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US-Repräsentantenhaus untersagt US-Regierung Unterstützung und Ausbildung von ukrainischen Nazi-Bataillonen

Das US-Repräsentantenhaus hat am 10. Juni 2015 in einem Amendment zu dem Gesetz „Department of Defense Appropriations Act of 2015“ der US-Regierung und damit auch dem US-Militär untersagt, weiterhin die Einheiten des ukrainischen Neonazibataillons „Asow“ finanziell und technisch zu unterstützen und durch US-Soldaten ausbilden und trainieren zu lassen. Das Bataillon Asow gehört zu den Truppen der Kiewer Regierung um Ministerpräsident Jazenjuk und Präsident Poroschenko. Die genannte Gesetzesnovelle wurde nach Vorschlag durch die beiden Kongreßabgeordneten John Conyers (siehe dazu auch seine Pressemitteilung ganz unten) und Ted Yoho vom Gesetzgeber – Repräsentantenhaus – angenommen. Ob die US-Regierung sich tatsächlich an die Vorgaben in der Form halten wird oder ob die zu trainierenden Nazis einfach umgruppiert werden beziehungsweise die Unterstützung über Umwege die Asow-Regimenter erreicht, wird sich zeigen. Es ist zumindest nicht ganz unwahrscheinlich.

conyers

Die ukrainischen Nazikämpfer sind derweil empört und verleihen der Empörung über die Aussagen der (einiger) Mitglieder des US-Repräsentantenhauses heute in einem Artikel auf ihrer PR-Plattform „Euromaidan Press“ Ausdruck. „The Azov regiment is ‚outraged‘ by statements in the USA House of Representatives“ heißt es dort. In der englischsprachigen internationalen Presse findet die spektakuläre Nachricht – nach langem Zögern werden die seit Monaten bekannten Nazifronttruppen der ukrainischen Regierung tatsächlich auch von offiziellen westlichen Stellen erstmals als Nazis benannt – kaum Widerhall. In der deutschsprachigen Qualitätspresse sucht man die – eigentlich ja sensationelle – Meldung sogar völlig vergebens. Dabei hätte die deutsche Presse hier etwas gut zu machen, bezeichnet sie doch die Nazikämpfer normalerweise lieber als heldenhafte „Freiwilligenbataillone„, die „die Ukraine gerettet haben“ (Die Zeit).

Das Bataillon Asow – welches auch gerne vom Kiewer Bürgermeister und Ex-Boxchampion Vitali Klitschko unterstützt wird – ist das größte und bekannteste von unzähligen weiteren ursprünglich irregulären, privat finanzierten Bataillonen, die auf der Seite der ukrainischen Regierung kämpfen und für viele Gräueltaten verantwortlich gemacht werden. Das politische Spektrum der Kämpfer dieser Bataillone reicht dabei von ukrainisch-nationalistisch (noch die Harmlosesten) bis Hardcore-Nazi. Nach dem gewaltsamen Putsch und Regierungswechsel in Kiew im Februar 2014 im Rahmen der Maidan-Proteste formierten sich diese Kampfgruppen – beziehungsweise wurden von ukrainischen pro-westlichen Oligarchen gebildet – und gingen in die Ostukraine, um den Widerstand der dortigen Bevölkerung gegen den Machtwechsel zu brechen (Die ukrainische Armee zerfiel derweil beziehungsweise deren Soldaten weigerten sich teilweise, auf die eigenen Leute zu schießen oder liefen über). Daraus entwickelte sich der heutige Ukraine-Krieg im Donbass.

