröffnete und 160 Kilometer lange Suezkanal für die Versorgung Europas mit Erdöl eine zentrale Rolle spielt. Der Kanal verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und erspart den Schiffen vom Persischen Golf nach Europa den Weg um Afrika. Der Kanal wird heute täglich von Tankern passiert, die Erdöl und verflüssigtes Erdgas auf den europäischen Markt bringen.

Für Gamal Abdel Nasser, der Ägypten in den 1950er-Jahren als Präsident regierte, war der Suezkanal ein verhasstes Symbol des europäischen Kolonialismus. Denn die lange und schmale Wasserstraße durch die ägyptische Wüste war von den Franzosen erbaut worden und befand sich danach als private Suezkanal-Gesellschaft im gemeinsamen Besitz von Frankreich und der Kolonialmacht Großbritannien.

Nasser verfolgte im Kalten Krieg eine nationalistische Neutralitätspolitik und pflegte die Zusammenarbeit mit Indien und Jugoslawien, deren Blockfreiheit er bewunderte. Um zu verhindern, dass Ägypten in den Einflussbereich der kommunistischen Sowjetunion geriet, versprachen die Amerikaner und Briten Ägypten 1955 zusammen mit der Weltbank einen Kredit für den Bau des großen Nilstaudammes bei Assuan. Der Staudamm sollte es Nasser erlauben, die Wassermassen des Nils beim jährlichen Hochwasser für die Landwirtschaft zu regulieren und erneuerbaren Strom aus Wasserkraft für die Industrialisierung Ägyptens zu produzieren.

Doch im Juli 1956 änderte der amerikanische Präsident Dwight Eisenhower seine Meinung und erklärte nach Rücksprache mit London und der Weltbank, Ägypten sei nicht kreditwürdig, weil Nasser die Volksrepublik China anerkannt und zudem öffentlich erklärt habe, er wolle Israel vernichten. Nasser war erbost und entschied, dass die Gebühren für den Erdöltransport durch den Suezkanal nun den Bau des geplanten Assuan-Dammes finanzieren mussten. Daher verstaatlichte er am 26. Juli 1956 zum Entsetzen von Frankreich und Großbritannien die Suezkanal-Gesellschaft.

Der britische Premierminister Anthony Eden war schockiert und fürchtete, die Sowjets würden ihren Einflussbereich ausdehnen. Eden hatte im April 1956, kurz vor der Verstaatlichung des Suezkanals, den sowjetischen Regierungschef Nikita Chruschtschow mit deutlichen Worten gewarnt:

»Was das Öl betrifft, so muss ich Ihnen ganz unverblümt meine Meinung sagen – wir würden dafür kämpfen … Wir könnten ohne Öl nicht leben und … wir haben nicht die Absicht, uns strangulieren zu lassen.«

Nach der Verstaatlichung insistierte auch US-Außenminister John Foster Dulles gegenüber dem britischen und französischen Außenminister, dass »eine Möglichkeit gefunden werden« müsse, »Nasser zu veranlassen, den Kanal wieder auszuspucken« (1).

Großbritannien entschied, mit militärischen Mitteln um den Kanal und den Zugang zum Erdöl des Nahen Ostens zu kämpfen. »Wir sind wahrhaftig in ein schreckliches Dilemma geraten«, notierte der britische Schatzkanzler Harold Macmillan in sein Tagebuch:

»Wenn wir energisch gegen Ägypten vorgehen und deshalb der Kanal geschlossen wird, die Pipelines in der Levante unterbrochen werden, der Persische Golf revolutioniert und die Ölförderung eingestellt wird – dann sind das Vereinigte Königreich und Westeuropa ›erledigt‹.«

Doch »wenn wir eine diplomatische Niederlage erleiden, wenn Nasser ›ungeschoren davonkommt‹ – und die Länder im Nahen Osten sich einigen, das Öl zu verstaatlichen … sind wir ebenso ›erledigt‹. Was sollen wir also tun? Mir scheint klar zu sein, dass unsere einzige Chance darin liegt, energisch vorzugehen und zu hoffen, daß unsere Freunde im Nahen Osten zu uns halten, unsere Feinde besiegt werden und wir das Öl retten können – aber es ist eine ungeheure Entscheidung« (2).

Im Rahmen einer Verschwörung – laut Definition eine geheime Absprache zwischen zwei oder mehr Personen, um gemeinsam ein Ziel zu erreichen – trafen sich ranghohe Vertreter Großbritanniens, Frankreichs und Israels vom 22. bis 24. Oktober 1956 in einer Villa in Sèvres bei Paris, um die streng geheime »Operation Musketeer« zu planen.

Die britische Delegation wurde von Außenminister Selwyn Lloyd, die französische von Premierminister Guy Mollet und die israelische von Ministerpräsident Ben Gurion geleitet. Die Verschwörer beschlossen, Israel solle Ägypten angreifen und durch die wenig besiedelte Sinai-Halbinsel militärisch auf den Suezkanal vorstoßen. Frankreich und Großbritannien würden danach Nasser ein unannehmbares Ultimatum stellen, wodurch ein Vorwand geschaffen würde, um den Suezkanal militärisch zu besetzen. Ziel der Aktion war es, die Kontrolle über den Suezkanal zu erlangen und, so hoffte Israel, Nasser zu stürzen.

Natürlich war der geplante Krieg illegal, denn er widersprach dem Gewaltverbot der UNO-Charta, aber die Verschwörer kümmerten sich nicht um das Völkerrecht. Am 29. Oktober 1956 griff die israelische Armee planmäßig Ägypten an und besetzte die Sinai-Halbinsel. Damit machte sich Israel des Verbrechens der Aggression schuldig.

Die USA erkannten schnell, dass es sich hierbei um einen illegalen Angriffskrieg handelte und riefen schon am 30. Oktober den Sicherheitsrat zu einer Sondersitzung zusammen. US-Botschafter Henry Lodge forderte den »sofortigen Stopp der militärischen Aktionen von Israel gegen Ägypten«. Auch der Botschafter von Ägypten, Omar Loutfi, verurteilte den Angriff von Israel auf sein Land in den schärfsten Tönen. »Israelische Truppen sind an verschiedenen Orten in das ägyptische Territorium eingedrungen«, dies sei ein »äußerst gefährlicher Akt der Aggression« (3).

Der israelische Botschafter Abba Eban bestritt nicht, dass die israelische Armee Ägypten angegriffen hatte, betonte aber, dies sei ein Akt der Selbstverteidigung gewesen. Der französische UNO-Botschafter stellte sich wie abgesprochen auf die Seite Israels. Der »ägyptische Imperialismus« versuche das Gebiet vom Atlantik bis zum Persischen Golf zu kontrollieren und habe »die Vernichtung Israels« zum Ziel. Entgegen aller rechtlichen Verpflichtungen habe Ägypten zudem einen Kanal beschlagnahmt, der »für das Leben der Nationen sehr wichtig« sei.

