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Macron will den Aufstand niederschlagen

Kämpfer in Jeans und Turnschuhen misshandeln und verschleppen Demonstranten.

Bei den Protesten der Gelbwesten in Frankreich setzt der französische Präsident Emmanuel Macron auch auf ominöse Einheiten in Zivilkleidung mit roten Armbinden und ohne jegliches Hoheitsabzeichen. Diese greifen einzelne nicht-gewalttätige Gelbwesten plötzlich an, prügeln auf sie ein und verschleppen sie, wie Videos zeigen (1). 

In einem Video ist zu sehen, wie ein einzelner Gelbwesten-Demonstrant sich mit diesen Einheiten ein Wortgefecht liefert. Unvermittelt beginnen die irregulären Turnschuh-Kämpfer mit den „roten Polizeiarmbinden“ auf den unbewaffneten Mann einzuschlagen, bringen ihn zu Fall, schleifen ihn über den Boden und bringen ihre „Beute“ zur Gefangenenannahme.

Ein weiteres Video, welches wie das oben erwähnte am 8. Dezember verbreitet wurde, zeigt ebenfalls eine solche Jagdszene auf einen Demonstranten. Mehrere vermummte Rotbinden gehen auf einen einzelnen Mann los, bringen ihn zu Fall, greifen dann filmende Journalisten mit Reizgas an und verschleppen ihr Opfer. Die Gelbwesten werden bei solchen Aktionen offenbar immer von mehreren Personen über den Boden geschleift.

Der Einsatz der Rotbinden-Kämpfer scheint aus Sicht des französischen Präsidente Macron wohl dringend geboten, schließlich erklärte sich beispielsweise die französische Polizeigewerkschaft VIGI mit den Gelbwesten-Demonstranten solidarisch und erklärte, man habe die selben Forderungen wie die Gelbwesten. VIGI kündigte deshalb am 5. Dezember einen unbefristeten Streik an, der am 8. Dezember beginnen sollte (2, 3).

Des weiteren unterstützen Umfragen zufolge 77% der Franzosen die Gelbwesten – trotz massiver Falschberichterstattung der Macron-treuen Medien über die Gelbwesten (4). Mit brutalen Aktionen gegen die demonstrierende Bevölkerung wird diese Zustimmung wohl eher wachsen als fallen. Eltern mit schulpflichtigen Kindern dürften beispielsweise kaum darüber erfreut sein, dass Polizisten Schüler wie Schwerverbrecher behandeln.

Ein bekanntes und in Frankreich heiß diskutiertes Skandalvideo vom 7. Dezember zeigt, wie Polizisten über hundert Kinder zum Knien und Halten der Hände über dem Kopf zwingen (5). Es erinnert etwas an die Behandlung von Kriegsgefangenen durch den IS vor der Hinrichtung. Das Video wurden offenbar von den stolzen Polizisten, die ihre minderjährigen Opfer verhöhnen, selbst aufgenommen und verbreitet.

Ein weiteres Video zeigt, wie ein als „Zivilpolizist“ titulierter Straßenschläger einen dünnen Schüler, der als Passant in den Straßen unterwegs ist, attackiert und mitnehmen will. Couragierte weitere Passanten verhindern das Verschleppen und die fortgesetzte Misshandlung des schwachen Jugendlichen durch den Schläger ohne Hoheitsabzeichen, welcher dann auf die Passanten losgeht und sie schlägt und beschimpft (6).

Darüber hinaus zeigen Videos von den Ereignissen in Frankreich, wie Polizisten zu Pferd einen Schüler im laufenden Verkehr jagen, wie Polizisten Demonstranten gezielt mit Projektilen in den Bauch oder ins Gesicht schießen, wie Scharfschützen am Champs Elysée auf Dächern sitzen, wie Panzerfahrzeuge anrücken oder wie die Macron-Truppen Schüler, die den Rücktritt Macrons fordern, mit Reizgas eindecken (7-11).

In einem weiteren Misshandlungsvideo ist zu sehen, wie acht Polizisten mit Schlagstöcken brutal auf einen jungen Mann einprügeln und sowie mit ihren Füßen auf ihn eintreten (12). Der einundzwanzigjährige Mehdi, der gegen Macron protestierte, liegt nun mit Verletzungen und deutlich gezeichnet durch die Gewaltorgie im Krankenhaus. Es handelt sich nicht um einen Einzelfall.

In einem anderen Fall wurde zunächst vom Tod eines Schülers berichtet. Er überlebte allerdings die Festnahme durch die Polizei, wie die französische Zeitung Liberation energisch verkündete (13). Nach Angaben der Mutter des sechzehnjährigen Schülers wurde dieser von der Polizei zu Boden geworfen, während er den Angriff der irregulären Kämpfer mit den roten Armbinden filmte. Auf dem Boden sind deutlich Blutspuren zu sehen.

Macron setzt beim Kampf gegen die Demonstranten auch die Reizgasgranate GLI-F4 ein. Diese enthält zusätzlich zu dem Reizstoff 25 Gramm des Sprengstoffes TNT und explodiert Sekunden nach ihrer Aktivierung. Immer wieder trugen in der Vergangenheit in Frankreich Demonstranten durch den Einsatz dieser Waffe schwere Verletzungen davon (14). Bei den Protesten der Gelbwesten gab es bereits etliche GLI-F4-Opfer.