Das Asow-Bataillon (Hier in einem Video beim Bruch des Minsk-II-Waffenstilstandsabkommens zu sehen) und die anderen „wilden Kämpfer“ gehören seit Monaten offiziell zu den ukrainischen Regierungstruppen. Sie wurden als „Nationalgarde“ in die Regierungstruppen eingegliedert (Mehr dazu im Blauer-Bote-Übersichtsartikel „Bataillon Asow – Ukrainische Nationalgarde„) und unterstehen dem Innenministerium. Die US-Regierung nun bildet seit Wochen die ukrainische Nationalgarde aus (und nicht etwa die reguläre ukrainische Armee) und hat dazu eine dreistellige Zahl von soldatischen Ausbildern in die Ukraine geschickt. Also genau diese ominösen Kämpfer, die mindestens Nationalisten, oft aber auch Nazis sind. Hier noch einige Zitate und Querverweise zu dem Thema:

Die Schweizer Nachrichtenseite 20min.ch schreibt in einem Dossier mit dem Titel „Ukraine setzt Neo-Nazis gegen Separatisten ein“ unter anderem folgendes: „Beim Kampf in der Ostukraine will die Regierung in Kiew offenbar den Teufel mit dem Beelzebub austreiben: Bekennende Neo-Nazi-Gruppen sind an vorderster Front dabei. Die Bataillone heissen Asow, Dnjepr oder Donbass. Es sind Gruppierungen Rechtsextremer, die im Frühjahr 2014 gegründet wurden und die sich zurzeit im Kampf gegen die pro-russischen Separatisten in der Ostukraine hervortun.“.

In dem Artikel „Das Bataillon Asow. Schmutziger Kampf in der Ukraine: Neonazis im Dienst der Regierung“ schreibt der ansonsten eher „freiwilligenregimentfreundliche“ Focus: „Wie der ‚Telegraph‘ berichtet, schickt das ukrainische Militär das rechtsradikale Bataillon an vorderster Front in den Kampf. In der Stadt Marinka seien die Milizionäre noch vor den Panzern der Armee vorgerückt und hätten einen Checkpoint erobert. ‚Das Wichtigste ist, dass wir einen Brückenkopf für den Angriff auf Donezk geschaffen haben. Und wenn dieser kommt, werden wir vorangehen‘, so Bilezki.“.

„… die konservative US-Nachrichtenwebseite Fox.com titelte am Montag: ‚Hat die Ukraine ein Monster geschaffen, das sie nicht kontrollieren kann?‘. Fox meinte die russophoben und zumeist offen faschistischen Truppen, die auf Seiten der Kiewer Junta in der Ostukraine an vorderster Front im Einsatz sind und dabei zahllose Kriegsverbrechen begangen haben: laut Fox ‚Entführungen von Zivilisten, Folter und Exekutionen‘ sowie Einsatz von ‚Hunger und Durst gegen Zivilisten als Kriegswaffe‘. Über 30 ‚Neonazifreiwilligenverbände‘ gibt es demnach. Ein Teil, wie das berüchtigte ‚Asow-Bataillon‘, unterstehe dem Innenministerium, ein anderer, wie z.B. der ‚Rechte Sektor‘, operiere unabhängig von Kiew. Eine dritte Gruppe – wie das ‚Dnipro-Bataillon‘ – trete als Privatarmee von mit der Junta verbandelten Oligarchen auf. Die Anführer aller drei Kategorien sitzen laut Fox inzwischen in Schlüsselpositionen der sogenannten Sicherheitsministerien und –behörden.“, schreibt jungeWelt in dem Artikel „Mediale Deeskalation? Berichte über Neonazis in Ukraine„.

Neonazis im Häuserkampf“ titelt die Frankfurter Rundschau im August 2014. In dem Artikel heißt es: „Die ukrainische Armee rückt im Osten auf Donezk vor und delegiert den Häuserkampf an ein Bataillon von Neonazis. Eine Reportage aus dem Kampfgebiet. […] Mit Beginn dieses Monats ist der Krieg in der Ostukraine in eine neue Phase eingetreten. Die Kämpfe haben die Millionenstadt Donezk erreicht, den Hauptsitz der Rebellen. Das Gefecht im Vorort Marjinka am 4. August hat es gezeigt. Es hat zugleich aber auch etwas anderes gezeigt: Die Rolle jener Freiwillligeneinheiten, die die reguläre Armee stützen. Je mehr sich der Kampf in die Städte verlagert, desto wichtiger werden sie. Das Bataillon Asow ist eine dieser Einheiten, und es ist die auffälligste. Offiziell ist es eine Sondereinheit der Polizei, faktisch geben hier Neonazis und Neuheiden den Ton an. Asow wirkt wie ausgedacht von der Propaganda des Kreml, aber es ist echt.“.