Dann brachten Frankreich und Großbritannien wie abgesprochen ihr unannehmbares Ultimatum ein und forderten, die Streitkräfte von Ägypten und Israel müssten sich bis auf eine Distanz von 10 Meilen vom Kanal zurückziehen und britischen und französischen Truppen erlauben, strategische Positionen am Suezkanal zu kontrollieren. Man warte nur zwölf Stunden auf eine Antwort, warnte der britische Botschafter Sir Pierson Dixon, danach würden »britische und französische Truppen in der notwendigen Stärke intervenieren« (4).

Natürlich war dieses Ultimatum für Ägypten unannehmbar. Es diente den europäischen Demokratien Frankreich und Großbritannien als Vorwand, Ägypten anzugreifen. Dies war natürlich illegal, denn sie verfügten nicht über ein Mandat des Sicherheitsrates. Die Verschwörung, die es vor dem Angriff der drei Länder gegeben hatte, blieb damals geheim und wurde erst Jahre später von Historikern aufgedeckt.

»Wir haben alles in unserer Macht Stehende getan, um die Spannungen im Nahen Osten abzubauen«, beteuerte der britische Botschafter Dixon scheinheilig. »Und wenn nun die Spannungen zugenommen haben, dann daher, weil unglücklicherweise weder Israel noch seine arabischen Nachbarn auf unseren Rat und den unserer Freunde gehört haben.«

Botschafter Dixon schloss seine verlogene Rede mit den Worten, dass er »überzeugt sei, dass die Mehrheit der Sicherheitsratsmitglieder mit ihm einig gehen, dass die Taten von Frankreich und Großbritannien im Interesse des Friedens und der Sicherheit sind« (5).

Die USA brachten im UNO-Sicherheitsrat eine Resolution ein, die den Angriff Israels auf Ägypten verurteilte und den sofortigen Rückzug der israelischen Streitkräfte aus Ägypten forderte. Doch die Veto-Mächte Frankreich und Großbritannien stimmten am 30. Oktober 1956 gegen die Resolution, die daher auch nicht angenommen werden konnte. Der UNO-Sicherheitsrat war völlig blockiert.

Am nächsten Tag, am 31. Oktober, begannen die Briten und Franzosen mit der Bombardierung ägyptischer Flugplätze. Dabei handelte es sich um einen illegalen Angriffskrieg, der die UNO-Charta verletzte. Präsident Nasser, überrascht und erbost über die Angriffe, entschied, den Zufluss von Erdöl nach Europa zu unterbrechen.

Noch am Tag, als die britischen und französischen Bomben auf Ägypten fielen, versenkten ägyptische Kommandoeinheiten Dutzende mit Steinen und Zement gefüllte Schiffe im etwa 300 Meter breiten Suezkanal. Der Kanal war danach für die Schifffahrt blockiert. Weil gleichzeitig syrische Ingenieure auf Anweisung von Nasser die Erdölpipelines durch Syrien sabotierten, kam der Ölfluss aus dem Nahen Osten im November 1956 zum Stillstand, was Westeuropa in größte Sorgen versetzte.

Die von Europa in Richtung Suezkanal ausgelaufenen leeren Erdöltanker kreuzten abwartend im Mittelmeer, während die beladenen Tanker im Roten Meer regungslos im Wasser lagen und warteten. Niemand wusste, wann Nasser die Blockade des Kanals wieder aufheben würde. Und innerhalb der NATO kam es zu heftigem Streit.

Der amerikanische Präsident Eisenhower war erzürnt über das koloniale Abenteuer der Briten, Franzosen und Israelis, weil diese ihre Verschwörung nicht mit Washington abgesprochen hatten, und weigerte sich, Europa mit Erdöllieferungen über den Atlantik zu helfen. Und auch die Sowjetunion unter Nikita Chruschtschow befahl den Franzosen und Briten ultimativ, ihren Angriffskrieg einzustellen.

Damit war die Niederlage der Europäer besiegelt. Am 6. November stellten Frankreich und Großbritannien das Feuer ein und vor Weihnachten waren alle britischen und französischen Soldaten wieder zu Hause. Die Europäer waren gedemütigt und verloren ihre ehemals dominierende Stellung in der Region.

Nasser triumphierte, weil es ihm gelungen war, seine militärische Niederlage in einen politischen Sieg über zwei europäische Großmächte umzumünzen. Die von Nasser versenkten Schiffe blockierten den Suezkanal noch bis zum Frühling 1957, danach waren alle Schäden behoben und der Kanal wieder normal befahrbar. Die israelischen Truppen zogen sich von der Sinai-Halbinsel zurück. Den Assuan-Staudamm baute Nasser in den folgenden Jahren mit Hilfe von Tausenden sowjetischen Ingenieuren und Architekten. Das Prestigeprojekt wurde 1971 eingeweiht.

Der Terroranschlag auf ein Greenpeace-Schiff 1985

Wenn ein demokratisches Land wie Frankreich einen Terroranschlag im Ausland ausübt, tut es dies im Geheimen und versucht, seine Spuren zu verwischen. Um verdeckte Operationen durchzuführen, nutzen Demokratien in Europa und Nordamerika ihre Geheimdienste und Spezialeinheiten des Militärs, weil diese nur schwach durch das Parlament und die Medien überwacht werden. Viele solcher verdeckten Operationen werden nie aufgedeckt oder bleiben jahrelang geheim.

Der amerikanische Auslandsgeheimdienst CIA ist weltweit berühmt und berüchtigt, weil er 1953 zusammen mit dem britischen Geheimdienst MI6 die demokratisch gewählte Regierung von Premierminister Mohammad Mossadegh im Iran und 1973 auch die demokratisch gewählte Regierung von Präsident Salvador Allende in Chile stürzte. Beide Operationen waren natürlich illegal.

Der französische Auslandsgeheimdienst ist weit weniger bekannt als die CIA. Er heißt Direction Générale de la Sécurité Extérieure (DGSE) und hat seinen Hauptsitz in Paris. Die Aufgaben des DGSE bestehen aus Spionage und Gegenspionage außerhalb des Staatsgebietes. Für diesen Geheimdienst arbeiten derzeit etwa 3000 zivile Mitarbeiter und 1500 Militärs. Unterstellt ist der DGSE dem französischen Verteidigungsministerium.

Frankreich ist eine Nuklearmacht und hat im Südpazifik wiederholt Atombomben getestet. Dies erregte den Protest von Umweltschützern der Organisation Green­peace. Am bekanntesten und berüchtigtsten für die französischen Nukleartests ist das Mururoa-Atoll. Dort hat Frankreich von 1966 bis 1996 insgesamt 188 Atombomben gezündet, davon 41 in der Atmosphäre und 147 unterirdisch. Erst im Jahr 2000 zogen die Franzosen von Mururoa ab. Das Atoll ist heute ein verseuchtes Sperrgebiet, auf dem viel radioaktiver Abfall lagert.

