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Inga Pylypchuk und Jan Vollmer – Propagandajournalisten

schwachsinn

Gerade als Politikwissenschaftler und Geograph (und natürlich auch als Bürger allgemein) werde ich ziemlich wütend, wenn ich mit einer so billigen tatsachen- und wissenschaftsverachtenden Propaganda, mit so peinlichen, dummen Versuchen konfrontierte werde, die Menschen bezüglich des Krieges im Osten der Ukraine hinters Licht zu führen und dabei auch noch brutale Nazikämpfer als Helden zu verherrlichen (gegen die ja mittlerweile sogar das US-Repräsentantenhaus einen Bann erlassen hat), wie sie ein Autorenpaar des Magazins Focus in diesen Tagen unter die Leser gebracht hat. Absolute journalistische Inkompetenz gepaart mit dem Willen zur unbedingten Kriegspropaganda.

„Landbrücke für Russland zur Krim und zum Schwarzen Meer“

Inga Pylypchuk und Jan Vollmer vom Nachrichtenmagazin Focus behaupten in dem Artikel „Die gespenstische Ruhe vor dem Sturm“ Folgendes („Keine Angst“, der Artikel enthält noch mehr Quatsch): „Fiele Mariupol an die Separatisten, erhielte Russland eine Landbrücke zur Krim und zum Schwarzen Meer.“.

Das ist natürlich absoluter Quatsch. Um das nachzuvollziehen, reicht schon ein Blick auf die Karte (siehe das Schaubild oben). Denn abgesehen davon, dass Russland und die Separatisten ja nicht identisch sind, hat Russland natürlich jetzt schon eine mehrere hundert Kilometer lange Küstenlinie am Schwarzen Meer. Ausserdem schafft man keine Landbrücke zwischen Russland und der Krim, wenn man Mariupol besetzt, da Mariupol mehr als 200 Kilometer in der Luftlinie von der Krim entfernt ist. Was Inga Pylypchuk und Jan Vollmer hier behaupten ist einfach frech und dumm: Eine Verhöhnung der Wissenschaft und der gegebenen Tatsachen, um mit dieser Fälschung der tatsächlichen Gegenbenheiten Propaganda zu betreiben. Das ist kein Journalismus.

„Asow-Nazis sind Befreier“

Es wird leider noch schlimmer: Inga Pylypchuk und Jan Vollmer verschonen uns in dem gleichen Artikel auch nicht damit, das Nazibataillon „Asow/Azov“ als Befreier von Mariupol und Freiwilligenbataillon zu preisen (siehe dazu auch das Schaubild oben). Dass es sich bei dem Asow-Bataillon um Neonazis handelt, erwähnen die beiden Autoren dabei nicht (Die Gräueltaten dieser Rechtsextremen bei der „Wiedereroberung“ der Stadt Mariupol erwähnen sie natürlich auch nicht). Dabei wurde das Asow-Bataillon sogar vom Ukraine-Verbündeten USA jüngst mit einem Boykott belegt: Das US-Repräsentantenhaus verbot per Gesetzes-Amendment die Untersützung und das Training der als „neo-Nazi paramilitary militia“ bezeichneten Nazitruppen (siehe dazu auch das Bild unten und diesen Artikel).

Auch einige Presseberichte zu diesem und weiteren rechtsextremen ukrainischen Bataillonen („Nationalgarde„) sollten den beiden Autoren bekannt sein. Mittlerweile weiß eigentlich jeder, der sich mit dem Ukraine-Krieg beschäftigt, um diese Nazikämpfer (auch, weil ARD und ZDF wegen freundlicher Berichte zu den Nazi-Paramilitärs in der Vergangenheit schon stark in der Kritik standen). Hier ein paar dieser Presseberichte zu den Bataillon-Asow-Nazis:

Die Sonntagszeitung (Schweiz. European Newspaper of the Year, immerhin) titelt: „Schweizer Neonazis liefern Geld und Militärkleider an die Front„. Ein Zitat aus dem Artikel: „Im Osten der Ukraine wüten Neonazis. Rechtsextreme Kämpfer der ukrainischen Freiwilligen-Miliz plündern Wohnungen, foltern gefangene Separatisten und verschleppen Medienschaffende. Terror im Namen der Maidan-Revolution. Amnesty International wirft den regierungstreuen Banden gravierende Menschenrechts-Verletzungen vor – unterstützt werden sie auch aus der Schweiz. Recherchen zeigen: Neonazis aus den Kantonen Genf, Waadt, Wallis und St. Gallen pflegen enge Kontakte zu den kämpfenden Extremisten und liefern Geld und Hilfsmaterial an die Front.“. Der Artikel berichtet auch von einem schwedischen Neonazi, der an der ukrainischen Ostfront gefallen ist.

Neonazis im Häuserkampf“ titelt die Frankfurter Rundschau im August 2014. In dem Artikel heißt es: „Die ukrainische Armee rückt im Osten auf Donezk vor und delegiert den Häuserkampf an ein Bataillon von Neonazis. Eine Reportage aus dem Kampfgebiet. […] Mit Beginn dieses Monats ist der Krieg in der Ostukraine in eine neue Phase eingetreten. Die Kämpfe haben die Millionenstadt Donezk erreicht, den Hauptsitz der Rebellen. Das Gefecht im Vorort Marjinka am 4. August hat es gezeigt. Es hat zugleich aber auch etwas anderes gezeigt: Die Rolle jener Freiwillligeneinheiten, die die reguläre Armee stützen. Je mehr sich der Kampf in die Städte verlagert, desto wichtiger werden sie. Das Bataillon Asow ist eine dieser Einheiten, und es ist die auffälligste. Offiziell ist es eine Sondereinheit der Polizei, faktisch geben hier Neonazis und Neuheiden den Ton an. Asow wirkt wie ausgedacht von der Propaganda des Kreml, aber es ist echt.“.

„… die konservative US-Nachrichtenwebseite Fox.com titelte am Montag: ‚Hat die Ukraine ein Monster geschaffen, das sie nicht kontrollieren kann?‘. Fox meinte die russophoben und zumeist offen faschistischen Truppen, die auf Seiten der Kiewer Junta in der Ostukraine an vorderster Front im Einsatz sind und dabei zahllose Kriegsverbrechen begangen haben: laut Fox ‚Entführungen von Zivilisten, Folter und Exekutionen‘ sowie Einsatz von ‚Hunger und Durst gegen Zivilisten als Kriegswaffe‘. Über 30 ‚Neonazifreiwilligenverbände‘ gibt es demnach. Ein Teil, wie das berüchtigte ‚Asow-Bataillon‘, unterstehe dem Innenministerium, ein anderer, wie z.B. der ‚Rechte Sektor‘, operiere unabhängig von Kiew. Eine dritte Gruppe – wie das ‚Dnipro-Bataillon‘ – trete als Privatarmee von mit der Junta verbandelten Oligarchen auf. Die Anführer aller drei Kategorien sitzen laut Fox inzwischen in Schlüsselpositionen der sogenannten Sicherheitsministerien und –behörden.“, schreibt jungeWelt in dem Artikel „Mediale Deeskalation? Berichte über Neonazis in Ukraine„.

Pressemitteilung des Kongreßabgeordneten John Conyers zu dem Anti-Nazi-Amendment (Die deutsche Presse verweigert bis heute eine Berichterstattung dazu):

conyers

Hier noch einmal die Lage der ukrainischen Stadt Mariupol am Schwarzen Meer via Google Maps zum Vergleich mit der halb-selbstfabrizierten Karte von ganz oben:

UPDATE vom 30.6.2015: Überschrift und Einleitung geändert.

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