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Virologe Dr. Goldschmidt: Reaktion auf COVID-19 völlig übertrieben, totalitäre Maßnahmen

Der in Monaco/Südfrankreich lebende argentinische Virologe Dr. Pablo Goldschmidt hält die politische Reaktion auf Covid19 für „völlig übertrieben“ und warnt vor „totalitären Maßnahmen“. In Frankreich werde die Bewegung der Menschen teilweise bereits mit Dronen überwacht. Die Weltredaktion des Rubikon-Magazins hat ein Interview mit Goldschmidt auf Deutsch übersetzt:

Der Corona-Totalitarismus

Der Virologe Pablo Goldschmidt warnt vor totalitären Maßnahmen.

Wie jemand, der gegen den Strom schwimmt, kämpft Doktor Paul Goldschmidt, der vor 65 Jahren in unserem Land (gemeint ist Argentinien, Anmerkung der Übersetzerin) geboren wurde und seit 40 Jahren in Frankreich lebt, gegen die Virenpanik.

Davon zeugt sein Buch “La gente y los microbios” (zu deutsch etwa „Die Menschen und die Mikroorganismen“; Anmerkung der Übersetzerin), in dem er die Psychose anlässlich der H1N1-Grippe (Schweinegrippe) und des SARS erklärt.

Jetzt nimmt es dieser emeritierte Virologe des französischen Gesundheitsministeriums mit den Berechnungen der WHO zur Ausbreitung des Coronavirus COVID-19 auf, das bereits 595.953 Menschen angesteckt und 27.333 getötet hat — davon 690 beziehungsweise 17 in Argentinien. Goldschmidt wird diese Zahlen jedoch relativieren.

„Wir sind alle eingesperrt. In Nizza gibt es Drohnen, die den Menschen von der Luft aus Bußgelder aufbrummen. Wie weit ist es mit dieser Überwachung gekommen. Man muss jetzt Hannah Arendt lesen und sehr genau die damaligen Ursprüngen des Totalitarismus anschauen. Wenn man der Bevölkerung Angst macht, kann man alles mit ihr machen“, hält er fest. Und wenn man ihn darauf aufmerksam macht, dass er sich in der Altersgruppe der besonders Gefährdeten befindet, akzeptiert er das: „Aber natürlich … wir sind alle gefährdet. Aber es gibt 80-Jährige, denen es fantastisch geht.“


Warum behaupten Sie, es gäbe dem Coronavirus gegenüber eine ungerechtfertigte Paranoia?

Schauen Sie, dieser Typ Erkrankung rechtfertigt keinen Totalstillstand des Planeten — es sei denn, es gäbe realistische Prognosen.

Und die gibt es nicht?

Im London Imperial College, das gute Abteilungen für Epidemiologie und mathematische Prognosen hat, gibt es einen Professor, (Neil) Ferguson, der das Modell sich abflachender oder nicht abflachender Kurven in der Epidemiologie erarbeitet hat.

Und dieses Modell wurde dank einer Empfehlung der WHO allen politischen Regierungsentscheidungen zugrundegelegt, ohne es zu diskutieren oder die Gleichungen einer Prüfung zu unterziehen. Ich habe dies von Anfang an untersucht und gesehen, dass etwas nicht stimmte. Ich fand das nicht schlüssig.

Vorgestern Abend sagte Herr Ferguson, dass die von ihnen errechnete Projektion in Bezug auf die Anzahl der Todesfälle massiv heruntergesetzt werden müsste (…).

Was bedeutet das?

Dass er zum Beispiel mit seinem Modell — das nun die ganze Welt anwendet, ohne es je hinterfragt zu haben — für die USA 2.200.000 und für Großbritannien 500.000 Todesfälle vorausgesagt hatte, wenn man keine Maßnahmen zur Abflachung der Kurve und allem, was dazu gehöre, ergreife.

Und jetzt sagt er, nein, die Vorhersagen schienen nicht exakt zu sein. Genauso geschah es auch mit dem H1N1. Jetzt sagen sie deutlich weniger Tode voraus — vorausgesetzt, man halte die Eindämmungsmaßnahmen ein, die die Regierungen angewandt haben. Die Schätzungen belaufen sich auf viel geringere Zahlen.