Um gegen die Atombombentests der Franzosen zu protestieren, fuhr Greenpeace mit dem Schiff Rainbow Warrior in den Südpazifik. Dies erregte weltweit Aufsehen und ärgerte den sozialistischen französischen Präsidenten François Mitterand, weil die Anwesenheit von Greenpeace das Fortführen der Atomtests auf Mururoa verhinderte. Daher griff die französische Demokratie zum Instrument des Terrors und ließ das Schiff mit einer Bombe versenken.

Das Greenpeace-Schiff befand sich im Hafen von Auckland, Neuseeland, als es kurz vor Mitternacht am 10. Juli 1985 durch zwei Sprengladungen versenkt wurde. Der DGSE taufte die Aktion vielsagend »Opération Satanique«, also »teuflische Operation«. Das war ganz klar ein Terroranschlag auf Greenpeace, ausgeführt durch den demokratischen Staat Frankreich.

»Die Wahrheit ist: Frankreich hat diesen Angriff organisiert … Mitterand gab den Befehl«, so der französische Journalist Edwy Plenel von der Zeitung Le Monde. Die Recherchen von Plenel halfen, die zuvor geheime Operation aufzudecken, und zwangen den französischen Verteidigungsminister Charles Hernu zum Rücktritt (6).

Insgesamt waren ein Dutzend DGSE-Agenten in die Operation involviert. Zuerst brachte die Jacht Ouvea den Sprengstoff nach Neuseeland. Zwei DGSE-Agenten, Dominique Prieur und Alain Marfart, die mit falschen Pässen als Schweizer Ehepaar Turenge auf Hochzeitsreise getarnt in Neuseeland eingereist waren, transportierten den Sprengstoff danach von der Jacht in einem Lieferwagen im Dunkeln durch den Hafen und brachten ihn zu einem Schlauchboot mit einer Besatzung von drei Agenten.

DGSE-Agent Gerard Royal steuerte das Schlauchboot zum Greenpeace-Schiff. 500 Meter vom Ziel entfernt glitten die DGSE-Kampfschwimmer Jean-Luc Kister und Jean Cammas ins Wasser und brachten zwei mit Zeitzündern versehene Haftminen unter der Wasserlinie am Stahlrumpf des Schiffes an. Nach der Explosion der zwei Bomben setzten sich die Attentäter umgehend mit dem Schlauchboot ab.

Die erste Bombe detonierte um 23:48 Uhr und brachte das Schiff zum Sinken. Greenpeace-Kapitän und Umweltaktivist Peter Willcox war an Bord und schlief in seinem Bett. Die Detonation weckte ihn, woraufhin die Greenpeace-Besatzung das Schiff verließ. »Das Schiff ist in 45 Sekunden gesunken. Wir hatten Mühe, rechtzeitig vom Schiff zu kommen«, erinnerte sich Willcox später.

Greenpeace-Fotograf Fernando Pereira wollte noch seine Fotoausrüstung und die schon gemachten Bilder retten, wurde jedoch von der zweiten, um 23:51 detonierenden Bombe in seiner Kabine eingeschlossen und ertrank. »Mein Vater wurde umgebracht«, sagt seine Tochter Marelle Pereira, die damals acht Jahre alt war. Auch für Kapitän Peter Willcox war es ganz klar ein Mordanschlag (7).

Natürlich wurde die Explosion im Hafen von Auckland von der Polizei sofort bemerkt. Die als Schweizer Ehepaar Turenge getarnten zwei DGSE-Agenten an Land wurden von der lokalen Polizei verhaftet. Die neuseeländische Polizei fragte in Bern nach, ob die Schweizer Pässe echt seien. Die Schweizer Behörden erklärten, dass es sich um Fälschungen handelte. Die beiden DGSE-Agenten Dominique Prieur und Alain Marfart wurden wegen Totschlags zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt.

Für Historiker wie mich ist die Sprengung des Schiffes Greenpeace Warrior ein brisantes Forschungsfeld. Soll man die beteiligten DGSE-Agenten als Terroristen bezeichnen? Ohne Zweifel war es ja ein Terroranschlag. Viele Jahre war nicht bekannt, wer die Bomben legte, und keiner der beteiligten Bombenleger wollte sprechen. Das Aufklären von Terroranschlägen durch Historiker dauert immer viele Jahre.

Heute wissen wir die Wahrheit. DGSE-Agent Jean-Luc Kister hat im Jahre 2015, genau 30 Jahre nach dem Anschlag, sein Schweigen gebrochen. Gegenüber dem neuseeländischen Fernsehen erklärte er:

»Wir wollten niemanden töten. Der Tod von Fernando Pereira war ein Unfall. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, mich bei Marelle Pereira und ihrer Familie Pereira zu entschuldigen … Ich möchte mich auch bei Greenpeace entschuldigen. Und ich möchte mich bei Neuseeland entschuldigen für diese unfaire verdeckte Operation, die wir in einem friedlichen Land durchführten … Der Befehl kam von ganz oben … Wir waren Soldaten und mussten die Befehle befolgen. Jetzt bin ich pensioniert und muss nur noch meinem Gewissen folgen. Es war falsch. Völlig falsch« (8).

Admiral Pierre Lacoste, der Direktor des DGSE ab 1982, musste nach dem Skandal am 12. September 1985 zurücktreten. Doch Präsident François Mitterrand überstand die Rainbow-Warrior-Affäre. Er war seit 1981 im Amt, ein starker Befürworter der französischen Atomtests, und wurde 1995 von Präsident Jacques Chirac abgelöst. Nie hat Mitterrand zugegeben, dass er den Terroranschlag in Auftrag gegeben hat.

Bleibt die Frage, warum die DGSE-Agenten bereit waren, unbewaffnete Greenpeace-Aktivisten anzugreifen und ihr Boot mit zwei Bomben zu versenken. »Uns hat man gesagt, Greenpeace sei durch den KGB infiltriert gewesen. Das ist die Erklärung, welche man uns gegeben hat«, erinnert sich Jean-Luc Kister. Damit wurde implizit suggeriert, Moskau bekämpfe die Atomtests von Frankreich, was nicht der Wahrheit entsprach.

Natürlich hätte Frankreich das Schiff von Greenpeace auch auf offener See sprengen können. Das wäre für den DGSE am sichersten gewesen, weil dann kaum Spuren zu finden sind. Aber dann wäre die ganze Greenpeace Besatzung gestorben, das wollte man nicht. Daher hat man das Schiff im Hafen gesprengt. Mit der ersten Bombe wollte der DGSE die Menschen vom Schiff treiben, mit der zweiten das Schiff versenken.

Für mich als Historiker ist das Versenken des Greenpeace-Schiffes Rainbow Warrior durch den französischen Geheimdienst ganz klar ein Terroranschlag. Die beteiligten Agenten möchten trotzdem nicht als Terroristen bezeichnet werden und vermeiden das Wort. »War das nicht ein Terroranschlag?«, wurde Jean-Luc Kister gefragt. Worauf er antwortete:

»Für uns war es eine Sabotage-Operation, mehr nicht.« Dass dabei ein unschuldiger Zivilist getötet wurde, bedauert Kister sehr. »Meine Frau war sehr geschockt, dass jemand in dieser Operation getötet wurde, weil sie ja nicht wusste, wo ich war. Und einige Jahre später kam die Scheidung, wie bei vielen anderen auch« (9).

