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Zeitalter der Verwirrung

In einem Rubikon-Videointerview spricht Florian Kirner über seinen neuen Roman „Leichter als Luft“, eine Zeitreise von 9/11 bis heute.

„Humor ist eine ernsthafte Sache“, scherzt Florian Kirner im Kurzinterview mit Jens Lehrich auf einer Parkbank in Hamburg auf die Frage, ob die Komik in seinem Roman „Leichter als Luft“ beabsichtigt sei. Offenbar ist sie in diesem Buch eher nebenbei entstanden: Situationskomik, die seine drei kuriosen Hauptfiguren aus der Berliner Technoszene — das Weazel, Donna Fauna und der Kanarienquex — ganz natürlich, aufgrund ihrer außergewöhnlichen Art kostenlos mitlieferten.

Humor ist ihm in diesem Buch tatsächlich gelungen, doch dieser geht stets Hand in Hand mit dem Ernst des Weltgeschehens und der Entwicklung der Menschheit in den letzten zwei Jahrzehnten:

„Das Weazel hatte es ja immer gewusst: Mutation! Nicht die Erweckung der Spezies, sondern deren Spaltung sollte das bedeuten. Nicht Revolution durch die Mehrheit, sondern die Mutation einer Minderheit, während die Mehrheit ihren eigenen Untergang besorgte!

Zuschauen, wie sich die Feindmehrheit gegenseitig dezimierte, und Inseln der Verwandlung schaffen, die als Operationsbasen für einen Neuanfang dienen konnten, inmitten der unausbleiblichen Sintflut!

Das war nach Auffassung des Weazels der einzige Ausweg aus der Misere der Menschheit, die eine Weltgeschichte lang bewiesen hatte, dass fundamentale Lerneffekte von ihr nicht zu erwarten waren. Brot und Spiele, Teile und Herrsche, falsche Flaggen und Nationalfarben, Pogromhetze, Kriegstreiberei und Spektakel: Die Gebrauchsanweisung für den Machterhalt der Mörder, für Kriege, Not und Elend, horrenden Reichtum und groteske Machtkonzentration war doch von alters her identisch.

Es gab technische Upgrades und kulturelle Modifikationen. Im Grunde waren die Mechanismen der Macht von Rom bis Washington und von Babylon bis Peking immer die gleichen geblieben. Und trotzdem fiel die Mehrheit der Leute jedes Mal wieder darauf rein. Es war nicht zu fassen.

Das Weazel hatte dieses Unfassbare erfasst und angenommen. Es hatte seine Konsequenzen und Leine gezogen.“

Auf der Basis seines umfassenden Geschichtswissens als Historiker, gepaart mit seinen eigenen Erfahrungen in der, wie er sagt „gegenweltlichen Intaktheit der damaligen Subkultur“, gelingt dem Autor ein Roman, der dem Leser eine neue Sichtweise auf unsere heutige Welt ermöglicht. Unterhaltung mit Horizonterweiterung. Weltflucht in eine Fiktion, die uns die Realität um die Ohren haut.

Im Kurzinterview auf der Parkbank spricht Florian Kirner über seine eigene Geschichte, den Entstehungsprozess des Buchs und seine Enttäuschung über die alternativen Medien, von denen er zugleich ein Teil ist.



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Dieser Beitrag erschien zuerst im Rubikon-Magazin.

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