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Walter Lübcke getötet – Schon wieder eine Hinrichtung per Kopfschuss in Nordhessen

Der CDU-Politiker und Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke wurde in in seinem Haus im Kreis Kassel per Kopfschuss getötet. Von den Tätern und der Tatwaffe fehlt bisher laut Polizei und Staatsanwaltschaft jede Spur. Vor dreizehn Jahren wurde in einem Internetcafé in Kassel der Cafébesitzer Halit Yozgat in Anwesenheit eines Nazi-V-Manns des hessischen Geheimdienstes mit zwei Kopfschüssen hingerichtet. 

Die Hessenschau schreibt zu den Umständen des Mordes an dem CDU-Politiker, der Medienberichten zufolge eher untypisch für die hessische CDU gewesen sein soll: „Der 65-jährige Lübcke war am frühen Sonntagmorgen tot im Garten seines Wohnhauses in Wolfhagen-Istha (Kreis Kassel) aufgefunden worden. Nach Medienberichten wies die Leiche am Kopf eine Schusswunde auf, eine Waffe sei nicht gefunden worden. Noch am Sonntag kreiste fast den ganzen Tag über ein Polizeihubschrauber über dem Ort, das Gebiet um Lübckes Haus war weiträumig abgesperrt. Auch am Montag war dort die Polizei präsent.“.

Es bleibt zu hoffen, dass wenigstens dieser Fall aufgeklärt wird und der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) – Koalitionspartner der Grünen – nicht wieder die Ermittlungsergebnisse für 120 Jahre wegschließen lässt wie im Falle der Ermordung von Halit Yozgat:

Junge Welt: „Der Fall Temme„: „Das Oberlandesgericht (OLG) München hält laut Beschluss vom 12. Juli 2016 für glaubwürdig, dass der als Zeuge gehörte Andreas Temme, der damals im Nebenraum saß, keine Schüsse gehört habe – ein Mann, der seine Freizeit im Schützenverein verbringt. Es hält für nachvollziehbar, dass der hessische Verfassungsschützer Temme, der kurz nach dem Mordanschlag das Café verließ, nach dessen Angaben auf der Suche nach dem jungen Besitzer, dreimal an dem Sterbenden vorbeigegangen war, ohne ihn hinter einem Tisch liegen zu sehen. Es hält für glaubwürdig, dass der rund 1,90 Meter große V-Mann-Führer weder die Blutspritzer auf dem 73 Zentimeter hohen Tisch sah, auf den er ein Geldstück für die Computernutzung legte, noch den dahinter liegenden Halit Yozgat.“.

Nachdenkseiten: „Der V-Mann Führer Andreas Temme und die politische/juristische Aufklärung in Form eines Bestattungsunternehmens„: „Als junger Mann trägt der Protagonist aufgrund seiner neonazistischen Gesinnung den Spitzname ‚Klein Adolf’. Dann wird er Geheimdienstmitarbeiter beim hessischen Verfassungsschutz. Er ‚führt’ Neonazis als V-Leute. Er und seine als V-Leute geführten Neonazis sollen Straftaten vor ihrer Begehung verhindern. Seine Vorgesetzten bezeichnen ihn als ausgezeichneten Mitarbeiter. Dieser Mann hat einen ‚siebten Sinn’. Als NSU-Mitglieder in Kassel 2006 den Internetbesitzer Halit Yozgat mit zwei Schüssen in den Kopf hinrichten, sitzt er mittendrin. Kurz nach dem Mord verlässt er seinen Internetplatz und legt ein Geldstück auf den Tisch, der mit Blutspritzern bedeckt ist. Der Besitzer liegt tot hinter dem Schreibtisch. Wenig später wird er sich an nichts erinnern: Weder will er das Internetcafe gekannt, noch Schüsse gehört haben, geschweige denn den schwer verletzten Halit Yozgat hinter seinem Schreibtisch gesehen haben. In den zahlreichen Vernehmungen, erst als Tatverdächtiger, dann als Zeuge bleiben mehr Falschaussagen zurück, als glaubwürdige Einlassungen. Seine Vorgesetzten halten eisern zu ihm, treffen sich mit ihm auf einer Raststätte, machen ihm Mut und erinnern ihn unentwegt an die ‚Kasseler Problematik,’ in der er auch ein bisschen drinstecke. Das Verfahren gegen ihn wird eingestellt. Heute hat er einen ruhigen Job in der Rentenabteilung des hessischen Innenministeriums.“