Der illegale Angriff auf Syrien 2017

Als im Januar 2017 mit Donald Trump ein neuer Präsident ins Weiße Haus einzog, fragten sich kritische Beobachter, wie lange es wohl dauern werde, bis die demokratischen USA ein anderes Land bombardieren. Schon am 7. April 2017 war es soweit: Präsident Trump griff als oberster Befehlshaber der US-Armee Syrien an:

Zwei amerikanische Kriegsschiffe im Mittelmeer feuerten 59 Marschflugkörper vom Typ Tomahawk des US-Rüstungskonzerns Raytheon auf den syrischen Militärflughafen al-Schairat ab.

Die amerikanischen Erstschlagwaffen steuerten das vom Weißen Haus definierte Ziel mit einer Geschwindigkeit von 800 Stundenkilometern an und flogen auf nur geringer Höhe von 15 bis 100 Metern über den syrischen Boden, bevor sie einschlugen und explodierten.

Wer noch immer dem Irrglauben anhängt, dass europäische oder amerikanische Demokratien keine souveränen Staaten angreifen, ignoriert die Zeitgeschichte. Schon Trumps Vorgänger, Präsident Barack Obama, hatte im September 2014 damit begonnen, Syrien zu bombardieren. Doch sowohl der Angriff von Obama wie auch jener von Trump auf Syrien sind illegal, weil die USA nicht über ein Mandat des UNO-Sicherheitsrates verfügen.

Wie zuvor dargelegt und in meinem Buch »Illegale Kriege« an vielen Beispielen explizit dargestellt, billigt die Charta der Vereinten Nationen den Einsatz von Gewalt nur dann, wenn ein angegriffener Staat sich verteidigt oder der UN-Sicherheitsrat den Militärschlag genehmigt hat. Beides war hier nicht der Fall. Syriens Präsident Baschar al-Assad hatte die USA nicht bombardiert, es lag also kein Fall von Selbstverteidigung vor. Und der Sicherheitsrat der UNO hatte weder Präsident Obama noch Präsident Trump ein Mandat erteilt, Syrien zu bombardieren (10).

»Es ist peinlich geworden, ein Amerikaner zu sein«, bedauerte der US-Amerikaner Paul Craig Roberts selbstkritisch im Frühling 2017. »Trump hat Syrien mit US-Streitkräften angegriffen und ist somit früh in seiner Regentschaft zum Kriegsverbrecher geworden«, so die klaren Worte von Roberts. Mit Jahrgang 1939 hat Roberts selbst viel miterlebt und diente unter Präsident Ronald Reagan als Abteilungsleiter für Wirtschaftspolitik im Finanzministerium.

Roberts weiß, dass die UNO-Charta Angriffskriege verbietet. Daher kritisiert er, dass Präsident Bill Clinton 1999 Serbien bombardierte, ohne ein Mandat der UNO zu haben. Dass Präsident George Bush Junior 2003 den Irak angegriffen hat, erneut ohne Mandat der UNO; dass Präsident Barack Obama 2014 Syrien bombardierte; und dass nun auch der neue Präsident Trump das Völkerrecht missachtet. »Unser Land hatte vier kriminelle Präsidenten in Folge«, so das ernüchternde Fazit von Roberts (11).

Weil Russland an der Seite der syrischen Armee gegen die Terrormiliz IS in Syrien kämpft, birgt Trumps Angriff die Gefahr einer direkten Konfrontation der Atommächte USA und Russland. Die von Trump illegal angegriffene Schairat-Basis beherbergte auch Gebäude für russische Soldaten und russisches Militärgerät.

Kurz vor dem Angriff hatte Washington das russische Militär noch informiert, sodass die amerikanischen Tomahawks keine russischen Soldaten töteten. Da in Syrien die russischen Luftabwehrsysteme S-300 und S-400 stationiert sind, bleibt die indirekte Konfrontation der Atommächte dennoch brandgefährlich und erinnert an die Kubakrise 1962.

»Es ist bedrückend, dass den ohnehin zerbrochenen Beziehungen zwischen Russland und den USA weiterer Schaden zugefügt wird«, mahnte der russische Außenminister Sergei Lawrow. Und Präsident Putins Sprecher Dimitri Peskow verurteilte die »Aggression gegen einen souveränen Staat« und den Verstoß gegen die UNO-Charta scharf (12).

Auch Dieter Deiseroth, ehemaliger Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, schätzt den Angriff Trumps auf Syrien als sehr gefährlich ein. Der Angriff sei illegal, betont Deiseroth, und verletze »die territoriale Integrität des UN-Mitgliedsstaates Syrien gravierend«. Gemäß dem im Völkerrecht verankerten Prinzip der Selbstverteidigung hätte Syrien nun das Recht, sich zusammen mit seinen Alliierten Russland und Iran gegen den amerikanischen Angriff zu verteidigen.

»Syrien hatte und hat bei weiteren US-Militäraktionen dieser Art auch künftig ein Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung und dürfte mithin auch seine Verbündeten – also zum Beispiel Russland und den Iran – völlig legal um militärische Unterstützung bitten. Es ginge dann um kollektive Selbstverteidigung dieser Staaten gegen die USA«, so Deiseroth.

Dies sei »eine hochexplosive Situation«, weil eine direkte Konfrontation der Atommächte USA und Russland weitreichende Folgen hätte (13).

Zwei Tage vor dem Angriff auf Syrien hatte die amerikanische UN-Botschafterin Nikki Haley mit Verweis auf einen ungeklärten Giftgasangriff von Chan Scheichun vom 4. April 2017 den illegalen militärischen Alleingang angekündigt:

»Wenn die Vereinten Nationen es anhaltend versäumen, ihrer Pflicht zum gemeinsamen Handeln nachzukommen, dann gibt es einen Zeitpunkt im Leben von Staaten, an dem wir gezwungen sind, unsere eigenen Aktionen zu ergreifen«, hatte sie gewarnt (14).

Doch dieses Recht auf Angriffskriege hat keiner der 193 UN-Mitgliedstaaten, auch nicht die amerikanische Demokratie. Wer auch immer hinter dem hinterhältigen Einsatz des Giftgases steckt: Dieses Verbrechen rechtfertigt keinen Völkerrechtsbruch durch die USA und muss aufgeklärt werden. Zu präsent sind noch die Kriegslügen von Präsident George Bush Junior, der 2003 mit Verweis auf ABC-Waffen seinen illegalen Angriffskrieg auf den Irak begründete.

Fazit

Es ist an der Zeit, dass die Bevölkerungen in den Demokratien von Europa und Nordamerika offen über die globale Gewaltspirale diskutieren, in der wir uns gegenwärtig befinden. Natürlich treiben nicht nur Demokratien diese Gewaltspirale an. Aber es scheint mir wichtig, dass auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz offen über den Anteil des Westens an der mit dieser verbundenen Eskalation gesprochen wird.

