Das Hauptproblem der Grünen: die Grünen
11.01.2023, 08:35 Uhr. >b’s weblog – https: – (via rosenbusch_)…
Was macht der da?
— henning rosenbusch (@rosenbusch_) January 11, 2023
Kritische Nachfragen sind die Grünen nicht gewohnt. Richtig gemein der Typ.
pic.twitter.com/5PMGlT8d2g
Zitat:
„Guten Tag, Frau Henneberger, die Räumung findet doch statt, weil der grüne Wirtschaftsminister mit RWE einen Vertrag gemacht hat, in dem gesagt wird, Lützerath darf weggebaggert werden.“
Das erinnert mich irgendwie an diesen Vorfall aus dem Jahre 2019:
Das Freiheitsgas
Die Grünen machten im Bundesrat den Weg für Fracking-Gas frei.
Der Bundesrat beschloss am 7. Juni 2019 die von Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgelegte „Verordnung zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Aufbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland“. Möglich wurde dies, weil die „Umweltschutzpartei Die Grünen“ für den Aufbau und die Subventionierung dieser Infrastruktur zum Import von Fracking-Gas aus den USA stimmten. Das alles geschah keine zwei Wochen nach der EU-Wahl, bei der die Grünen auch aufgrund ihres umweltpolitischen und klimapolitischen Images samt Rezo-Video massive Stimmengewinne eingefahren hatten (1).
Bei der LNG-Thematik geht es um den Import von durch äußerst umweltschädliches Fracking – in Deutschland verboten – gewonnenem Flüssiggas aus den USA – also eines fossilen Brennstoffs wie Kohle oder Öl – sowie die hunderte Millionen Euro teure Subventionierung der dafür notwendigen Terminals und weiterer Infrastruktur, die erst aufgebaut werden muss. Letztlich ist dies auch eine kaum verhohlene Subventionierung des auch noch äußerst teuren Gases aus den USA, welches die Trump-Regierung unter regulären Marktbedingungen wohl nicht los bekäme.
Am 28. Mai 2019, einen Tag vor der „Europa-Wahl“, sagte Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag (2):
„Verflüssigtes Erdgas hat nicht nur eine schlechte Klimabilanz, es verlängert das fossile Zeitalter. Besonders problematisch wird es, wenn zur Förderung des Erdgases das Fracking-Verfahren eingesetzt wird. LNG aus Fracking-Gas torpediert den Kampf gegen Klimakrise und Umweltgefahren in doppelter Weise. Wir lehnen Fracking daher strikt ab.
Statt weiter Investitionen in Infrastruktur für Erdgas anzureizen, sollte die Bundesregierung endlich eine klare Perspektive für den Ausstieg aus dem fossilen Energieträger Erdgas schaffen.“
Wenige Tage nach dieser Wahl sorgten die Grünen dann im Bundesrat dafür, dass das LNG-Fracking-Gas subventioniert nach Deutschland importiert werden kann. Zu dieser Bundesratsabstimmung pro Frackinggas findet sich kein Beitrag auf der Website der Sprecherin für Energiepolitik von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag.