Bundestag.de: „NSU-Ausschuss rätselt über DNA-Spuren„: „Rätselraten über DNA-Spuren hat die Zeugenvernehmung im 3. Untersuchungsausschuss zum sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU II) unter der Leitung von Clemens Binninger (CDU/CSU) geprägt. 15 Banküberfälle, zwei Sprengstoffanschläge und zehn Morde zwischen 2000 und 2006 werden der Terrorgruppe zur Last gelegt. Doch an keinem der 27 Tatorte seien DNA-Spuren von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gesichert worden – jenen beiden Männern, die sich in Eisenach nach einem Banküberfall in ihrem Wohnmobil selbst umbrachten.“

Frankfurter Neue Presse: „NSU-Mordserie. Verfassungsschützer Temme: Nichts gesehen, nichts gehört.„: „Ex-Verfassungsschützer Andreas Temme war im Kasseler Internetcafé, als dessen Besitzer der NSU-Mordserie zum Opfer fiel. Doch gesehen oder gehört haben will der Mann davon nichts. Das beteuert er auch in seiner zweiten Vernehmung in Wiesbaden. (…) Im Gegenteil, von dem Mord am Donnerstag habe er erst am Sonntag durch das Lesen eines örtlichen Anzeigenblatts erfahren. Allerdings wusste Temme nach Zeugenaussagen schon einen Tag später, mit welcher Waffe das Verbrechen begangen wurde. Und das stand nicht in dem Anzeigenblatt, wie ihm die SPD-Abgeordnete Nancy Faeser vorhielt.“

Taz: „NSU-Bericht bleibt 120 Jahre geheim„: „Der nun zurückgehaltene Bericht soll 30 Belege über Verbindungen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) zur hessischen Neo­naziszene zwischen 1992 und 2012 enthalten. Er könnte wichtige Antworten auf die Fragen liefern, wie der NSU Tatorte auswählte und wie er dabei auf die Unterstützung der lokalen Neonaziszene zurückgriff. Antworten, die insbesondere in Hessen interessant sind, wo Verfassungsschützer Andreas Temme, V-Mann-Führer des NSU-Kontakts Benjamin G., sich zum Tatzeitpunkt in genau jenem Internetcafé in Kassel aufhielt, wo Halit Yozgat 2006 ermordet wurde. Herausgekommen ist bereits im hessischen Untersuchungsausschuss, dass das dortige Landesamt schon 1999 Hinweise auf „National Sozialistische Untergrundkämpfer Deutschlands“ hatte.“

Telepolis: „Verfassungsschutz will NSU-Bericht für 120 Jahre wegschließen„: „120 Jahre – für diese Dauer hat das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) von Hessen einen internen Bericht gesperrt, in dem es auch um den NSU-Mord von Kassel und die mögliche Verwicklung seines Mitarbeiters Andreas Temme gehen dürfte. Das schürt einerseits den Verdacht: Was derart lange geheim gehalten werden soll, muss brisant sein. Andererseits kann diese absurde Sperrfrist als Botschaft verstanden werden an die Öffentlichkeit und diejenigen, die weiterhin aufklären wollen: ‚Von uns erfahrt Ihr nichts mehr. Gebt auf!‘ Es ist ein unverblümter Bruch einer Sicherheitsbehörde mit dem Legalitätsprinzip im Rechtsstaat BRD, Ausdruck des verzweifelten Abwehrkampfes gegen die anhaltenden Aufklärungsbemühungen im Mordkomplex NSU.“

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3 Kommentare

  1. Ich kenne nur sehr wenige Fakten zur Person Lübke und zu den aktuellen Geschehnissen. Trotzdem versuche ich, mir eine Meinung zu bilden. Das gemutmaßte Szenario das ein „Rächer der Enterbten“ Lübke wegen seiner ausfallenden Äußerungen in Lohfelden heimsuchte, halte ich für die unwahrscheinlichste Variante. Wenn man aber in die andere Richtung denkt könnte es interessant werden. Lübke ist ja bekanntlich nach Lohfelden bedroht worden und stand zeitweise unter Polizeischutz. Lübke ist /war 65 Jahre alt. Pensionsalter. Die Möglichkeit das hier eine Aktion gefahren wird und Lübke in einem Zeugenschutzprogramm eine neue Identität bekommt um woanders in Ruhe seinen Lebensabend zu verbringen halte ich für wahrscheinlicher als die Mähr vom bösen Nazi. Sollte Lübkes physische Existenz tatsächlich beendet sein bleiben Selbstmord oder Mord übrig. Da kann man nur auf erfahrene Kriminalisten hoffen. Ein afrikanisches Sprichwort sagt: Suche deinen Feind im Schatten deiner Hütte… .

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