Die Verbrechen der NATO-Staaten müssen ehrlich analysiert werden, damit daraus die notwendigen Konsequenzen gezogen werden können. Der illegale Angriff Frankreichs und Großbritanniens auf Ägypten 1956, der illegale Terroranschlag Frankreichs auf das Schiff von Greenpeace 1985 und der illegale Angriff der USA auf Syrien 2017 zeigen mit aller Deutlichkeit, dass auch Demokratien die Gewaltspirale antreiben.

Zu oft sehen wir den Splitter im fremden Auge, aber nicht den Balken im eigenen.

Mehr fundierte Analyse zum Thema in diesem aktuellen Buch:

Fassadendemokratie und Tiefer Staat

Quellen und Anmerkungen:

(1) Daniel Yergin: Der Preis. Die Jagd nach Öl, Geld und Macht, Fischer 1991, S. 605 und 608
(2) Daniel Yergin: a.a.O, S. 609
(3) UNO-Sicherheitsrat, 30. Oktober 1956
(4) Ebenda
(5) Ebenda
(6) Edwy Plenel. Zitiert in: French Secret Service Agent Who Led Fatal 1985 Bombing of Greenpeace Ship Breaks His Silence. Democracy Now, 8. September 2015
(7) Ebenda
(8) Ebenda
(9) Ebenda
(10) Vergleiche: Daniele Ganser: Illegale Kriege. Wie die NATO-Länder die UNO sabotieren. Eine Chronik von Kuba bis Syrien. Zürich Orell Füssli Verlag 2016
(11) Paul Craig Roberts: A Government of Morons, 15. April 2017, www.paulcraigroberts.org
(12) Diesmal präsentieren sie nicht einmal Fakten. Tages-Anzeiger vom 7. April 2017
(13) Marcus Klöckner: »Der von Trump angeordnete Raketenangriff ist eine schwere völkerrechtswidrige Straftat«. Ein Interview mit Dieter Deiseroth. NachDenkSeiten vom 10. April 2017
(14) Trump im Syrien-Dilemma.

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Dieser Artikel erschien als Online-Erstveröffentlichung beim Rubikon-Magazin.

Dieses Werk ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen dürfen Sie es verbreiten und vervielfältigen.
Anmerkung: Der „Giftgasangriff“ wurde im Wesentlichen von den Weißhelmen erstellt.

Geleaktes Memo der US-Regierung: Menschenrechte sind lediglich eine außenpolitische Waffe

Ein diplomatischer Top-Berater des Außenministers der USA, Rex Tillerson, fertigte für diesen eine kurze Anleitung über den Umgang mit dem Thema Menschenrechte in der US-Außenpolitik an. Darin steht, was wir alle schon wussten, nun aber auch als offizielles Statement vorliegt: Die Menschenrechtsthematik setzen die USA lediglich als billigen außenpolitischen Trick gegen ihre erklärten Feinde ein und Verbündete wie beispielsweise Saudi-Arabien haben nichts zu befürchten.

Das kurze Memo des US-Außenministeriums (State Department) vom Mai 2017 gelangte einige Monate später an die Öffentlichkeit und wurde von dem Magazin Politico veröffentlicht, welches natürlich auch einen Artikel zu dem Thema herausbrachte: „Leaked memo schooled Tillerson on human rights“ (19.12.2017).

Auf Deutsch übersetzt lautet der letzte Absatz des Schriftstücks zur US-Menschenrechtspolitik in etwa wie folgt: „Eine nützliche Richtlinie für eine realistische und erfolgreiche Außenpolitik ist, dass Verbündete anders – und besser – als Gegner behandelt werden sollten. Anderfalls haben wir am Ende mehr Gegner und weniger Verbündete. Es gibt ein klassisches Dilemma der Balance zwischen Idealen und Interessen in Bezug auf unsere Verbündeten. In Bezug auf unsere Konkurrenten gibt es hier ein wesentlich geringeres Dilemma. Wir haben nicht vor, Amerikas Gegner in Übersee zu stärken; wir wollen Druck auf sie ausüben, mit ihnen in Wettstreit treten und sie ausmanövrieren. Aus diesem Grund sollten wir Menschenrechte als ein wichtiges Problem in Bezug auf die US-Beziehungen zu China, Russland, Nord Korea und Iran betrachten. Und das nicht nur wegen moralischer Bedenken bezüglich der Praktiken in diesen Ländern. Sondern auch, weil das Druck ausüben auf diese Regime durch Menschenrechte ein Weg ist, diesen Kosten aufzubürden, Gegendruck anzuwenden und strategisch die Initiative von ihnen zurückzuerobern.“.

Im englischen Original lautet dieser Text: „One useful guideline for a realistic and successful foreign policy is that allies should be treated differently — and better — than adversaries. Otherwise, we end up with more adversaries, and fewer allies. The classic dilemma of balancing ideals and interests is with regard to America’s allies. In relation to our competitors, there is far less of a dilemma. We do not look to bolster America’s adversaries overseas; we look to pressure, compete with, and outmaneuver them. Forthis reason, we should consider human rights as an important issue in regard to US relations with China, Russia, North Korea, and Iran. And this is not only because of moral concern for practices inside those countries. It is also because pressing those regimes on human rights is one way to impose costs, apply counter-pressure, and regain the initiative from them strategically.“

Nächstes Ziel Iran

Mit einem Angriff auf den Golfstaat wollen die USA einen beispiellosen Zyklus von Kriegshandlungen im Nahen Osten vollenden.

Der ehemalige NATO-Oberbefehlshaber und US-General Wesley Clark beschrieb gegenüber dem US-Sender Democracy Now einen Besuch im Pentagon, kurz nach dem 11. September 2001 (1). Ein General habe ihn in sein Zimmer gerufen und ihm offenbart, dass die USA einen Krieg gegen den Irak beginnen werde. Warum?, habe Clark gefragt, woraufhin der General gesagt habe, er wisse es nicht: „Wenn das einzige Werkzeug, das Du hast, ein Hammer ist, muss jedes Problem wie ein Nagel aussehen.“

Wenige Wochen später, die USA bombardierte Afghanistan, habe Clark den General im Pentagon erneut gesehen. Ob man noch immer plane, den Irak anzugreifen, habe er wissen wollen. „Schlimmer“, habe der General geantwortet. Dann habe er ihm eine Anordnung des Verteidigungsministers gezeigt, damals war das Donald Rumsfeld.

„Hier steht, wie wir sieben Länder in fünf Jahren zu Fall bringen werden. Angefangen mit dem Irak, dann Syrien, Libanon, Libyen, Somalia, Sudan und schließlich Iran.“

Die USA haben ernst gemacht. Nicht in der Reihenfolge doch alle genannten Länder wurden im „Krieg gegen den Terror“ seit 2001 militärisch und/oder durch Sanktionen und Embargos wirtschaftlich destabilisiert oder zerstört. Irak: 2003 …; Syrien: 2011 …; Libanon: 2006 …; Libyen: 2011 …; Somalia: anhaltender Krieg; Sudan: geteilt, anhaltender Krieg.