In dem Artikel „Wird in Hamburg bald Fracking-Gas getankt?“ schreibt das Hamburger Abendblatt zu den Umweltschutzbedenken und dem Abstimmungsverhalten der „Umweltpartei Die Grünen“ (3):
„Gilbert Siegler, Sprecher des in der Energiepolitik engagierten privat organisierten Hamburger Energietisches, sagte dem Abendblatt: ‚Hamburg will bis 2030 zwei Kohlekraftwerke stilllegen und durch Gaskraftwerke ersetzen. Wird nun in Brunsbüttel ein LNG-Terminal gebaut und mit dem Hamburger Gasnetz verbunden, dann ist die Nutzung von gefracktem Erdgas in Hamburg programmiert. Das wäre eine Katastrophe für den Klimaschutz.‘ (…)
Hamburg hat dem Ausbau der LNG-Infrastruktur trotz solcher Vorbehalte jetzt zugestimmt, das heißt: Auch die Grünen haben sich also dafür ausgesprochen. Wären sie dagegen gewesen, hätte sich Hamburg enthalten müssen. „Dass Hamburgs rot-grüne Regierung für eine gesetzliche Regelung stimmt, die den millionenschweren Ausbau von LNG-Terminals fördert, ist nach den vollmundigen Ankündigungen des Bürgermeisters und des Umweltsenators zum Klimaschutz mehr als befremdlich“, sagte BUND-Chef Braasch.“
Der Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel von Die Linke äußerte sich in einer Pressemitteilung mit dem Titel „Bundesrat setzt durch LNG-Förderung fatales Signal für Fracking-Gas und gegen Klimaschutz“ zu der Angelegenheit und verwies ebenso wie das Hamburger Abendblatt auf das im Bundesrat normalerweise übliche Abstimmungsverhalten von Landesregierungen deren Koalitionspartner unterschiedlicher Meinung sind. Ist ein Koalitionspartner „dagegen“, enthält sich die jeweilige Landesregierung. Die Grünen sorgten aber nicht für Enthaltungen, sondern für Zustimmung. Zdebel schreibt dazu (4):
„Statt auf Klimaschutz und erneuerbare Energien zu setzen, hat sich der Bundesrat für den Import von dreckigem Fracking-Gas aus den USA und einen extrem klimaschädlichen fossilen Energieträger ausgesprochen. (…)
Keine zwei Wochen nach der Europawahl, bei der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Klimaschutz vollmundig zum bestimmenden Thema gemacht haben, ist die Partei der Klimaschutzbewegung in den Rücken gefallen. Gibt es unterschiedliche Ansichten über ein Gesetzesvorhaben in einer Landesregierung, enthält sich diese grundsätzlich im Bundesrat. Hätten sich alle Länder mit GRÜNER Regierungsbeteiligung enthalten, wäre die erforderliche Mehrheit für die LNG-Verordnung nicht zustande gekommen.“
Die Anti-Fracking-Website „Gegen Gasbohren“ schreibt in dem Artikel „GRÜNE enttäuschen bei der LNG-Abstimmung im Bundesrat“ (5):
„Damit ist für Frackinggas, hauptsächlich aus Amerika, Tür und Tor geöffnet.
Frackinggas, das durch seinen Methanschlupf von der Förderung bis zum Endverbraucher von seiner Klimabilanz mindestens genauso schädlich ist wie Kohle. Wenn man auch, wie vielfach angekündigt, auf bessere Produktionsverfahren hofft, ist nicht zu leugnen, dass Erdgas ein fossiler Brennstoff ist, den es in Zukunft weitestgehend auszuschalten gilt.
Betrachtet man dazu noch die Aufbereitung des Gases, Transportwege usw., zeigt sich, dass dafür ein hoher Energieaufwand betrieben werden muss. Davon ist in der Argumentation der Befürworter nichts zu vernehmen.
Und damit das Geschäft mit Flüssiggas (LNG) dennoch im Ganzen rentabel bleibt, wird durch diese neue Verordnung der Verbraucher zur Kasse gebeten.“
PV-Magazine schreibt in dem Beitrag „Niederschmetternd für Klimaschutz und Grüne Glaubwürdigkeit: Bundesrat befürwortet LNG-Infrastruktur“ zu den Ereignissen bei der Abstimmung im Bundesrat (6):
„Die Frage, warum dreistellige Millionenbeträge samt freundlichsten Gesetzesänderungen der Erdgasindustrie und nicht den erneuerbaren Energien gewidmet werden, wurde von niemandem verbalisiert, gellte aber in Form eines durch Mark und Bein gehenden Buh-Schreis von der Besuchertribüne durch den Raum. Ob seines schändlichen Tuns vermutlich selbst vom Gewissen geplagt kam vom Präsidium keine Rüge.