John Conyers schreibt in einer Pressemitteilung auf auf seiner Repräsentantenhaus-Seite:

U.S. House Passes 3 Amendments By Rep. Conyers To Defense Spending Bill To Protect Civilians From Dangers Of Arming and Training Foreign Forces

WASHINGTON— Late yesterday evening, the U.S. House of Representatives considered H.R. 2685, the “Department of Defense Appropriations Act of 2015.” During consideration of the legislation, Congressman John Conyers, Jr. (D-Mich.) and Congressman Ted Yoho (R-Fla.) offered bipartisan amendments to block the training of the Ukrainian neo-Nazi paramilitary militia “Azov Battalion,” and to prevent the transfer of shoulder-fired anti-aircraft missiles—otherwise known as Man-Portable Air-Defense Systems (MANPADS)—to Iraq or Ukraine.

“If there’s one simple lesson we can take away from US involvement in conflicts overseas, it’s this: Beware of unintended consequences. As was made vividly clear with U.S. involvement in Afghanistan during the Soviet invasion decades ago, overzealous military assistance or the hyper-weaponization of conflicts can have destabilizing consequences and ultimately undercut our own national interests,” said Rep. John Conyers. “I am grateful that the House of Representatives unanimously passed my amendments last night to ensure that our military does not train members of the repulsive neo-Nazi Azov Battalion, along with my measures to keep the dangerous and easily trafficked MANPADs out of these unstable regions.”

Ukraine’s Azov Battalion is a 1,000-man volunteer militia of the Ukrainian National Guard that Foreign Policy Magazine has characterized as “openly neo-Nazi,” and “fascist.” Ukraine’s Interior Minister Arsen Avakov, who oversees Ukraine’s armed militias, announced that Azov troops would be among the first units to be trained by the Pentagon in Operation Fearless Guardian, prompting significant international concern.

Since their initial use on a battlefield in 1978, MANPAD attacks have resulted in nearly 1,000 civilian deaths.

Added Conyers, “Both U.S. and Israeli officials have feared that these weapons could be used by terrorists to bring down commercial jets. As the boundaries are increasingly blurred between insurgents fighting the Syrian government and those fighting the Iraqi government, providing additional arms could further destabilize the Middle East. The same can be said for Ukraine, where an anti-aircraft missile allegedly downed Flight MH17 last summer, killing 298 civilians. The possibility that MANPADS—or any weapon—could fall into the hands of radical groups in Iraq, Syria, or Ukraine, would unquestionably increase the already-devastating human toll in both of these volatile regions.”

According to Reuters, The Azov battalion originated from a paramilitary national socialist group called „Patriot of Ukraine“, which propagated slogans of white supremacy, racial purity, the need for authoritarian power and a centralized national economy. Azov’s controversial founder, Andriy Biletsky, organized the neo-Nazi group the Social-National Assembly (SNA) in 2008.

“The Azov men use the neo-Nazi Wolfsangel (Wolf’s Hook) symbol on their banner and members of the battalion are openly white supremacists, or anti-Semites,” wrote The Telegraph. Since Azov was enrolled as a regiment of Ukraine’s National Guard in September and started receiving increased supplies of heavy arms, however, Biletsky has toned down his rhetoric, Reuters reported. According to the Washington Post, battalion members “could potentially strike pro-Russian targets on their own — or even turn on the [Ukrainian] government” if it pursues a diplomatic resolution to the conflict.

UPDATE: Hier noch der Link zu der Seite mit der Pressemitteilung

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