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Sawtschenko-Deal: Ukrainischer Anwalt der beiden ausgetauschten Russen wurde ermordet

Vor drei Tagen wurde die in Russland inhaftierte „ukrainische Pilotin“ Nadja Sawtschenko vom Bataillon Aidar gegen zwei in der Ukraine inhaftierte russische Staatsbürger ausgetauscht. Ein ukrainischer Anwalt der beiden Russen – letztere nach Kiewer Auffassung russische Soldaten, nach Moskauer Angaben ehemalige Militärangehörige – verschwand vor mehr als zwei Monaten im ukrainischen Odessa. Er wurde ermordet. Seine Leiche wurde südlich von Kiew gefunden. In Odessa ist einem Bericht von Welt Online zufolge auch das Aidar-Bataillon aktiv, geht dort gegen Oppositionelle und „pro-russische“ Bürger vor und übergibt sie den Behörden. Die ukrainischen Behörden sahen zunächst keinen Zusammenhang zwischen dem Tod des Rechtsanwaltes und der Tatsache, dass er der Verteidiger der beiden russischen Häftlinge war, änderten die Story aber später in Richtung „russischer Geheimdienst“ …

Die Märkische Online Zeitung (Märkische Oderzeitung) schreibt zu der Ermordung des Anwalts/Strafverteidigers: „In der Ukraine ist ein Verteidiger gefangener russischer Soldaten ermordet worden. ‚(Er) wurde gewaltsam mit einem gezielten Schuss getötet‘, sagte Militärstaatsanwalt Anatoli Matios […] Die Leiche war am Morgen im Gebiet Tscherkassy südlich von Kiew gefunden worden. Zwei mordverdächtige Ukrainer befinden sich in Untersuchungshaft. Als Hauptmotiv gilt Bereicherung. Der Anwalt verschwand am 10. März in der Hafenstadt Odessa.“.

Welt Online schreibt in einem wirren Propaganda-Artikel zum Fall Sawtschenko:  „Der Fall von Jerofejew und Alexandrow sorgte in der Ukraine auch deshalb für Aufmerksamkeit, weil ihr Rechtsanwalt Juri Grabowski im März tot aufgefunden wurde. Der bekannte ukrainische Strafverteidiger war Anfang März in Odessa verschwunden. Seine Entführer schrieben unter seinem Namen in den sozialen Netzwerken, einer von ihnen fuhr mit seinem Mobiltelefon sogar nach Ägypten und schickte von dort Strandfotos, um die Spuren zu verwischen. Strandfotos aus Ägypten vom russischen Geheimdienst. Seine Peiniger begleiteten den Juristen nach Kiew und holten noch Dokumente aus seinem Büro. Vor seinem Tod musste Grabowski noch vor laufender Kamera sagen, er werde die beiden Russen nicht mehr verteidigen, weil das ‚ein Fehler‘ gewesen sei. Sein geschundener Körper wurde Ende März aufgefunden. Die ukrainische Polizei nahm zwei Verdächtigte in diesem Fall fest. Die Kollegen des getöteten Anwalts und die Ermittler verbinden den mysteriösen Tod mit dem Fall der beiden Russen, die er verteidigte. Der ukrainische Militärstaatsanwalt erklärte, Entführung und Mord an dem Anwalt seien von russischen Geheimdiensten geplant und ausgeführt worden.“.

Der ukrainische Militärstaatsanwalt wechselte also von einer absurden Begründung („Bereicherung“) zur anderen („russischer Geheimdienst“) …

Vor einigen Monaten schrieb DIE WELT in einem Artikel, der voll der lobenden Worte ist, zu den “Selbstverteidigungseinheiten” des Bataillon Ajdar/Aidar in Odessa: “Voller Genugtuung verkündet Todor Panewski den jüngsten Erfolg seiner dem Bataillon Ajdar unterstellten Selbstverteidigungseinheit in der ukrainischen Hafenstadt Odessa: Seine Leute hätten einen Anhänger der Separatisten gefasst, sagt Panewski. Er ist ein stämmiger Opernsänger und Kommandeur einer bewaffneten Gruppe Patrioten. ‘Wir stellen ihm ein paar Fragen, und dann übergeben wir ihn den Sicherheitskräften’, erklärt er. Dabei schreitet er durch ein Gebäude, das sich seine Truppe zum Hauptsitz erkoren hat. Das malerische Odessa liegt zwar 500 Kilometer westlich der ostukrainischen Frontlinie, wo sich Regierungstruppen einen Zermürbungskampf mit prorussischen Separatisten liefern. Trotzdem herrscht auch hier in Odessa die Sorge vor einer neuen Front. Sie wird angetrieben von regelmäßigen Nachrichten über Festnahmen mutmaßlicher Abtrünniger, die zum prorussischen Lager wechseln.”.