Die Grünen-Umweltministerin von Thüringen, Siegesmund, ging auf den Schrei und auf die Demonstranten vor dem Bundesratsgebäude ein: Man müsse den Menschen erklären, warum LNG nötig sei und dürfe hierbei auch Gefahren nicht verschweigen. Schließlich könne auch unkonventionell gefracktes Erdgas importiert werden.“
Interessanterweise erfolgte der Bundesratsbeschluss zur Subventionierung des teuren und umweltschädlichen Frackinggases beziehungsweise der entsprechenden Importinfrastruktur just in dem Zeitraum, in dem die US-Regierung den umfangreichen Ausbau der LNG-Exportinfrastruktur für das in den USA durch Fracking gewonnene Gas ankündigte. Bizarrerweise tauften die US-Behörden das US-Frackinggas in „Freedom Gas“ beziehungsweise seine Moluküle in „Molecules of Freedom“ um (7). Diese Begriffe erinnern den Betrachter an die „Freedom Fries“ – statt „French Fries“ – in den USA aus der Zeit der Invasion des Iraks.
Die schweizerische Website watson.ch zu Freiheitsgas und den erstaunlich gut zu den deutschen Importambitionen passenden US-Exportambitionen von Fracking-Gas (8):
„In einer Pressemitteilung des US-Energie-Departements vom Dienstag werden fossile Brennstoffe und flüssiges Erdgas (LNG, Liquefied Natural Gas) als «Freiheits-Moleküle» bzw. «Freiheits-Gas» bezeichnet. (…)
Aber es kommt noch besser. Die eigentliche Nachricht in der Pressemitteilung ist die Ankündigung einer neuen Gasverflüssigungsanlage im texanischen Houston. Direkt am Golf von Mexiko gelegen, soll sie «Freedom Gas» a.k.a. flüssiges Erdgas in die Welt verbreiten.“
Der Spiegel schreibt in dem Artikel „Fracking. US-Regierung wirbt für ‚Freiheitsgas’“ (9):
„Die Pressemitteilung des US-Energieministeriums hätte außer Branchenexperten wohl kaum jemand beachtet. Die Behörde gibt darin bekannt, dass über eine neue Anlage an der Küste des Bundesstaates Texas in Zukunft mehr Flüssiggas (LNG) ins Ausland exportiert werden kann. (…)
Die US-Regierung würde gern auch mehr Flüssiggas nach Europa verkaufen. Zwar sind die EU-Importe zuletzt gestiegen, allerdings ist der LNG-Anteil am Gesamtverbrauch in Europa immer noch sehr klein.“
Verweise
(1) http://blauerbote.com/2019/05/30/das-rezo-video-wurde-vom-stroeer-konzern-hergestellt/
(2) https://julia-verlinden.de/detail/article/lng_verlaengert_das_fossile_zeitalter/
(3) https://www.abendblatt.de/hamburg/article226242161/Wird-in-Hamburg-bald-Fracking-Gas-getankt.html
(4) http://www.hubertus-zdebel.de/bundesrat-setzt-durch-lng-foerderung-fatales-signal-fuer-fracking-gas-und-gegen-klimaschutz/
(5) http://www.gegen-gasbohren.de/2019/06/11/gruene-enttaeuschen-bei-der-lng-abstimmung-im-bundesrat/
(6) https://www.pv-magazine.de/2019/06/11/niederschmetternd-fuer-klimaschutz-und-gruene-glaubwuerdigkeit-bundesrat-befuerwortet-lng-infrastruktur/
(7) https://www.sciencealert.com/us-department-of-energy-is-now-referring-to-natural-gas-as-freedom-gas
(8) https://www.watson.ch/international/usa/639188222-die-trump-regierung-hat-erdgas-umbenannt-es-heisst-jetzt-freedom-gas
(9) https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/fracking-gas-us-regierung-wirbt-fuer-freiheitsgas-a-1270061.html