Der Anwalt eines der Opfer berichtet, sein Mandant habe keine Kontrolle mehr über Teile der rechten Hand und sein Gesicht sowie die linke Körperhälfte seien mit kleinen Metall- und Plastikteilchen der Granate durchsetzt (15). Ein Video zu den Protesten zeigt schockierende Bilder der Wirkung der Granate: Einem Mann aus den Reihen der Gelbwesten, der die Granate vermutlich aufheben wollte, wurde die Hand völlig zerfetzt und in Stücke gerissen (16).

Die brutale Misshandlung von mindestens drei Gelbwesten zeigt ein Video aus einem Burger-King-Restaurant vom 7. Dezember (17). Mehrere Polizisten schlagen immer wieder mit Schlagstöcken auf die am Boden liegenden Menschen ein. Zwischendurch gehen manche weg und dann laufen sie wieder zurück, um die Demonstranten noch einmal zu verprügeln. Die Opfer sind wehrlos und bewegen sich kaum. Eine unfassbare Gewaltorgie.

Verweise

(1) http://blauerbote.com/2018/12/08/frankreich-irregulaere-kaempfer-in-jeans-misshandeln-und-entfuehren-demonstranten/
(2) https://twitter.com/VIGI_MI/status/1070399255905533955
(3) https://deutsch.rt.com/europa/80482-franzosische-polizeigewerkschaft-ruft-zum-unbefristeten-streik-an/
(4) https://www.tagesspiegel.de/politik/gelbwesten-proteste-warum-jacline-mouraud-nicht-nach-paris-fuhr/23736624.html
(5) https://twitter.com/IBN_MOHAMMAD/status/1071316604657590272
(6) https://twitter.com/NabiYuecel/status/1071113521310691329
(7) https://twitter.com/NabiYuecel/status/1071113386740641792
(8) https://twitter.com/LarryLeChanceux/status/1068946011027050498
(9) https://twitter.com/Aufstehen_Club/status/1071421617807470593
(10) http://blauerbote.com/2018/12/08/frankreich-polizei-schiesst-demonstranten-in-den-bauch/
(11) https://twitter.com/localteamtv/status/1071371310289293312
(12) https://twitter.com/FGNSD18/status/1070447287430717440
(13) https://www.liberation.fr/checknews/2018/12/08/non-un-lyceen-n-a-pas-ete-tue-par-des-policiers-a-montbeliard_1696841
(14) https://fr.wikipedia.org/wiki/Grenade_GLI-F4
(15) https://reporterre.net/Des-victimes-de-la-grenade-explosive-GLI-F4-portent-plainte
(16) https://blog.fdik.org/2018-12/s1544366786.html
(17) https://twitter.com/Ollie4themany/status/1071117904622571521

Zum Artikel

Dieser Artikel ist die unkorrigierte Rohfassung meines gestern im Rubikon-Magazin erschienenen Artikels, ergänzt um einen weiteren Absatz (Gewaltorgie im Burger King).

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14 Kommentare

  1. Gibt es irgendwelche parlamentarischen Anfragen an oder Stellungnahmen von der Regierung, wer diese irregulären Verbände sind und wessen Kommando sie unterstehen?
    Ich frage deshalb, weil solche Einheiten nicht zwingend von der offiziellen Regierung geschickt werden müssen, sondern durchaus von anderer Seite zur Destabilisierung der Lage eingesetzt werden könnten, wie zB. in Syrien oder der Ukraine von verschiedener Seite vermutet wurde.
    Andererseits gab es ja im Juli die Affäre Benalla, wo ein Vertrauter des Präsidenten selbst bei Übergriffen gegen Demonstranten gefilmt wurde:
    https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/wegen-gewalt-bei-demo-ex-leibwaechter-von-macron-muss-vor-gericht-15703721.html
    Der Fall wirkt heute wie ein Trailer zu dem Film, der jetzt auf Frankreichs Straßen abläuft und oben dokumentiert ist. Sehr merkwürdig. Entweder ist die Regierung Macron vollständig korrupt und skrupellos oder jemand hat eine Interesse daran, es danach aussehen zu lassen. Das ist von außen nicht ganz so einfach zu entscheiden.

    1. Es macht nicht nur den Eindruck, dass alle europäischen Regierungen korrupt und skrupellos sind – es ist so!
      Man zeige mir diejenige Regierung, die sich wirklich für ihr Volk einsetzt! Die gibt es nicht – Politiker denken zuerst an sich selbst, an ihre Macht, an ihr Geld (was meistens aus Banken und Konzernen fliesst) und alle möglichen Wohltätigkeiten des Staates für sie selbst. Da fallen Wohltätigkeiten für die Bürger aus. Eine abgehobene Clique die nur ans eigene Wohl denkt und keine Ahnung von den Befindlichkeiten der Bürger hat! Man dachte nach Kohl (und seinem Schwarzgeldmann Schäuble), es könne kaum schlimmer werden – Merkel hat es noch übertrumpft Der Schwarzgeld-Gangster Schäuble durfte bleiben und noch einmal wichtige Posten belegen.
      Und Leute wie Spahn oder Merz wollen uns endgültig zu ihrem eigenen Gewinn an die USA und ihre Konzerne verkaufen.

      1. Man dachte nach Kohl (und seinem Schwarzgeldmann Schäuble), es könne kaum schlimmer werden – Merkel hat es noch übertrumpft

        Die Schröder-Regierung nicht zu vergessen: Clement, Riester, Schily und Schlauch sowie der Maestro himself mit ihren Drehtürjobs in der Sparte, für die sie zuständig gewesen waren.

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