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Brasilien droht rechter Putsch

Rechte „Eliten“ gehen mit unsauberen Mitteln gegen die brasilianische Linksregierung vor. Fadenscheinige Korruptionsvorwürfe gegen Ex-Präsident Lula und der Umgang damit durch Präsidentin Rousseff sollen zu deren Amtsenthebung führen und Lula diskreditieren. Dabei ist die „Beweislage“ mau, die Ankläger aus den Reihen der Opposition sind dagegen selbst korrupt ohne Ende. Gleichzeitig stachelt die Opposition mit Hilfe des brasilianischen Medienmonopolisten Globo Proteste an, die schnell in Gewalt umschlagen könnten. Das Militär, das bereits von 1964 bis 1985 in Brasilien eine rechte Diktatur errichtet hatte, wird von rechten Protestiereren zum Eingreifen aufgefordert. Die Anhänger der linken, sozialdemokratischen Regierung demonstrieren gegen einen drohenden rechten Putsch. Beide Demonstrantengruppen mobilisieren hundertausende Menschen.

Demonstrationen gegen drohenden Putsch in Brasilien, 20.03.2016. „Am Freitag sind in ganz Brasilien hunderttausende Menschen gegen einen Sturz der Regierung auf die Straße gegangen. Gewerkschaften, soziale Bewegungen und die regierende Arbeiterpartei (PT) hatten zu dem Protest aufgerufen. Die überwiegend in rot gekleideten Demonstranten riefen Parolen wie ‚Es wird keinen Putsch geben‘ und forderten auf Plakaten ein Ende des umstrittenen Mediengroßkonzerns Rede Globo. […]  Unterdessen nimmt die Polarisierung im Land weiter zu, vor allem Gegner der linksgerichteten PT-Regierung scheinen dabei auch vor Gewalt nicht mehr zurückzuschrecken. In mehreren Städten des südamerikanischen Landes wurden in den letzten Tagen Büros der PT angegriffen.“.

Staatskrise in Brasilien: Kalter Putsch, 19.03.2016. „Brasiliens Justiz bläst zur Hexenjagd auf Ex-Präsident Lula. Unterstützung erhält sie von rechtsextremen und ewiggestrigen Demonstranten. Für die Demokratie des Landes ist das gefährlich. […] Lula gab sich versöhnlich, er unterließ Attacken auf die Justiz und rief zum Dialog auf. Hassparolen waren auf den Demos in Rio und São Paulo kaum zu hören. Anders als bei den Massenprotesten gegen die Regierung am vergangenen Wochenende, bei denen jedes Mal mehr Putschisten, Rechtsradikale und Ewiggestrige mitlaufen. […] Moro ist es bislang nicht gelungen, eine Anklage gegen Lula zusammenzuzimmern […] Eduardo Cunha. Der ist wegen Korruption und Geldwäsche angeklagt […] Dass solche Figuren ein entscheidendes Wort bei der Absetzung einer Präsidentin mitzureden haben, die sich bislang nichts zuschulden kommen ließ, untergräbt die Legitimität des gesamten Verfahrens.“.

„Da ist ein fruchtbarer Boden für autoritäre politische Konzepte“, 19.03.2016. „Das sind beides die zentralen Faktoren, die sowohl das Amtsenthebungsverfahren, was stark politisch motiviert scheint, voranbringen und motivieren, aber auch das Vorgehen der Staatsanwaltschaft gegen Lula da Silva jetzt konkret ist teils unangemessen. Also die Beantragung der Untersuchungshaft gegen den ehemaligen Präsidenten ist meines Erachtens unverhältnismäßig, weil keine Fluchtgefahr oder ähnliches besteht. Dann Telefonmitschnitte seitens der Bundespolizei der regierenden Präsidentin mit dem ehemaligen Präsidenten, die am nächsten Tag dann live im Fernsehen übertragen werden. Das sind alles Hinweise, dass sozusagen die Hauptmotivation doch politisch ist und dass man es mit einer Staatsanwaltschaft zu tun hat, die jetzt auch nicht notwendigerweise neutral agiert. Natürlich steht dahinter die Auseinandersetzung um das Wirtschafts- und Sozialmodell, um die Regierungspolitik sowohl von Lula da Silva als auch Dilma Rousseff, also der Gegensatz zwischen Umverteilungspolitiken gegenüber eines stärker wirtschaftsliberal geprägten Modells, was von der Opposition gewünscht und gefordert wird.“.

