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US-Wissenschaftler: Syrische Regierung nicht für Ghouta-Chemiewaffeneinsatz verantwortlich

Syrienkrieg: Wie bereits in dem Artikel „Seymour M. Hershs Syrien-Giftgas-Artikel auf deutsch“ sowie weiteren Beiträgen angemerkt, war die syrische Assad-Regierung nach Expertenangaben nicht für den Giftgasangriff mit dem Nervengift Sarin in Ghouta bei Damaskus verantwortlich. Wenige Monate nach dem Angriff veröffentlichten US-Wissenschaftler vom renommierten Bostoner MIT und den Tesla Laboratories einen entsprechenden Bericht („Possible Implications of Faulty US Technical Intelligence in the Damascus Nerve Agent Attack of August 21, 2013„). Die beiden Experten – der frühere UN-Waffeninspektor Richard Lloyd und der MIT-Professor Theodore A. Postol – waren eigentlich vor ihrer Untersuchung davon ausgegangen, dass Assads Truppen für die Giftgasattacke verantwortlich waren. Dann fanden sie genau das Gegenteil heraus. Unter dem Titel „Obamas Kriegslüge. Zwei US-Forscher legen Studie zum Chemiewaffenangriff vom 21. August 2013 bei Damaskus vor: Washingtons Darstellung ist falsch“ gibt es bei der AG Friedensforschung einen interessanten Bericht zu dem Thema. Dort ist auch eine deutschsprachige Übersetzung der Hauptkritikpunkte der beiden US-Wissenschaftler an den Angaben der US-Regierung zu finden:

  • Die syrischen unkonventionellen Chemiewaffenträger, die beim Nervengasangriff vom 21. August in Damaskus benutzt wurden, hatten eine Reichweite von rund zwei Kilometern.
  • Die unabhängige Bewertung der Reichweite der Chemiewaffenträger durch die Vereinten Nationen steht in genauer Übereinstimmung mit unseren Befunden.
  • Das besagt, dass diese Geräte nicht vom ›Herz‹ oder dem östlichen Rand des von der syrischen Regierung kontrollierten Gebietes, wie es auf einer Geheimdienstkarte, die vom Weißen Haus am 30. August 2013 veröffentlicht wurde, dargestellt war, nach Ostghuta abgefeuert werden konnten.
  • Diese falsche Geheimdienstinformation hätte zu einer ungerechtfertigten US-Militäraktion führen können.
  • Eine genaue Überprüfung der Tatsache, daß die Trägerwaffen solch geringe Reichweite hatten, hätte zu einer komplett anderen Bewertung der Situation auf Grundlage der gesammelten Daten geführt.
  • Welche Gründe auch immer zu den ungeheuerlichen Fehlern (errors) in den Geheimdienstinformationen führten – die Quelle dieser Fehler muß aufgeklärt werden.
  • Wenn die Quelle dieser Fehler nicht identifiziert wird, werden die Vorgänge, die zu diesem Versagen der Geheimdienste geführt haben, unkorrigiert bleiben, und die Möglichkeiten für ein zukünftiges Politikdesaster werden mit Bestimmheit wachsen.

Für weitere Informationen zu dem Giftgasskandal/Giftgaseinsatz siehe auch den bereits erwähnten Blauer-Bote-Artikel „Seymour M. Hershs Syrien-Giftgas-Artikel auf deutsch„. Seymour M. Hersh ist ein amerikanischer Starjournalist, der noch weitere Details zu der Sache ausgegraben hat. Er hat starke Hinweise darauf gefunden, dass es sich bei dem Angriff um eine False-Flag-Operation der türkischen Erdogan-Regierung in Zusammenarbeit mit Jihadisten (Al Kaida) gehandelt haben könnte. Spätere Aussagen von Angeklagten vor türkischen Gerichten, die aber „auf Druck von oben“ freikamen, stützen diese These. Vergleiche dazu auch den eben erwähnten Artikel zu Hersh.

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7 Kommentare

  1. Guten Tag Blauer Bote Redaktion

    In der englischen Wikipedia wird unter Evidence>Rockets im dritten Abschnitt die Herren Lloyd und Postol erwähnt und mit ihnen natürlich auch ihre Schlussfolgerungen. Dazu wird direkt ein Blogger Namens Higgins erwähnt, welcher dem entgegnet mit, es hätte für die SAA durchaus die nötige nähe gegeben, weil es Aufnahmen von ANNA News gebe, die zeigen sollen, dass SAA Einheiten irgendwann zwischen Juni und August 2013 zu Gebiet Nordöstlich der Giftgasanschläge vorgerückt währen, welches nahe genug ist, dass eben doch wieder die SAA verantwortlich sein muss, wenns nach diesem Higgins geht.

    Meine Frage ist ob ihr euch mit dem schon befasst habt; spezifisch mit dieser ANNA news Geschichte oder auch mit dem Higgins.
    Als Quelle was eben jener angeht, ist bei Wikipedia ein Guardian Artikel von Higgins und einem gewissen Kaszeta eingefügt. Natürlich zeigt aber der Titel schon – its clear that Turkey was not involved in the chemical attack on Syria – eine ziemlich gewagte Headline, dass die beiden Herren eine Agenda haben.

    Trotzdem. Anscheinend beeinflusst dieser Higgins, gerade am entscheidenden Punkt die Debatte.
    Habt ihr euch mit ihm Auseinander gesetzt? Sind seine Argumente haltbar? Was für Reaktionen hat es auf seine Argumente gegeben?
    mfg

    https://en.wikipedia.org/wiki/Ghouta_chemical_attack#cite_note-willuse-89
    http://www.theguardian.com/commentisfree/2014/apr/22/allegation-false-turkey-chemical-attack-syria

    1. Higgins ist der Bellingcat-Typ. Er hat zu Syrien und auch zur Ukraine viel Propaganda verbreitet, die eigentlich nie haltbar ist, aber immer gerne von Medien aufgegriffen wird. Wenn sich mal wieder eine seiner Thesen oder Fälschungen in Luft auflöst, wird das dann aber in der Regel nicht mehr berichtet.

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