Deutschlandfunk: “Flüchtlingskrise. ‘Eigentlich müssten die Europäer die USA in die Pflicht nehmen’“. “Für den Nahostexperten Michael Lüders steht fest: Vor allem die USA sind verantwortlich für die Krisen in der Region. Die Flüchtlingsbewegung sei die Quittung für die dortige Interventionspolitik. Washington habe keinen klaren Plan – und dem folgten Berlin und Brüssel. Vor allem mit Blick auf Ägypten könne das weitere Folgen haben. […] ‘Der Islamische Staat ist das Produkt der USA. Al Kaida, die Taliban in Afghanistan sind entstanden als Reaktion auf die amerikanische Interventionspolitik dort. Aber man lernt aus diesen Fehlern nicht. Man macht immer wieder denselben Fehler. Und jetzt haben wir als Quittung dieser Politik eine massive Flüchtlingsbewegung aus dem Irak, aus Syrien. In Syrien wollte man und will man um jeden Preis Baschar al-Assad stürzen, ebenfalls ein furchtbarer Diktator. Aber man muss ja die Frage beantworten, sollte dieses Regime fallen, wonach es erst einmal nicht aussieht, wer würde dann die Macht in Damaskus übernehmen? Wahrscheinlich ja nicht Christ- oder Sozialdemokraten, sondern eher der Islamische Staat. Wo also ist die Logik dieser Politik?’”.
Nachdenkseiten: “‘Die Perfidie ist, dass diese Fluchtbewegungen politisch instrumentalisiert werden’“. “Die Lage ist hart, das Elend groß. Besonders für die Syrer auf der Flucht. 4 Millionen von ihnen sind in Nachbarstaaten geflohen, weitere 7 sind innerhalb Syriens auf der Flucht. Die Perfidie ist, dass diese Fluchtbewegungen politisch instrumentalisiert werden. Der innersyrische Konflikt wurde zu einem regionalen und schließlich zu einem internationalen Stellvertreterkrieg ausgeweitet. Dort, wo Menschen flohen, zogen bewaffnete Gruppen ein, die bis heute regional und international unterstützt werden. Und dann hieß es, die syrische Regierung hat keine Kontrolle mehr und ist ohnehin die ‘Wurzel von allem Bösen’ in Syrien, wie es gerade erst wieder ein Sprecher des US-Außenministeriums erklärte. Syrien wird zu einem ‘failed state’ erklärt, in den man humanitär und militärisch eingreifen kann. […] Und dass es sich hier um einen Stellvertreterkrieg handelt, wird klar, wenn man versteht, dass der sogenannte Islamische Staat, der vor Ort „Daish“ genannt wird, anders als in unseren Leitmedien gern verbreitet, alles andere als aus dem Nichts aufgetaucht ist. Regionale und internationale Sponsoren stehen hinter ihm, sodass er offenbar über unerschöpfliche finanzielle Ressourcen verfügt. Diese Sponsoren benutzen die Kämpfer, um die Nationalstaaten zu zerstören, die vor 100 Jahren in der Levante gegen den Willen der damaligen Bevölkerung geformt worden waren. Damals ging es um die kolonialen Interessen von Großbritannien und Frankreich, heute geht es um die Sicherung von Rohstoffen für die von den USA angeführte westliche Welt. Der Zorn der Golfstaaten auf die unabhängige Politik, die in Syrien verteidigt wird, schlägt sich nieder in der Bewaffnung und Ausbildung von irregulären Kampfgruppen, die von ‘Daish’ dominiert werden. Der gesellschaftliche Boden, der sie nährt, ist Armut.”.
FAZ: “Syrien Der Westen ist schuldig“. “Wie hoch darf der Preis für eine demokratische Revolution sein? In Syrien sind Europa und die Vereinigten Staaten die Brandstifter einer Katastrophe. Es gibt keine Rechtfertigung für diesen Bürgerkrieg. […] Was in Syrien geschieht, ist eine dem Anschein nach mildere Form des Eingriffs, da sie den Sturz des Regimes dessen innerer Opposition überlässt, die von außen nur aufgerüstet – und freilich auch angestiftet – wird. In Wahrheit ist sie die verwerflichste Spielart: nicht so sehr, weil sie neben dem Geschäft des Tötens auch das Risiko des Getötetwerdens anderen zuschiebt. Eher schon, weil sie die hässlichste, in jedem Belang verheerendste Form des Krieges entfesseln hilft: den Bürgerkrieg. Jedenfalls übernehmen die Intervenierenden die vermeintliche und absurde Rolle von Unschuldigen. Es ist ein suggestives Herabsetzen der Legitimationsschwelle für das eigene Handeln vor den Augen der Welt: Wir sind es nicht, die in Syrien töten; wir helfen nur einem unterdrückten Volk. So lässt sich offenbar eine Aura des Moralischen erschleichen. Rätselhaft ist, dass dies ohne nennenswerten Widerspruch gelingt.”
Telepolis: “Scholl-Latour: ‘Wir leben in einer Zeit der Massenverblödung’“. “Peter Scholl-Latour: ‘Wir leben in einem Zeitalter der Massenverblödung, besonders der medialen Massenverblödung.’. Telepolis: ‘Inwiefern?’. Peter Scholl-Latour: ‘Wenn Sie sich einmal anschauen, wie einseitig die hiesigen Medien, von TAZ bis Welt, über die Ereignisse in der Ukraine berichten, dann kann man wirklich von einer Desinformation im großen Stil berichten, flankiert von den technischen Möglichkeiten des digitalen Zeitalters, dann kann man nur feststellen, die Globalisierung hat in der Medienwelt zu einer betrüblichen Provinzialisierung geführt. Ähnliches fand und findet ja bezüglich Syrien und anderen Krisenherden statt.’”.
n-tv: “‘Krieg gegen den Terror’. Die wahre Ursache der Flucht“. “Tagtäglich berichten die Medien über die Tausende von Flüchtlingen, die nach Europa fliehen. Doch ein Aspekt fehlt nahezu komplett: Hintergründe über die Fluchtursachen. 14 Jahre sind nach den Terroranschlägen vom 11. September vergangen. Der sogenannte ‘Krieg gegen den Terror’ ist das teuerste und zugleich zerstörerischste politische Projekt seit dem Zweiten Weltkrieg. Sein Ziel, Terrorismus zu bekämpfen, wurde verfehlt, ja sogar konterkariert. Die Militärintervention brachte den Terrorismus erst in den Irak und dann nach Syrien. In Gestalt des ‘Islamischen Staats’ hat er sich in bedrohlicher Ausprägung etabliert. […] Die IPPNW schätzt, dass der ‘Krieg gegen Terror’ bereits in den ersten zehn Jahren 1,3 Millionen Menschen das Leben gekostet hat. Da Untersuchungen zu den Todesopfern mit den Schwächen der verfügbaren Quellen zu kämpfen haben, liegt die Dimension der Todesopfer des Krieges wahrscheinlich über 2 Millionen. Hinzuzurechnen sind im Grunde auch die inzwischen weit über 200.000 Toten in Syrien, denn auch sie sind mittelbare Folge des ‘Krieges gegen den Terror’.”
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