Aber durch die Ausgangssperre…

Die Ausgangssperre, die zum Abflachen der Kurve eingerichtet wurde, legte ja die ersten Berechnungen zugrunde, die einen höheren Übertragungs- und Sterblichkeitskoeffizienten ergeben hatten.

Nun sagt er jedoch, es sei nicht wie ehemals gedacht, sondern bewege sich zwischen 3 und 2,5, was etwa den Werten der Grippe entspricht. Und am Mittwoch sagte er, durch die überarbeiteten Schätzungen und die von der britischen Regierung eingeleiteten Eindämmungsmaßnahmen (…) würden etwa 20.000 Menschen durch das Virus sterben — oder durch die Folgen anderer Leiden, die mit dem Virus in Zusammenhang gebracht werden.

Leiden welcher Art?

Infarkte, Schlaganfälle … Wenn Sie nämlich ins Krankenhaus gehen und an einem Infarkt sterben, wird man sagen, Sie seien dem Virus erlegen. Das Problem ist, dass sich gerade alles vermischt. Wenn eine Person wegen eines Selbstmordversuchs eingeliefert wird und ein Mittel gegen eine Erkältung eingenommen hat, ist sie am Virus gestorben.

Auch jemand mit einem unsachgemäß behandelten Schlaganfall ist, wenn er erkältet war, am Virus gestoben und nicht am Schlaganfall selbst. Er sagt, man müsse die Zahlen überprüfen. Es gibt natürlich in Oxford einen anderen Epidemiologen, der sich überrascht darüber zeigt, dass man vonseiten internationaler Organisationen das Modell des Imperial College so bedingungslos akzeptiert habe.

Hier wird eine andere Art des Prognosemodells entwickelt und man ist der Überzeugung, dass das Virus sich unsichtbar und unkontrolliert mindestens einen Monat lang, bevor irgendjemand Verdacht geschöpft hat, verbreitet hat. Wenn man die Bevölkerung durchtesten würde, habe sich wahrscheinlich die Hälfte infiziert, womit die Sterblichkeit sowie das Risiko viel niedriger sei.

Wenn dies stimmt, würde einer von Tausend Infizierten erkranken und bräuchte einen Krankenhausaufenthalt, weil 86 Prozent keine schweren Symptome hätten. Dies wurde gestern in England veröffentlicht.

Welche Veränderungen ergeben sich dadurch im Gesundheitswesen?

Von 100 Personen, die untersucht werden, leiden 86 Prozent am grippalen Infekt. Der Arzt wird in diesem Fall eine Blutuntersuchung mit vier Parametern machen, die das Labor in einer halben bis einer Stunde durchführen kann. Dann weiß man, ob die Person eine virale Infektion hat oder nicht — aber nicht, ob die Person am Coronavirus erkrankt ist.

Sie hat einen Virus. Influenza, Adenovirus, was auch immer. Wir werden aber Labore brauchen, die auf Dimere und C-reaktive Proteine untersuchen und Blutkörperchenzählungen durchführen können. Sind die positiven Dimere hoch, wird eine Lungenbeeinträchtigung vorliegen.

Auch werden Leberenzyme untersucht und ein Ionogramm zur Feststellung des Kaliumwertes angefertigt. Dadurch ist ersichtlich, ob die Person ein Virus — Corona oder ein anderes — hat. Wenn diese Werte nicht beunruhigend (erhöht) sind, wird die Person nach Hause geschickt und erhält eine Grippebehandlung.

Verstehen Sie? Bis hier braucht man noch keine Panik zu haben, und wir reden hier über 85 Prozent der Menschen. Das ging in Korea, in China, in der ganzen Welt vor sich.

Was ist mit den übrigen 15 Prozent der Menschen?

Das kann schlimm sein. Der PCR-Test allein kann jedoch hier Gewissheit verschaffen — es gibt ihn aber nicht in jeder Stadt, Provinz oder in jedem Labor. Jeder einzelne Test kostet 30 bis 40 Dollar und man braucht sehr gut ausgebildetes Personal und Material.

Ich war gerade im Dezember in Argentinien und gab einen Vortrag über die Entwicklung eines molekularbiologischen Tests, den man selbst durchführen kann und der nicht teuer ist. Aber diese Entwicklung dauert mindestens zwei Monate.