Nun, die Zerstörung Syriens ist noch nicht ganz abgeschlossen, hat die US-Administration ein internationales Abkommen einseitig gekündigt, Wirtschaftssanktionen verhängt und verschärft, Kriegsschiffe vor die Küste des Iran geschickt. Jetzt hat US-Präsident Donald Trump angekündigt, dass — zur „Verteidigung nationaler Interessen“ — 1000 US-Marines in die Region geschickt würden. Trump war eigentlich dafür gewählt worden, dass er die US-„Jungs“ von den Kriegsschauplätzen im Mittleren Osten „nach Hause“ holen wollte.

Anonyme Angriffe

Die wachsende Militärpräsenz im und um den Persischen Golf begründet Washington mit ungeklärten Anschlägen auf vier Öltanker in den Arabischen Emiraten Mitte Mai und weiteren Anschlägen auf zwei Öltanker Mitte Juni, die durch den Golf von Oman fuhren. Zu den ersten Anschlägen, über die Medien nur wenig berichteten, sagte der Außenminister der Emirate, Abdullah Bin Zayed Al Nahyan zurückhaltend, ein „staatlicher Akteur“ habe die Angriffe ausgeführt. Den Namen dieses „staatlichen Akteurs“ nannte er nicht (2).

Am 13. Juni traf es zwei weitere Tanker im Golf von Oman. Dabei handelte es sich um den norwegischen Tanker „Front Altair“ und den japanischen Tanker „Kokuka Courageous“. Die Mannschaft des einen Schiffes wurde von einem iranischen Handelsschiff aufgenommen, in den Hafen Jask gebracht und am nächsten Tag nach Dubai geflogen. Die Mannschaft des anderen Schiffes wurde von einem US-Kriegsschiff aufgenommen.

Unklar ist, was geschehen ist. Die USA, Großbritannien und Saudi Arabien beschuldigten umgehend den Iran, genauer gesagt die Iranischen Revolutionsgarden, Haftminen an den Schiffen zur Explosion gebracht zu haben. US-Präsident Donald Trump bezeichnete den Iran als „Terrornation“. Der japanische Inhaber des Schiffes „Kokuka Courageous“ erklärte dagegen, seine Mannschaft habe von zwei Flugobjekten gesprochen, die das Schiff getroffen und Explosionen ausgelöst hätten. Weder für die eine noch für die andere Darstellung wurden Beweise vorgelegt. UN-Generalsekretär Antonio Gutierrez forderte eine unabhängige UN-Untersuchung.

Pompeo beschuldigt Iran

Derweil übernahm US-Außenminister Mike Pompeo das Reden. Nur wenige Stunden nach den Anschlägen informierte er die Weltpresse darüber, dass nur der Iran als Täter für die Anschläge in Frage käme (3). Zu dem Schluss sei man nach der Auswertung von geheimdienstlichen Informationen, durch die eingesetzten Waffen und „das Maß an Kenntnis“ gekommen, „die für so eine Operation nötig“ sei. Ähnliche Angriffe habe Iran schon früher auf Schiffe verübt.

„Die Tatsache, dass keine Stellvertretergruppen in dem Gebiet im Einsatz sind, die die Möglichkeiten und Kenntnisse für solche Taten haben, die mit einem hohen Maß an Erfahrung verübt worden seien“, käme nur der Iran als Täter in Frage. Man müsse zudem verstehen, dass die Angriffe im Rahmen einer 40 Jahre währenden „nicht provozierten Aggression gegen freiheitsliebende Nationen“ stünden. Dann zählte Pompeo eine Reihe von Übeltaten auf, die der Iran angeblich verübt habe. Für keine konnte er mit Beweisen eine iranische Täterschaft nachweisen.

Mit dem Angriff auf einen japanischen Öltanker habe der Iran zudem Japan beleidigt, so Pompeo weiter. Dessen Ministerpräsident Abe habe sich zum Zeitpunkt der Angriffe in Teheran aufgehalten, um zwischen Iran und den USA zu vermitteln. Dann ging Pompeo zum Angriff auf den iranischen Außenminister Jawad Zarif über. Nichts rechtfertige die Angriffe des Iran gegen unschuldige Zivilisten und den internationalen Ölhandel, so Pompeo. „Die internationale Gemeinschaft verurteile den Iran“ dafür. Man werde den Angriff vor den UN-Sicherheitsrat bringen. Die USA wollten nichts anderes, als dass der Iran wieder an den Verhandlungstisch komme, um neu über das Atomabkommen zu verhandeln. Es gehe den USA um Diplomatie und weiter:

„Die Vereinigten Staaten werden ihre Streitkräfte und Interessen verteidigen, an der Seite unserer Partner und Verbündeten stehen und den globalen Handel und die regionale Stabilität bewahren.“

Untermalt wurden die Behauptungen von Pompeo wenig später mit der Präsentation eines verwackelten Schwarz-Weiß Videoclips. Darauf zu sehen sind angeblich iranische Revolutionsgarden auf einem heftig schaukelnden Boot, wie sie — so die US-Erklärung — eine Haftmine vom Rumpf eines Öltankers entfernen, angeblich um Spuren zu verwischen. Einen Tag später wurden weitere unscharfe Fotos präsentiert.

Iran gibt Contra

Iran wies die Anschuldigungen kategorisch zurück. Parlamentssprecher Ali Larijani reagierte mit bissiger Ironie auf die Äußerungen aus Washington. Die USA habe in der Vergangenheit Operationen unter „falscher Flagge“ verübt, selbst eigene Schiffe seien angegriffen worden, um einen Kriegsgrund zu schaffen, sagte er (4). Es sei daher nicht ausgeschlossen, dass die USA selber hinter den Angriffen auf die Öltanker stehe. Washington wolle den internationalen Druck auf Iran erhöhen, weil die Politik von Sanktionen und „maximalem Druck“ nicht den gewünschten Erfolg brächten.

Die Aufforderung von Pompeo, der US-amerikanischen Diplomatie diplomatisch zu begegnen, kommentierte Larijani besonders spöttisch: „Ist es etwa Diplomatie, mit Akten des wirtschaftlichen Terrorismus [Wirtschaftssanktionen]“ gegen den Iran vorzugehen, fragte er. Sanktionen, die die US-Administration selber „als die härtesten aller Zeiten bezeichnen?“ Ob es diplomatisch sei, „gegen die Vereinbarungen im Atomabkommen zu verstoßen und einen Wirtschaftskrieg gegen die iranische Nation zu führen?“

Der iranische Admiral Ali Shamkhani legte nach. „Ziehen Sie sich von unseren Grenzen zurück“, forderte er die USA auf. Sie seien die „Hauptquelle für Krisen und Instabilität“ in der Region. Die militärische Präsenz der USA im Persischen Golf sei nichts als eine Drohung, so der Admiral weiter. Iran habe immer betont, die Sicherheit der Seefahrt an der Straße von Hormus zu gewährleisten, es brauche dafür die USA nicht. Er erinnerte an den Passagierflug 655 der Iranischen Fluglinie, der während des Iran-Irak-Krieges 1988 von einem US-Zerstörer abgeschossen worden war. Angeblich sollte damit Schutz für einen kuwaitischen Öltanker gewährt werden. 290 Personen, 274 Passagiere und 16 Crew-Angehörige wurden getötet.

