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Ich soll 800 Euro zahlen für einen Blogbeitrag, der der Landesmedienanstalt Baden-Württemberg leicht missfällt.

Es ist ein Novum in Deutschland:

Ich bin der erste Privatmann in Deutschland, der dazu gezwungen werden soll, den Wortlaut eines veröffentlichten Blog-Artikels zu ändern, der keinen strafbaren Inhalt hat.

Die LFK Baden-Württemberg behauptet lediglich, die Berichterstattung sei nicht 100% korrekt und ich hätte meine „journalistische Sorgsfaltspflicht“ (obwohl ich ja Privatmann bin) verletzt. Hunde in Italien hätten Schüler nur indirekt und nicht direkt beschnüffelt, wie man in einer Pressemitteilung lesen könne (die ich gar nicht verlinkt hatte bzw. nicht kannte).

Das soll jetzt 800 Euro Strafe, Pardon „Verwaltungsgebühr“ kosten.

Ein Exempel, natürlich.

Ich betone noch einmal, dass es nicht um strafbare Inhalte geht. Es geht nicht um ein Beleidigungsverfahren etc.. Es geht nur darum, dass die Wortwahl einen Tick „falsch“ sei. In einem eigentlich völlig unbedeutenden Artikel. Kein Scherz: Man hatte mir in einem ersten Schritt die „falschen“ Wörter rot angestrichen und „korrigiert“…

Hintergrund ist, dass Hunde erschnüffeln sollen, welche Kinder (samt Geschwistern und Familien) eingesperrt („Corona-Quarantäne“) werden sollen. Das entsprechende Video trägt die Überschrift „Südtirol, Anti-Covid-Hunde kommen in die Schulen: ‚Sie unterscheiden positiv von gesund‘.“. Mein Artikel dazu – eher eine kurze Notiz – ist kein Meisterstück, aber man kann sich ja vorstellen, dass da eine gewisse Empörung mitspielt.

Außerdem ist zu betonen, dass ich kein Medienunternehmen bin, aber die Regierenden sich seit der letzten Änderung des Medienstaatsvertrages herausnehmen – wie ausgerechnet von mir damals berichtet – Privatpersonen zu Nachrichtensendern zu erklären und dann entsprechend zu bearbeiten bzw. zu verurteilen. Das gilt nicht nur für Privatblogger, sondern auch für Facebook, Instagram, Twitter und Co…

Mehr zu dem Fall hier, bei Markus Kompa oder bei den Nachdenkseiten.

Da der Bescheid der Abteilung „Zulassung, Aufsicht und Verwaltung“ öffentlich und von hohem Interesse für die Öffentlichkeit ist (Jeder kann in diese Lage kommen!), hier ein Auszug:

Dass Politik und Medien bei vielen Themen nachweisbar lügen, interessiert relativ dazu nicht…

Zu dem Vorfall noch mein „weissagender“ Artikel aus dem Jahre 2018 (Rubikon-Version):

Die Staatszensur

Wird Bloggen bald nur noch mit staatlicher Lizenz erlaubt sein?

von Jens Bernert

Wie schränkt man am Geschicktesten am Grundgesetz vorbei die Meinungsfreiheit ein? Ganz einfach: Die Bundesregierung erklärt Menschen und Gruppen zu Rundfunkanbietern und gibt diesen dann einfach keine Rundfunklizenz zur Verbreitung ihrer abweichenden Meinungen im Internet.

Magazine sowie Blogger, YouTuber, Facebooker, Twitterer, Betreiber anderer Websites und andere Internetnutzer, die mit ihren Aktivitäten nicht nur eine geringe Anzahl von Menschen erreichen, sollen nach dem neuen, in Vorbereitung befindlichen Medienstaatsvertrag eine Rundfunklizenz beantragen müssen (1, 2).

Dass die Behörden diese Lizenz auch verweigern oder entziehen können, liegt auf der Hand. Meinungsfreiheit von Staates Gnaden. Wer wird da noch eine abweichende Meinung „senden“?

Der Staatsvertrag benutzt für den neuen Lizenzkreis Begriffe wie „Benutzeroberfläche“ und „Medienintermediär“, die Deutschlands bekanntester Blogger Fefe so erläutert (3):

„Eine Übersicht über Angebote oder Inhalte einzelner oder mehrerer Medienplattformen heißt in deren Lingo Benutzeroberfläche. Mit anderen Worten: Mein Blog. Medienintermediär ist jedes Telemedium, das journalistisch-redaktionelle Angebote Dritter aggregiert, selektiert und allgemein zugänglich präsentiert. Also mit anderen Worten: Eure Facebook-Page, euer Twitter, eure Homepage mit RSS, euer Blog. Euer Youtube-Kanal.“