Zur Einordnung des WELT-Artikels: Telepolis schrieb Anfang Juni 2015 in dem Artikel “Journalisten in Odessa leben gefährlich” zur Lage in Odessa: “Verhöre, Durchsuchungen und Festnahmen von Journalisten. Über 50 Regierungsgegner in Haft. Gouverneur Michail Saakaschwili wird von Sondereinheit bewacht. Trotz verstärkten Polizei-Kontrollen und dem Einsatz von Spezial-Kräften ist die Lage in Odessa weiter angespannt. Die Opposition wagt sich nur selten und in kleinen Gruppen auf die Straße. Die Angst vor Übergriffen von Nationalisten und Sicherheitskräften ist groß. Die Unsicherheit wirkt sich auch auf den Tourismus aus. Urlauber bleiben weg. An den Stränden von Odessa ist wenig los.”.

Und, wir erinnern uns: In Odessa gab es vor zwei Jahren das berüchtigte Massaker an Oppositionellen, dem dutzende Menschen zum Opfer fielen.

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Die FAZ schrieb am 26.05.2016 in dem Artikel „Gefangenenaustausch. Ukrainische Kampfpilotin Sawtschenko frei„: „Nach dem Examen im Jahr 2009 wurde sie als Kampfhubschrauberpilotin eingesetzt. Doch wollte sie eigentlich ans Steuer von Kampfjets. Wohl aus Frustration über das langsame Fortkommen nahm sie im Frühjahr 2014 eine ‚Auszeit‘ und verpflichtete sich beim rechtsextremen Freiwilligenbataillon Aidar. Diese Formation wird von Moskau als „faschistisch“ gebrandmarkt und wurde auch vom UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) der Folter von Gefangenen bezichtigt. Zur Zeit ihrer Festnahme war Sawtschenko für das Aidar-Bataillon im Einsatz.“.

DiePresse.com (Österreich) schreibt in dem Artikel „Die Kriegsverbrechen des Kiew-treuen Aidar-Bataillons“ unter anderem folgendes: „Ein 31-jähriger Geschäftsmann will in Starobilsk bei Luhanks auf einer aufgelassenen Tankstelle eine Klopause einlegen, als plötzlich drei maskierte Männer aus einem Wagen springen. Sie ziehen ihm eine Waffe über den Kopf, nehmen ihm umgerechnet knapp 1700 Euro ab. Immer wieder werfen sie ihm vor, ein Separatist zu sein. „Dreimal wurde ich verhört. Und dabei immer geschlagen – mit dem Gewehr, mit dem stumpfen Ende einer Axt in die Nieren”, sagt der Mann. […] Der Kommandant des Aidar-Batiallons gibt gegenüber Amnesty International die brutalen Methoden teilweise zu: „Das ist nicht Europa. Es ist alles ein bisschen anders. Die Prozeduren wurden vereinfacht. Wenn ich will, kann ich einen Sack über deinen Kopf ziehen und dich für 30 Tage einsperren – wegen des Verdachts der Hilfe für Separatisten.” Er gibt auch zu, dass Verdächtige geschlagen und dass ihnen die Augen verbunden wurden. Und dass sein Bataillon ein eigenes Gefangenenlager unterhält.“

Bei einem Artikel der Zeit zum Prozess um Sawtschenko („Russland: Gericht erklärt Nadija Sawtschenko für schuldig„) verweist ein ein Zeit-Leser auf Nazisymbole beim Aidar-Bataillon und den zugehörigen The-Guardian-Artikel „The women fighting on the frontline in Ukraine“ und schreibt im Kommentarbereich: „Zu Aidar: Hier die Aidar-Kämpferin „Anaconda“ vor Dirlewanger-Emblem (gekreuzte Handgranaten) und „1488“ (14 Wörter, HH): http://www.theguardian.co… […] Das heißt nicht, dass Sawtschenko schuldig im Sinne der Anklage ist, wirft aber ein bezeichnendes Licht auf Ihre Unterstützer. Zu diesen Unterstützern gehören auch jene, die verschweigen, dass es sich um ein rechtsradikales Bataillon handelt und sich damit dem Verdacht aussetzen müssen, Oskar Dirlewanger und Konsorten in Ordnung zu finden, solange es gegen Russland geht.“. „14 Wörter“ ist ein beliebter Nazicode (Es geht um 14 bestimmte Wörter, die ein rassistisches „Glaubensbekenntnis“ darstellen), HH ist die Kurzfassung von „Heil Hitler“.

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