Shamkhani verwies ebenfalls auf „False Flag“ Operationen der USA, mit denen Angriffe auf Staaten gerechtfertigt worden seien. „False Flag“ heißt „Unter falsche Fahne“ und bedeutet, dass ein Land oder eine Organisation einen Angriff verübt und es so aussehen lässt, als habe ein anderes Land, eine andere Organisation den Angriff verübt. Das wird dann benutzt, um das andere, angeblich schuldige Land, anzugreifen. Shamkhani erwähnte auch Cyber-Angriffe, die die CIA gegen den Iran verübt habe. Iran habe erst kürzlich einen Cyber-Spionagering mit 290 Personen im Iran und in der Region enttarnt.

Iran gilt als der Wächter der Straße von Hormus, einer strategisch wichtigen Meerenge, die vom Indischen Ozean über den Golf von Oman in den Persischen Golf führt. Dort liegen die Ölverladestationen Irans, Iraks, Kuwaits, Saudi Arabiens, Bahrains, Katars und der Vereinigten Arabischen Emirate. In unmittelbarer Nachbarschaft der Ölhäfen — außer im Iran — sind Stützpunkte der US-Armee, der Briten, der Franzosen. Der Iran, ein Blick auf eine Karte macht das deutlich, ist von westlichen Militärstützpunkten in der Türkei, auf der Arabischen Halbinsel und in Afghanistan eingekreist (5).

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Das „B-Team“

Der iranische Außenminister Javad Zarif reagiert am 14. Juni per Twitter und benutzte einen Begriff, der in der Region mittlerweile gut bekannt ist. „Das #B_Team sabotiert Diplomatie (einschließlich den wichtigen und konstruktiven Besuch von PM@AbeShinzoo) und leugnet #Wirtschaftsterror durch die USA gegen Iran“, hieß es in der kryptischen Twitter-Sprache, der sich Politiker in aller Welt heute bedienen. Er ging damit auf US-Außenminister Pompeo ein, der den Iran aufgefordert hatte, diplomatisch mit den USA umzugehen (siehe oben).

Zarif verwies auf den Besuch des japanischen Ministerpräsidenten Abe Shinzoo in Teheran zu dem Zeitpunkt, als die beiden Tanker, darunter ein japanischer Tanker, angegriffen wurden. Und er erwähnte die US-Wirtschaftssanktionen, die er als „Wirtschaftsterror“ bezeichnete und die von den USA gegen den Iran und alle verhängt wurden, die mit dem Iran Handel treiben wollen.

Die aktuelle militärische Eskalation im Mittleren Osten wird in der Region auch „Plan B“ genannt, dessen Architekten — die Architekten des Krieges — ist das B-Team. Das „B“ steht für John Bolton, Benjamin „Bibi“ Netanyahu und Mohammed Bin Salman. Bolton ist der nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, „Bibi“ ist der Spitzname des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu und Mohammed Bin Salman ist der saudische Kronprinz und Sohn des saudischen Königs Salman.

Diese drei „B“s machen aus ihrem Hass und ihrer Verachtung gegen den Iran keinen Hehl, wobei ihre jeweiligen Beweggründe verschieden sind.

John Bolton gilt als einer der Architekten des völkerrechtswidrigen Irakkrieges (2003) und war später kurzfristig US-Botschafter bei den Vereinten Nationen. Kritiker bezeichneten ihn damals auch als „Israel‘s Mann in der UNO“ (6). Er gilt als überzeugter Unterstützter der iranischen Exilgruppe Mujahedeen Khalk (MEK) oder Volksmujaheddin. Im März 2018 trat Bolton bei einer Versammlung der Gruppe (gegen Honorar) als Redner auf und versprach ihnen, auf Präsident Trump einzuwirken, um „das Regime in Teheran zu stürzen“ und die Volksmujaheddin an die Macht zu bringen (7). Damals plädierte Bolton dafür, dass der Umsturz noch vor dem 40. Jahrestag der Islamischen Revolution, dem 11. Februar 2019, stattfinden sollte, man werde dann „gemeinsam in Teheran feiern”. Trotz intensiver Anstrengungen hat Bolton diese Frist verfehlt.

„Bibi“ Netanyahu begründet seine Macht darauf, in Israel und weltweit die Angst vor dem Iran zu schüren. Sein Lieblingsthema: die iranische Atombombe. Dass Israel selber über rund 300 atomare Sprengköpfe verfügt, sagt er nicht. Der IAEA und anderen UN-Kontrollbehörden wird der Zugang in Israel verweigert. Bei Reden vor der UN-Vollversammlung präsentiert „Bibi“ Karten und Skizzen, um die iranische Bedrohung plakativ zu propagieren und das Internationale Atomabkommen mit Iran zu diffamieren (8). Forderungen nach mehr Rüstungshilfe, mehr Land, mehr Angriffen auf die Nachbarländer Syrien, Libanon und den Gazastreifen, rechtfertigt er stets mit der Warnung vor dem „großen Satan“ Iran, der Israel vernichten wolle. Mit Unterstützung der US-Außenpolitik, vor allem von Außenministerin Hillary Clinton, wurden die Golfstaaten vor einem unmittelbar bevorstehenden Überfall des Iran gewarnt. Ihre Aufrüstung beschleunigte sich. Netanyahu bot — zu deren Schutz — den Emiraten zunächst geheimdienstliche Kooperation an, nun sollen die Wirtschaftsbeziehungen ausgebaut, militärische und politische Beziehungen vereinbart werden (9).

Mohammed Bin Salman gilt als „Hitzkopf“, der mit Gegnern in der eigenen Familie nicht zimperlich umgeht. Er pflegt enge Beziehungen mit dem Schwiegersohn von Donald Trump und Nahostberater Jared Kushner und unterstützt diesen beim sogenannten „Jahrhundertdeal“, mit dem Trump den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern lösen will. Westliche Medien stellen ihn vielfach als „Reformer“ dar, tatsächlich ist MBS, wie er in der Region genannt wird, ein Kriegstreiber. Als saudischer Verteidigungsminister sorgte er für gigantische Waffeneinkäufe, er ist der Architekt des Krieges gegen den Jemen. Den Geistlichen und obersten Führer der Islamischen Revolution im Iran, Ali Chamenei, bezeichnete er wiederholt als „Hitler des Mittleren Ostens“ (10).