Mit dem neuen Rundfunkstaatsvertrag kommt alles auf die Abschussliste, was außerhalb der bei wirklich relevanten Themen einheitlich berichtenden Massenmedien „funkt“. Übrig bleibt ein regierungstreuer Einheitsbrei, der jede noch so dreiste Manipulation und Propagandalüge stützt. Um es mit Professor Rainer Mausfeld zu sagen (4):

„Gegenwärtig haben die Leitmedien in ihrer Bereitschaft und Willfährigkeit, das Weltbild transatlantischer neoliberaler Eliten zu vermitteln, ganz offensichtlich jedes Maß verloren. Das hat zur Folge, dass die Medien Fakten, die nicht in dieses Weltbild passen, immer hemmungsloser verschweigen oder verzerren. So erschaffen sie medial eine gesellschaftliche und soziale Realität, in der die wichtigsten Fragen gar nicht erst vorkommen und die tatsächlichen Konflikte vernebelt und verschleiert werden.“

Auch Peter Scholl-Latour, der große alte Mann des Journalismus, warnte 2014 vor seinem Tod eindringlich vor der Uniformität der Berichterstattung – oder sagen wir besser Falschberichterstattung (5):

„Wenn Sie sich einmal anschauen, wie einseitig die hiesigen Medien, von taz bis Welt, über die Ereignisse in der Ukraine berichten, dann kann man wirklich von einer Desinformation im großen Stil berichten. (…) Ähnliches fand und findet ja bezüglich Syrien und anderen Krisenherden statt.“

Die Wahrheit muss ja verdammt viel Sprengkraft haben (und das hat sie tatsächlich), wenn Politiker für ihre Massenmedien trotz fast absoluter Kontrolle der veröffentlichten Meinung jetzt auch noch zu solchen Mitteln greifen. Offenbar reichen die Zensurmaßnahmen, wie sie beispielsweise bei Facebook durch den Bertelsmann-Konzern oder die Gruppe „Correctiv“ durchgeführt werden, nicht mehr.

Auch das angeblich gegen „den Hass im Netz“ etablierte Gesetz NetzDG, von dem alle Kritiker sagten, es diene in Wahrheit der Unterdrückung von abweichenden Meinungen oder Propagandakritik – im Jargon der Mächtigen auch „russische Propaganda“ genannt –, reicht wohl noch nicht aus, trotz allen Lobes des Atlantic Council in einer Hochglanzbroschüre für die NATO namens „Democratic Defense Against Disinformation“, in dem Angela Merkels zuständiger Minister Heiko Maas ausdrücklich und mit Foto als „Architekt des NetzDG“ gegen „russische Propaganda“ gepriesen wurde (6, 7).

Wenn Magazine, Blogs, YouTuber oder Menschen mit einer beliebten Facebook-Seite keine Rundfunklizenz erhalten oder bei ihnen die sprichwörtliche „Schere im Kopf“ zuschlägt, wird die Bevölkerung noch weniger erfahren über die missbräuchlichen Hintergründe des NetzDG, bizarre Propagandagestalten wie die Weißhelme oder Twittermädchen Bana Alabed oder darüber, dass die schwedische Regierung längst öffentlich zugegeben hat, dass in den Schären vor Stockholm keine russischen U-Boote unterwegs waren (8, 9, 10, 11, 12, 13). Um nur einige Beispiele zu nennen.

Das also ist jene FREIHEIT, von der immer alle reden…


Quellen und Anmerkungen:

(1) https://www.rlp.de/fileadmin/rlp-stk/pdf-Dateien/Medienpolitik/04_MStV_Online_2018_Fristverlaengerung.pdf
(2) https://www.rlp.de/index.php?id=27687
(3) https://blog.fefe.de/?ts=a58381a0
(4) https://www.rubikon.news/artikel/massenmediale-ideologieproduktion
(5) https://www.rubikon.news/artikel/lugen-die-medien
(6) http://blauerbote.com/2018/04/17/atlantic-council-netzdg-gilt-dem-kampf-gegen-feindpropaganda/
(7) http://norberthaering.de/de/27-german/news/972-maas-atlantic-council
(8) https://www.rubikon.news/artikel/die-kriegslugner
(9) https://www.rubikon.news/artikel/die-weisshelm-terroristen
(10) https://www.rubikon.news/artikel/das-twittermadchen-aus-syrien
(11) http://blauerbote.com/spendenkonto-fuer-gerichtsverfahren-gegen-den-stern/
(12) http://blauerbote.com/2016/06/16/schwedische-regierung-gibt-bekannt-angebliches-russisches-u-boot-2014-war-schwedisches-u-boot/
(13) https://www.heise.de/tp/features/Enten-und-U-Boote-3270426.html

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