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Hamburg: Polizei, Demonstranten und Rote Flora

Ein relativ guter Artikel bei n-tv (!) zum beinahe schon alltäglichen Hass- und Gewaltgeschüre gegen Demonstranten und zu der rücksichtslosen Instrumentalisierung von Polizisten: „Die Krawalle in Hamburg und die Rolle der Polizei. Was alles nicht gesagt wird. Ein Kommentar von Christian Bartlau.“, http://www.n-tv.de/politik/politik_kommentare/Was-alles-nicht-gesagt-wird-article11969856.html.

UPDATE, 28.12.2013:
„Vieles deutet darauf hin, dass die Polizeiführung die Rote-Flora-Demonstration am vergangenen Wochenende von Anfang an verhindern wollte.“, schreibt die taz.

UPDATE, 28.12.2013:
„Rote Flora: Insider belastet Polizei schwer. Einsatzleitung nahm laut Zeitungsbericht Ausschreitungen »bewusst in Kauf« / Linkenpolitikerin Schneider erhält Hass-Email“, schreibt neues-deutschland.de.

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3 Kommentare

  1. Der Artikel bedeutet warscheinlich den beruflichen Suizid des Autoren, jedoch bin ich erstaunt und noch mehr motiviert, mich weiterhin an gesellschaftskritischen Demonstrationen zu beteiligen. Denn diese Demonstration wäre wichtig gewesen, hätte man sie zugelassen. Es ging um Gestaltung von Politik abseits der Möglichkeit, alle 4 Jahre irgendwo ein Kreuz zu machen (oder nicht). Es ging um das Gefühl vieler Menschen in unserer Gesellschaft, dass politische Entscheidungen auch in der Zeit zwischen den Wahlen von Teilen der Bevölkerung zumindest in Frage gestellt werden sollten. Es ging um die einzige Möglichkeit der Bürger, mit Gesellschaft und Politik in Kommunikation zu treten und gewisse Entscheidungen, wie den Status der Roten Flora, den von Spekulationen um ihre Bleibe betrogenen Bewohnern der „Esso-Häuser“ und den Umgang mit Flüchtlingen in Frage zu stellen. Das ist Sinn und Zweck von Demonstrationen, welche in Artikel 8 GG einen besonderen Schutz genießen sollten. Sie sind das einzige Regulativ politischer Einflussnahme des Bürgers in der Interimsphase. Jedenfalls war es mal so gedacht.
    So viel wurde in den Mainstreammedien über „linksradikale Chaoten“, „Krawalltouristen“ und „demokratiefeindliche Asoziale, welchen die Stütze gestrichen gehört“ geschrieben, dass die politische Motivation dieser (versuchten) Demonstration nicht nur unter den Tisch fiel, sondern auch als nicht gegeben dargestellt wurde. So seien die Ausschreitungen grundsätzlich verabscheuungs-würdig, weil sie angeblich nicht politisch motiviert seien, sondern lediglich von linken „Hooligans“ als Bühne für ihre Gewaltphantasien missbraucht würden.
    Das ist Bullshit.
    Natürlich gibt es bei solchen Großveranstaltungen (immerhin waren es 7000-1000 Teilnehmer, je nachdem, welchen Quellen man vertraut) immer auch einige Querköpfe, die das „Räuber und Gendarme-Spiel“ suchen, und auch in Hamburg waren einige Idioten dabei, die wahrscheinlich im Krawall einen Ausbruch aus ihrer bürgerlichen Identität suchten, aber die gibt es so auch jedes Wochenende zur Bundesliga. Auch dort gibt es Menschen, die unerlaubte Feuerwerkskörper wie Bengalos zünden oder „gegnerische“ Fans angreifen, jedoch ist die Innenbehörde noch nie darauf gekommen, alle unter Generalverdacht zu stellen und das Stadion komplett zu räumen. Genau das ist aber letzten Samsag in Hamburg passiert.
    Nein, stimmt nicht, denn eigentlich haben wir in Hamburg das erlebt, was im Film „Minority Report“ als rechtsstaatlich bezeichnet wurde. Die Teilnehmer der Demonstration wurden nicht nur ALLE TEILNEHMER unter Generalverdacht gestellt, sie wurden dem ihnen verfassunsgemäß zustehenden Recht auf Versammlungsfreiheit beschnitten, BEVOR es zu aggressiven Handlungen gegen PolizistInnen kam.
    Wie kommt die Polizei auf die Zahl von 4700 „gewaltbereiten Autonomen“?
    Reine Fiktion. Wenn aber seitens der Staatsmacht massiv Grundrechte mit Gewalt durch die Polizei außer Kraft gesetzt werden (dies begann schon einen Tag vor der Demo mit der Einrichtung einer Sicherheitszone, in welcher die Polizei sich das Recht schafft, willkürlich Personen zu kontrollieren, zu durchsuchen oder auch in Verwahrung zu stecken) und eine Demonstration schon beim Start zu verhindern versucht wird, dann denken die sogenannten „Autonomen“ sehr demokratisch.

    Denn nichts anderes als die politisch motivierte Verhinderung der Wahrnehmung der Grundrechte war letztendlich Motivation der – zugegeben drastischen – Krawalle vom letzten Wochenende. Es scheint fast so, als wolle man Menschen, welche politische Entscheidungen kritisch betrachten, als störend darzustellen. Es reicht aber nicht, alle vier Jahre zu wählen und dann alle Entscheidungen der Machthaber mit dem Argument demokratischer Realität wort- und klaglos zu akzeptieren, zumahl unsere Entscheidungsträger trotz einer immer größer werdenden Gruppe von Nicht-Wählern ihre Legitimität dennoch behaupten. Es wäre fatal, Nicht-Wähler als unpolitisch darzustellen, zumal schon Aristoteles jedem Menschen das Politische (zoon politikon) als ihm innewohnendes darstellte.

    Als die sog. „Gründerväter“ unserer Verfassung eben jene formulierten, haben sie genau ein solches Vorgehen der Polizei, wie es nicht nur in Hamburg, sondern auch bei „Stuttgart 21“ und diversen anderen Demonstrationen der letzten Jahre zu beobachten war, mit dem Recht jedes einzelnen Bürgers bedacht, sich diesem zu widersetzen (Art 20 GG). Und ein solcher verfassungsgemäßer Widerstand kann sich nicht nur darauf beschränken, Lieder zu singen, sondern bedeutet auch Konfrontation. Und als eine solche sind die beidseitigen Gewaltexzesse des letzten Wochenendes zu bezeichnen.

    Und letztendlich haben die sog. Chaoten nichts anderes gemacht, als ihnen staatspolitisch vorgelebt wird, auch wenn ich an dieser Stelle dem Pöbel mehr vertraue, als der Hegemonie der (westlichen) Nationen:
    Gewaltsame Konflikte sind immer „ultima ratio“ und nicht Sinn zum Zweck. Wer das bezweifelt, sollte sich erstmal an die eigene Nase fassen.

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