»Eliten« machen Druck, 15.03.2016. „Linke Politiker sehen sich einer aggressiven Kampagne der großen Medienkonzerne im Zusammenspiel mit Justizkreisen ausgesetzt. Die Proteste richten sich vorwiegend gegen die PT, zielen aber auch allgemein auf die als korrupt angesehene politische Klasse. Sie sind der Ruf der weißen Mittel- und Oberschicht, die das Gros der Demonstranten ausmacht, nach der starken, ordnenden Hand. Als Organisatoren treten rechtspopulistische Gruppierungen auf.“.

Rechte Massenproteste gegen Regierung Rousseff in Brasilien, 14.03.2016. „Seit Monaten versucht die rechte Opposition die Präsidentin abzusetzen. Diese äußerte sich am Abend nach einem Treffen mit ihrem Stab. ‚Das Demonstrationsrecht ist zentraler Bestandteil unserer Demokratie und muss von allen respektiert werden.‘ […] In mehreren Städten forderten Demonstranten zudem auf Transparenten eine Intervention der Streitkräfte. In der Hauptstadt Brasília sprach der ultrarechte Politiker Jair Bolsonaro unter tosendem Beifall auf einem Lautsprecherwagen. Brasilien wurde von 1964 bis 1985 von rechten Militärs regiert.“.

Am Siedepunkt, 14.03.2016. „Am 4. März erschienen in aller Frühe Beamte der Bundespolizei vor der Wohnung des populären Linkspolitikers Luiz Inácio »Lula« da Silva von der Arbeiterpartei (PT). Lula hatte Brasilien von 2003 bis 2010 regiert und steht angesichts seiner politisch angeschlagenen Nachfolgerin und Parteifreundin Dilma Rousseff vor einem politischen Comeback. Die Polizisten zwangen den früheren Staatschef, sie zu begleiten. […] Mit Unterstützung der großen ­Medien, insbesondere der Globo-Gruppe, wird eine Stimmung des Hasses und der antikommunistischen Hysterie geschürt. Ultrarechte Kreise rufen nach dem Militär. Die Koalition der Regierung Rousseff sieht sich im Parlament einer konservativen Mehrheit gegenüber. […] Unter den sozialdemokratisch gemäßigten Regierungen von Lula da Silva und Dilma Rousseff wurde nicht mit dem bestehenden System gebrochen, doch der Rechtsstaat gestärkt und Bildungschancen wurden geschaffen. Millionen wurden mit Sozialprogrammen wie »Bolsa Família« aus der Armut geholt, unterentwickelte Regionen gefördert.“.

Empörung nach Razzia und Verhör von Lula da Silva in Brasilien, 14.03.2016. „Die rechtsgerichtete Opposition begrüßte den Polizeieinsatz. […] Das brasilianische Medienmonopol Globo verbreitete die Geschehnisse von Freitag fälschlicherweise als ‚Lulas Festnahme‘. Seit Wochen steht der ehemalige Gewerkschaftsführer und Präsident im Fokus des Senders. Kritiker sehen in der medialen Kampagne auch den Versuch, die Regierung von Präsident Dilma Rousseff zu stürzen. Die regierende Arbeiterpartei PT kritisierte die Ereignisse scharf. Der Großeinsatz der Polizei und das anschließende Verhör da Silvas sind laut dem ehemaligen Präsidenten der Anwaltskammer von Rio de Janeiro und Bundesstellvertreter der PT, Wadih Damous, unrechtmäßig gewesen, weil er sich bisher keiner richterlichen Vorladung zur Aussage im Fall Lava Jato widersetzt habe.“.

Brasilien droht der Rechtsruck, 03.03.2016. „Drei Jahrzehnte waren die Strassen hauptsächlich von der Arbeiterschaft und anderen progressiven sozialen Kräften besetzt. Aber etwas hat sich geändert. Seit den März- und Augustdemonstrationen ist eine unberechenbare Rechte zum Vorschein gekommen, die bis dahin im Verborgenen und zersplittert war. Diese Demonstrationen schafften es in hohem Maβe, Menschen der Mittelklasse und in geringerem Maβe auch Arbeiter (zumeist durch die konservativen Kirchen) zu bewegen und die traditionelle Rechte nachzuziehen. Die soziale Polarisierung ist gewachsen und läβt wenig Raum für die politische Mitte, die einen grossen Teil der letzten zwanzig Jahr dominierte. […] Die Lage wird sich für die Partei verschlechtern, wenn Rousseffs Regierung schwächer wird, da sie die Unterstützung in den Institutionen verliert, die mit der politischen Maschinerie verbunden sind. Obwohl sie der kapitalistischen Klasse Brasiliens durch die Politik des finanziellen Ausgleichs Zugeständnisse machte – Austeritätsmaβnahmen um die Gläubiger zu beschwichtigen – hat sich Rousseffs Standing nicht verbessert.“.

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