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Nazi-Geheimdienstler – Der Brandanschlag in Solingen am 29. Mai 1993 und die halbe Wahrheit

Wolf Wetzel in den Nachdenkseiten: Der Brandanschlag in Solingen am 29. Mai 1993 und die halbe Wahrheit

„Das Besondere an dieser Kampfsportschule ist ihr Chef: Bernd Schmitt. Er war nicht nur Sport-‚Lehrer‘, sondern auch aufgrund seiner rassistischen Gesinnung in Neonazikreisen sehr beliebt. So wurde er unter anderem als Saalschutz für neonazistische Veranstaltungen ‚gebucht‘. Das machte die Kampfsportschule zu einem beliebten Treffpunkt für Neonazis. Das Ganze wurde gekrönt mit dem Umstand, dass Bernd Schmitt zudem V-Mann des Verfassungsschutzes war:

‚Vermutlich seit 1990 agierte Schmitt klammheimlich als V-Mann des nordrhein-westfälischen Landesamtes für Verfassungsschutz. Er war Spitzel der Abteilung VI des Düsseldorfer Innenministeriums, die 300 feste und viele freie Mitarbeiter zählt.‘ (Der SPIEGEL, 22/1994)

Diese Doppelrolle schützte ihn vor weiteren Ermittlungen, die der Frage hätten nachgehen müssen, inwieweit Bernd Schmitt tatbegünstigend auf die drei Beschuldigten einwirkte, was dann auch für den Verfassungsschutz gelten würde.

Wie in anderen zahlreichen Fällen hatte der ‚Schutz‘ der Quelle, des Spitzels oberste Priorität, womit de facto ein rechtsfreier Raum geschaffen ist. (…)

Die andere ‚halbe Wahrheit‘ kam knapp 25 Jahre später ans Licht. Über Umwege bekam der Autor des vorliegenden Textes Kontakt zu einem ehemaligen V-Mann, der von 1990 bis 2000 in linken/antifaschistischen Zusammenhängen eingesetzt war (…)

Und genau dort sollte der V-Mann mit dem Decknamen ‚Kirberg‘ aktiv werden, um so zu erfahren, wie weit diese Gruppen mit ihren Nachforschungen gekommen sind, aber auch wie gefährlich die antifaschistischen Recherchen für den Verfassungsschutz werden können.

Was ist, wenn der Verfassungsschutz mit dem Neonazi und V-Mann Bernd Schmitt ganz nahe an den rassistischen Attentätern dran war und mit einem weiteren V-Mann aufseiten der Antifa alles dafür tat, dass die ‚Verbindung von Neonazis und Verfassungsschutz# nicht auffliegt? (…)

Was man zurecht für besonders abwegig hält, ist sehr wahrscheinlich genau so in Solingen passiert.“

Vergleichen Sie dazu auch die folgenden Artikel zum NSU-Geheimdienst-Komplex:

Frankfurter Neue Presse: „NSU-Mordserie. Verfassungsschützer Temme: Nichts gesehen, nichts gehört.„:

„Ex-Verfassungsschützer Andreas Temme war im Kasseler Internetcafé, als dessen Besitzer der NSU-Mordserie zum Opfer fiel. Doch gesehen oder gehört haben will der Mann davon nichts. Das beteuert er auch in seiner zweiten Vernehmung in Wiesbaden. (…) Im Gegenteil, von dem Mord am Donnerstag habe er erst am Sonntag durch das Lesen eines örtlichen Anzeigenblatts erfahren. Allerdings wusste Temme nach Zeugenaussagen schon einen Tag später, mit welcher Waffe das Verbrechen begangen wurde. Und das stand nicht in dem Anzeigenblatt, wie ihm die SPD-Abgeordnete Nancy Faeser vorhielt.“

Junge Welt: „Der Fall Temme“:

„Das Oberlandesgericht (OLG) München hält laut Beschluss vom 12. Juli 2016 für glaubwürdig, dass der als Zeuge gehörte Andreas Temme, der damals im Nebenraum saß, keine Schüsse gehört habe – ein Mann, der seine Freizeit im Schützenverein verbringt. Es hält für nachvollziehbar, dass der hessische Verfassungsschützer Temme, der kurz nach dem Mordanschlag das Café verließ, nach dessen Angaben auf der Suche nach dem jungen Besitzer, dreimal an dem Sterbenden vorbeigegangen war, ohne ihn hinter einem Tisch liegen zu sehen. Es hält für glaubwürdig, dass der rund 1,90 Meter große V-Mann-Führer weder die Blutspritzer auf dem 73 Zentimeter hohen Tisch sah, auf den er ein Geldstück für die Computernutzung legte, noch den dahinter liegenden Halit Yozgat.“.

Telepolis: „Verfassungsschutz will NSU-Bericht für 120 Jahre wegschließen„:

„120 Jahre – für diese Dauer hat das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) von Hessen einen internen Bericht gesperrt, in dem es auch um den NSU-Mord von Kassel und die mögliche Verwicklung seines Mitarbeiters Andreas Temme gehen dürfte. Das schürt einerseits den Verdacht: Was derart lange geheim gehalten werden soll, muss brisant sein. Andererseits kann diese absurde Sperrfrist als Botschaft verstanden werden an die Öffentlichkeit und diejenigen, die weiterhin aufklären wollen: ‚Von uns erfahrt Ihr nichts mehr. Gebt auf!‘ Es ist ein unverblümter Bruch einer Sicherheitsbehörde mit dem Legalitätsprinzip im Rechtsstaat BRD, Ausdruck des verzweifelten Abwehrkampfes gegen die anhaltenden Aufklärungsbemühungen im Mordkomplex NSU.“

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