Man muss die koreanischen kaufen, weil die Chinesen gerade ein großes Problem haben — viele Menschen wollen diese (Tests) nicht mehr kaufen. Aber selbst wenn man den besten Test aus Korea kauft, liegt das Risiko einer falsch negativen Testung bei 20 Prozent.

Und wenn das Ergebnis das Coronavirus COVID-19 ist?

Wenn jemand eine Viruserkrankung hat und sagt, er habe Fieber — zwei Tage lang mehr als 38,5°C —, sei müde, habe Husten, Atemnot und aus seltsamen Gründen seinen Geruchs- und Geschmackssinn verloren, muss man ein MRT oder einen Lungenscan machen.

Daran führt kein Weg vorbei. Eine Röntgenaufnahme ist nicht immer zuverlässig. Wenn de Radiologie sagt, es liege eine Infektion vor, die mit einer vom Coronavirus verursachten Lungenentzündung vereinbar ist, muss diese Person in die Intensivpflege — das trifft aber höchstens für fünf Prozent der Menschen zu. Wenn man nun aber keine MRTs oder CT-Scanner hat, was macht man dann? Das weiß man nicht, und damit fangen die Probleme an.

In diesem Fall gibt es keine Abhilfe?

Was die Koreaner tun — und die Franzosen beanspruchen nun, zuerst darauf gekommen zu sein —, ist die Gabe eines Antibiotikums wie Amoxicillin mit Clavulansäure und Hydroxychloroquin.

Hilft das Hydroxychloroquin?

Es ist das einzige, das derzeit gegeben werden kann. Es gibt keine schlagenden Beweise, aber es ist besser als nichts. Man behandelt es wie eine Lungenentzündung. Der Unterschied zur klassischen Lungenentzündung besteht darin, dass hier nun das Hydroxychloroquin beigefügt wird — aber nur, wenn der Arzt ein EKG macht und die Kaliumwerte des Patienten bestimmt. Es (das Hydroxychloroquin) verändert nämlich die Herzleitfähigkeit und nach der Gabe von drei Tabletten gibt es Überraschungen im EKG. Nicht jeder kann so behandelt werden.

Deshalb gab es in Frankreich Verhandlungen zwischen dem Gesundheitsamt und Didier Raoult, dem Professor aus Marseille, der die Vorgehensweise in Korea übernahmen. Sie sagten, man könne in der ganzen Welt so vorgehen — aber nein, das trifft nicht zu. Das geht nur bei Patienten, die einen Arzt haben, der sie begleitet. Haben sie nämlich durch ein Absinken des Kaliumspiegels Herzrhythmusstörungen, kann die Medizin schlimmer als die Erkrankung sein. Diese Erkrankten müssen definitiv eingewiesen werden — und hier kommt die große Frage.

Die da wäre?

Diese Einweisung muss auf eine Intensivstation mit ausgebildetem Personal erfolgen. Gibt es ausgebildetes Intensivpflegepersonal in allen Ländern und allen Städten? Gibt es genügend Personal, das ein Laryngoskop einzuführen versteht, um die Patienten zu intubieren? Gibt es Krankenpfleger und Ärzte, für deren Ausbildung angesichts dieser Situation der Staat verantwortlich war? Die Anwort ist „nein“. Es gibt auch nicht genug Geräte.

In Deutschland gibt es sechsmal so viele Beatmungsgeräte wie in Italien, bei zehnmal weniger an derselben Erkrankung Verstorbenen. In Europa gibt es 80.000 Behandlungsbetten mit ausgebildetem Personal, durchschnittlich 12 pro 100.000 Einwohner. In den USA gibt es 28 pro 100.000, in Deutschland 29, in Portugal 4,2 und in Spanien 10,3.

Das Problem hierbei ist jedoch, dass hier 78 Prozent derer, die diese Patienten betreuen, für chirurgische Medizin und Herzerkrankungen ausgebildet sind — sie können also mit Infarkten und Schlaganfällen umgehen, aber der Staat hat keine Lungenfachärzte ausgebildet, um diese Art von Krise zu bewältigen. Bis wohin ist also das Virus allein verantwortlich?

Und Italien, das Land, von dem sagt, dass alles falsch gemacht wurde?