Unterstützt werden die drei „B“s von Mike Pompeo, dem amtierenden US-Außenminister und langjährigen Chef der Central Intelligence Agency, CIA. Auch er ist ein überzeugter Feind des Iran und vor allem der Islamischen Republik, die 1979 den langjährigen und zuverlässigen US-Partner in der Region, das Schah-Regime, stürzte. Pompeo kritisierte das Atomabkommen mit dem Iran von Anfang an. Unter dem Titel „Freunde lassen ihre Freunde keine Geschäfte mit dem Iran machen“ stand über einem Artikel von ihm in der Zeitschrift Foreign Policy (11). Bei einer Anhörung im Senat sagte Pompeo: „Die Iraner sind professionelle Lügner“ (12).

Im Sommer 2017 beauftragte Pompeo — damals noch CIA-Chef — Michael D’Andrea, die verdeckten CIA-Operationen gegen den Iran zu führen (13). Der Mann leitete neun Jahre lang den CIA-Kampf gegen den Terror, einschließlich Folter und Drohnenangriffen. Selbst CIA-Kollegen flößte er Angst ein. Er konvertierte zum Islam und wird auch „Ayatollah Mike“ oder der „Dunkle Prinz“ genannt. Erfolgreich soll er die Jagd nach Osama Bin Laden zu Ende gebracht haben und war für tausende Tote verantwortlich, die dem US-Drohnenprogramm zum Opfer fielen (14).

Über ähnliche Programme verfügt auch das Pentagon mit dem JSOC, dem Joint Special Operations Command (15). Seit der Gründung im Jahr 1980 waren ihre Sondereinsatzkommandos im Iran, Panama, Grenada, Pakistan, Jemen, Somali, Irak im Einsatz, um nur einige Staaten zu nennen. Unterstellt ist dem JSOC auch die „U.S. Naval Special Warfare Development Group“, die Kritikern zufolge bei manchen Einsätzen mehr als 20 Personen pro Nacht getötet haben sollen (16).

Es gibt jede Menge Verbindungen zwischen Pompeo und dem „B-Team. Erst im Januar 2019 wurde zwischen US-Außenminister Mike Pompeo und dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu die enge Zusammenarbeit besiegelt. Beide trafen sich bei der Amtseinführung des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro (17). Man habe viel miteinander zu besprechen gehabt, sagte Netanyahu über seine Begegnung mit Pompeo. Es sei um die „intensive Kooperation zwischen Israel und den Vereinigten Staaten von Amerika“ gegangen, man werde „unsere geheimdienstliche und operative Kooperation in Syrien und andernorts intensivieren, um die iranische Aggression im Mittleren Osten zu stoppen. Das ist ein gemeinsames Ziel (18).“

Iran in der Region

Schon 1953 war die CIA am Putsch gegen die legitime Regierung von Ministerpräsident Mohammed Mossadegh beteiligt, was den Schah wieder an die Macht brachte, einen zuverlässigen Partner der USA (19). Doch der wurde mit der Islamischen Revolution im Jahr 1979 gestürzt, die USA verhängte Wirtschaftssanktionen gegen Iran. Das Land überstand den achtjährigen Irak-Iran-Krieg von 1980 bis 1988, zu dem die USA und der Westen den Irak gedrängt und aufgerüstet hatten.

Nach der völkerrechtswidrigen israelischen Invasion und Besatzung des Libanon ab 1982 stärkte der Iran die damals entstandene Hisbollah und auch palästinensische Widerstandsgruppen wie die Hamas werden vom Iran unterstützt. Nach dem völkerrechtswidrigen US-Krieg gegen den Irak 2003 nutzte der Iran die Chance und baute seinen Einfluss im Irak aus. Seit 2011 unterstützen iranische Militärexperten Syrien im Krieg gegen terroristische Organisationen der Al Qaida und gegen Kampfverbände, die vom westlichen Ausland und Israel unterstützt werden, um die Regierung in Damaskus und Präsident Bashar al Assad zu stürzen. Seine Position gilt den USA, Europa und den Golfstaaten als „strategische Tiefe der schiitischen Expansion (20).“

Trotz Kriegen, Stellvertreterkriegen und Wirtschaftssanktionen, die die USA und Israel, der engste US-Verbündete in der Region gegen Iran anzettelten, ist das Land zu einer Regionalmacht aufgestiegen, die die westlichen Herrschafts- und Kontrollpläne in der Region mit eiserner Entschlossenheit abwehrt und das mit einem hohen Blutzoll bezahlt hat.

Heute stehen mit Russland und China zwei Großmächte an der Seite des Iran, die aktiv eine neue, multipolare Weltordnung mitgestalten. Die Aggressivität, mit der die drei „B“s, Pompeo und die US-Administration dem Iran begegnen, richtet sich auch gegen Russland und China und die von diesen neu gestaltete internationale Politik.

Dazu auch ein Interview mit der Autorin, das am 4. Juni 2019, nur wenige Tage vor der jüngsten Eskalation um den Iran geführt wurde:


Quellen und Anmerkungen:

(1) Ausschnitt aus einem Interview mit General Wesley Clark bei Democracy Now, März 2007: https://www.youtube.com/watch?v=kkE8Gp-nWEs
(2) https://www.youtube.com/watch?v=bMeG-6hOyjY
(3) https://www.state.gov/secretary-of-state-michael-r-pompeo-remarks-to-the-press/
(4) https://deutsch.rt.com/kurzclips/89266-iran-uber-tanker-angriffe-an/
(5) https://www.wrmea.org/012-may/two-views-who-wants-war-with-iran.html
(6) https://www.counterpunch.org/2006/07/27/israel-s-man-at-the-un/
(7) https://theintercept.com/2018/03/23/heres-john-bolton-promising-regime-change-iran-end-2018/
(8) https://www.youtube.com/watch?v=4xCBbPnE3oE
(9) https://www.theguardian.com/news/2019/mar/19/why-israel-quietly-cosying-up-to-gulf-monarchies-saudi-arabia-uae
(10) https://www.youtube.com/watch?v=bE_ZbK1YIBU
(11) https://foreignpolicy.com/2016/09/20/friends-dont-let-friends-do-business-with-iran-un-general-assembly-obama/
(12) https://www.nytimes.com/2017/06/02/world/middleeast/cia-iran-dark-prince-michael-dandrea.html
(13) https://www.nytimes.com/2017/06/02/world/middleeast/cia-iran-dark-prince-michael-dandrea.html
(14) https://theintercept.com/drone-papers/
(15) Jeremy Scahill, Schmutzige Kriege; https://www.youtube.com/watch?v=rFXa05e52N4
(16) SEAL Team 6: A secret History of Quiet Killing https://www.nytimes.com/2015/06/07/world/asia/the-secret-history-of-seal-team-6.html
(17) https://www.jpost.com/Israel-News/Pompeo-meets-Netanyahu-Our-obligations-to-Israel-remain-unchanged-576042;
(18) Press Statements Netanyahu Pompeo in Brasil: https://www.youtube.com/watch?v=kmjPb0xAlDc
(19) CIA bestätigt Rolle beim Putsch im Iran 1953:https://nsarchive2.gwu.edu/NSAEBB/NSAEBB435/
(20) http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Syrien1/salafisten.html

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Dieser Beitrag erschien zuerst im Rubikon-Magazin.
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