Das Problem Italiens ist viel schwerwiegender und bedarf einer gesonderten Analyse. Hier ist die Sterblichkeit sehr hoch und die Menschen trauern, aber sie wissen nicht, dass seit 25 Jahren Betten abgebaut und keine Arztposten mehr eingerichtet werden — und schon gar nicht für Ärzte in der Intensivpflege im Krankenhaus. Dies bedeutet: es ist nicht nur das Virus. Es gibt 75.000 diagnostizierte Menschen und 7.400 Tote. Das hat etwas zu bedeuten.

Wie sieht es mit dem Gesundheitssystem in Argentinien aus?

Dazu kann ich nichts sagen. Das argentinische System ist kompliziert. Es gibt staatliche, private, Gemeinde- und Gewerkschaftskrankenhäuser. Als ich letztes Jahr dort war, funktionierte im Hospital Fernandez alles, aber ins Clínicas konnte man nicht gehen, weil der Fahrstuhl nicht funktionierte. Und was das Fachpersonal betrifft, weiß ich nicht, wie es um die Lungenheilkunde bestellt ist. Es gibt gute Einzelfälle, brillante Leute, aber im Allgemeinen weiß ich es nicht.

Sie sagen, man brauche keine Paranoia haben, und das ist ist gut so. Aber wenn sie in China Krankenhäuser aus dem Nichts erbauen mussten, ist dies doch etwas anderes als die gewöhnliche Grippe, da ist doch etwas los …

Schauen Sie — jeder, der hustet, geht in die Intensivpflege. Im letzten Jahr wurden in den USA 460.000 Menschen mit einer Lungenentzündung behandelt. Ich weiß nicht, ob es dieses Jahr 100.000 sein werden. So ist es nicht. Die Menschen laufen wegen Kleinigkeiten ins Krankenhaus. Und weder die Pflegekräfte noch die Ärzte wurden ausgebildet, weil es bis vor drei Monaten nicht wichtig war.

Die Patienten bekommen Sauerstoffmasken aufgesetzt und in einer geriatrischen Abteilung im Süden Roms starben an einem Morgen 11 von 100 Greisen. Hat das Virus sie umgebracht? Vielleicht waren sie mit dem Coronavirus infiziert. Aber was wäre geschehen, wenn man sie korrekt behandelt hätte? Sie hatten nicht einmal (schriftlich niedergelegte) Vorgehensweisen!

In China lag die Sterblichkeit zu Beginn bei neun Prozent, heute liegt sie bei einem. In Italien liegt sie bei neun, ist aber im Sinken begriffen, weil man lernt, wie man vorzugehen hat. Dass sie nun lernen bedeutet, dass sie nicht ausgebildet wurden, dass es keine Infrastruktur gab.

Es gibt eine patriotische Stimmung, die Menschen gehen ans Fenster, aber die Ärzte sind keine Helden, sondern Arbeiter, die anpacken werden — sie sind aber nicht ausgebildet. Sie werden dramatischen Situationen ausgesetzt und manche wissen gar nicht, was sie tun sollen.

Es gibt keine schriftlich niedergelegten Vorgehensweisen. Bis vor kurzem wusste man nichts. Aber ich frage: „Ist das Virus alleine für diese Tode verantwortlich?“ Man sagt, die Leichen häuften sich an — aber gestern zeigte man in Spanien, dass es im letzten Jahr genau so viele Todesfälle gab.

Aber welche Ursachen hatten diese Todesfälle?

Infarkte oder Lungenentzündungen. Heute zählen sie alle zu den COVID-19-Fällen. Aber letztes Jahren wurden den ganzen Toten keine nasalen Proben entnommen.

Wollen Sie damit sagen, dass die so genannten COVID-19-Todesfälle keine solchen sind?

Letztes Jahr wurden sie durch andere Atemwegsviren verursacht. Sicher gab es die — die Grippe tötete sehr viele Menschen in Spanien und Italien. Sie starben jedoch an einer Lungenentzündung, ohne dass man sie genauer spezifizierte. Also gut.

Wir sprachen schon vom Mangel an Beatmungsgeräten sowie von der fehlenden Ausbildung von Personal — von Ärzten und Krankenpflegern —, und dass jeden Tag in Italien lautstark gefragt wird, warum keine neuen Stellen in den öffentlichen Krankenhäusern eingerichtet werden. In Kleinstädten gab es praktisch keine Therapieangebote.

Bis hierher kann man seien Schlüsse ziehen, wenn man jedoch in seinen Überlegungen weitergeht, muss man sichnun den Todesursachen der Lombardei zuwenden, wo mehr Leute starben. Und was ich jetzt sage, hat noch niemand veröffentlicht.

Was haben Sie gesehen?

Es war in Italien, in der Lombardei, wo die meisten Menschen an einem Mesotheliom starben. Dort befanden sich all die Faserzementfabriken, die Asbest benutzten. Bis 1992, als er verboten wurde, war er in Dächern und der Isolierung von Fabriken zu finden. In den Wänden war Asbest enthalten, von dem kleine Kristalle ausgehen, die bis in die Lungen gelangen und dort Vernarbungen verursachen können.

Das Mesotheliom ist der Lungenkrebs, der durch Asbestose oder Asbest entsteht. Von den Autopsien, die in den letzten zehn Jahren in der Lombardei durchgeführt wurden, waren 85 Prozent berufsbedingt(e Todesfälle). Bösartige Tumore der Lunge und des Bauchfells. Und bis 1992 wurde der Einsatz nicht verboten.

Die Lombardei hat zehn Millionen Einwohner, hier befinden sich die meisten Arbeiter der Asbestindustrie — und es ist der Ort mit den meisten Asbestosefällen weltweit. Zudem haftet der Asbest an der Kleidung, an den Textilfasern. Die Haute Couture Norditaliens wird von Schneiderinnen hergestellt.

Glauben Sie mir, zwischen 2000 und 2012 traten 4442 bösartige Mesotheliome — invasiver Lungenkrebs durch Asbest — auf, davon 2.850 bei Männern und 1.592 bei Frauen. Und das Wachstum nimmt zu. Dieses Jahr gab es im Vergleich zu den Vorjahren schon 3,6 Prozent mehr Fälle bei den Männern und 3,3 bei den Frauen über 65 Jahren. Und bis 2030 wird es 20.000 mehr geben.

Besteht ein Zusammenhang mit dem Coronavirus?

Ja — in dieser Region, die durch fehlende Mittel, Reduzierung der Bettenanzahl, den Mangel an Beatmungsgeräten schon gestraft genug ist, leben alte Menschen mit Lungenkrebs oder anderen chronischen Leiden, die dazu führen, dass eine Virusinfektion zu einer tödlichen Infektion wird. Eine von Mineralfasern angegriffene Lunge reagiert anders als eine gesunde. Und es ist kein Zufall, dass in einer Gegend mit Asbestfabriken mehr Menschen sterben.

Aber das COVID-19 tötet mehr Menschen als die gewöhnliche Grippe…

Alle Virusinfektionen können tödlich verlaufen. Der Unterschied ist, dass sich hier eine Panik entwickelte und bei den anderen nicht. Letztes Jahr starben viele Menschen an der Grippe und niemand legte dem Planeten eine Ausgangssperre auf. Was passiert also gerade?

Das frage ich Sie: Was passiert gerade?

Ich weiß es nicht…

Aber was nehmen Sie wahr — eine Verschwörung?

Nein, so etwas erkennt man sofort. Letztes Jahr gab es 36 Millionen Grippefälle in den USA. 370.000 wurden in Krankenhäuser eingeliefert und 22.000 starben. Und es wurden keine Flughäfen gesperrt. In Frankreich gibt es 33.000 Fälle — als jedoch wegen einer Hitzewelle 23.000 alte Menschen in Altenheimen starben, wurde das Land auch nicht abgeriegelt. Das alles ist schon seltsam.

Deswegen frage ich nochmal — was sehen Sie?

Was ich von Anfang an anprangere — einen schweren Fehler der Experten der WHO. Wissen Sie, was „Pandemie“ bedeutet? Es bedeutet nicht, dass es sich um eine gefährliche oder schwere Krankheit handelt. Es bedeutet, dass diese in vielen Ländern auftritt. Jedes Jahr gibt es eine Erkältungspandemie und es wird rein gar nichts abgeriegelt! Müsste man dies alles nicht relativieren?

Aber das COVID-19 ist sehr ansteckend, Doktor…

Ja, wie eine Erkältung — in den Altenheimen sterben die Leute daran. Bis jetzt hat man sie nicht gezählt, nun tut man das aber. Im letzten Jahr gab es weltweit mehr als 500.000 Lungenentzündungen.

In Afrika könnte sich eine Million mit der Meningitis anstecken, die durch Spucke übertragbar ist — und die Flugzeuge kommen und gehen. Das interessiert niemanden. Es gibt 135.000 mit Tuberkulose Infizierte in Lateinamerika, und keiner regt sich auf.

Wenn jemand viel Lärm um etwas macht wie bei Corona … ich finde, das wird alles sehr dramatisiert. Vom ersten Tag an sagte ich, die Zahlen stimmten nicht — wie damals mit der Schweinegrippe.

Was würden Sie tun?

Ich habe nicht die Befugnis zu sagen, was ich tun würde. Ich sehe jedoch, dass es an Ausbildung und Material mangelt. Zuerst also würde ich die Menschen dafür ausbilden, was auf uns zukommt. Wenn sie dann nach drei Wochen die Krankheitssymptome erkennen, werden sie es sein, die neue Maßnahmen ergreifen.

Schauen Sie sich an, was in Deutschland passiert. Die Sterblichkeit ist zehnmal so niedrig, weil es dort Lungenfachärzte und Spezialisten für Lungen-Intensivpflege gibt. Also gut, lassen Sie uns Kurse in Argentinien und der ganzen Welt veranstalten.

Man kann Ärzte angesichts eines Patienten mit Atemnot nicht improvisieren lassen. Wenn diese Leute ausgebildet werden, werden wir anhand der Zahlen sehen, dass diese fünf Prozent schwerer Fälle in den Krankenhäusern behandelt werden können. Alles andere wird sich ergeben.

Soll die Quarantäne beendet werden?

Wenn das System auf Vordermann gebracht wurde, wenn ausgebildetes Personal, Geräte, Medikamente und Infrastruktur zur Verfügung stehen — ja, dann hätte (die Quarantäne) keinen Sinn mehr.

Unter den derzeitigen Umständen kann man zur Quarantäne gar nichts sagen, weil man weder weiß, wie viele Menschen infiziert sein werden, noch ob die Intensivbetten und das Personal für fünf Prozent der Erkrankten reichen werden.

Die Maßnahme richtet sich nicht gegen das Virus, sondern soll verhindern, dass man sich der Menschen in einer kritischen Situation nicht annehmen kann. Da es keine objektiven Zahlen gibt, weiß ich nicht, ob das falsch ist.

Man müsste die Zahl der Todesopfer mit der vom vergangenen Jahr vergleichen. Die Panik ist absurd. Es gibt 690 positiv Getestete … wie viele wurden insgesamt getestet? 30 Millionen oder tausend? 17 sind gestorben — ich würde gerne wissen, wie viele letztes Jahr im Pflegeheim oder zu Hause an einer Infektion mit Pneumokokken oder Hämophilus — davon gibt es sehr viele in Argentinien — gestorben sind.

Wie beurteilen Sie die Handlungen der Regierungen bis jetzt?

Ich habe den Eindruck, dass die Regierung sehr gut und vorsichtig handelt. Sie wird jedoch von der internationalen Behörde (gemeint ist hier m.E. die WHO; Anmerkung der Übersetzerin) mit den Sterberaten, die die Experten der WHO anhand mathematischer Berechnungen erstellen, unter Druck gesetzt.

Es handelt sich hier jedoch nicht um bösen Willen, sondern um Inkompetenz. Da gibt es niemanden, der im Hintergrund wirkt. Ich betone jedoch noch einmal: in Argentinien wird gut und ernsthaft gehandelt. Ginés erscheint mir sehr gut. Wenn man von Menschen umgeben ist, die gelehrt und ernsthaft sind, macht das zuversichtlich. Sie machen ihre Sache so gut, wie sie sie mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln machen können.

Über die WHO denken Sie aber nicht so?

Überhaupt nicht.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Para un prestigioso científico argentino, ‚el coronavirus no merece que el planeta esté en un estado de parate total‘„. Er wurde von Gabriele Herb aus dem ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam lektoriert.

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Dieser Beitrag erschien zuerst im Rubikon-Magazin.
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