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„Hitler war ein großer Demokrat“

Der ukrainische Parlamentsvorsitzende verehrt Adolf Hitler.

Im Juli 2014, in der heißen Phase des Ukraine-Konflikts, stand Moderator Claus Kleber im „Heute-Journal“ des ZDF und sagte:

„Propaganda auf allen wichtigen russischsprachigen Kanälen lässt Millionen Menschen immerhin glauben, in Kiew, der Hauptstadt der Ukraine, herrschen blutrünstige Faschisten, die einen Genozid an Russischstämmigen in der Ostukraine planen. Wir und viele Medien sind Hinweisen nachgegangen, ob das stimmt. Und wir haben festgestellt, es gibt diese Faschisten nicht, jedenfalls nicht an verantwortlicher Stelle in Kiew. Und trotzdem bekommen wir immer noch Zuschriften, die das behaupten.“

Diese Aussagen über ukrainische Faschisten waren damals schon nachprüfbar falsch (1). Doch spätestens jetzt müsste Claus Kleber im Heute Journal mächtig zurückrudern. Denn kein Geringerer als der ukrainische Parlamentspräsident Andrij Parubij hat nun öffentlich Adolf Hitler, den Diktator und größten Faschisten aller Zeiten, als Vorbild in Sachen Demokratie gelobt:

„Und übrigens sage ich Ihnen, der größte … (Pause) Mensch, der die direkte Demokratie praktiziert hat, das war Adolf Aloisowitsch in den 1930er Jahren. Und daran müssen wir uns erinnern“ (2).

Parubij spricht von Hitler in der Höflichkeitsform mit Vornamen und Vatersnamen (Alois). Er sagte diese Sätze in der Sendung „Freies Wort“ am 4. September im TV-Kanal ICTV. Parubij stand dort mehreren Gästen Rede und Antwort.

Ein Gast namens Wolodymyr Fesenko stellt dem Parlamentspräsidenten zum Ende der Sendung die Frage nach einem Gesetz für Volksentscheide in der Ukraine. Parubij bezeichnet sich daraufhin als Verfechter der direkten Demokratie. Er habe sich selbst wissenschaftlich mit dem Thema befasst. Woraufhin ohne ersichtlichen Grund Parubijs oben zitiertes Lob für Adolf Hitler folgte.

Niemand im TV-Studio kritisierte Parubij dafür. Weder Moderator noch Publikum beschwerten sich. Der Fragesteller stimmte Parubij sogar ausdrücklich zu. Die Sendung klang aus, als ob nichts geschehen wäre.

War Hitler doch kein Diktator?

Aber hatte da nicht gerade der zweithöchste ukrainische Politiker ausgerechnet Adolf Hitler als fortschrittlichen Demokraten gelobt? Den Adolf Hitler, der für den größten und verheerendsten Krieg der Menschheitsgeschichte und für viele Millionen Tote der Hauptverantwortliche war? Ist Parubij wirklich kein anderer Vorkämpfer der direkten Demokratie eingefallen? Das hätte doch kein Problem sein müssen, wenn man sich mit dem Thema sogar wissenschaftlich auseinandergesetzt hat.

Gehen wir einmal kurz auf Parubijs Argumentation ein, Hitler wäre ein Befürworter direkter Demokratie gewesen: Was zeichnet so jemanden denn aus? Er kritisiert die parlamentarische Demokratie. Ja, das tat Hitler tatsächlich und zwar bis zum mörderischen Exzess. Gegnerische Parteien ließ er verbieten, politische Gegner ins KZ sperren und umbringen. Doch ein Verfechter der direkten Demokratie ist auch Gegner der Diktatur. Und das war Hitler ganz sicher nicht.

Ein Freund der direkten Demokratie würde den Mehrheitswillen der Bevölkerung durch Volksabstimmungen ermitteln und diesen umsetzen – und nicht, wie es Hitler tat, ganze vier Referenden in zwölf Herrschaftsjahren durchführen, die nur das nachträglich bestätigten, was durch gesetzliche oder militärische Schritte sowieso schon vollzogen war (3).

Ein Vorkämpfer der direkten Demokratie würde sich nicht als „Führer“ bezeichnen, sondern sich vom Mehrheitswillen der Bevölkerung führen lassen. Diesen Willen manipulierte Hitler stattdessen mit massiver Propaganda und der Schaffung von Feindbildern in seinem rassistischen und antisemitischen Sinne.

Ein Vertreter der direkten Demokratie würde zumindest über die wichtigsten Entscheidungen für das Land abstimmen lassen. Aber weder über die massive Rüstungspolitik noch über Verfolgung und Ermordung vieler gesellschaftlicher Gruppen und schon gar nicht über die zahlreichen Kriegserklärungen an andere Länder ließ Hitler die deutsche Bevölkerung abstimmen. Hitler war kein Verfechter der direkten Demokratie. Er verachtete sie. Adolf Hitler war ein Diktator. Das alles sind banale und definitiv keine neuen Erkenntnisse.

Doch bei Andrij Parubij scheint das noch nicht angekommen zu sein. Man muss sich fragen, was an der Iwan-Franko-Universität in Lwiw, wo er sein Studium zum Historiker und Geschichtslehrer im Jahre 1994 mit einem Diplom abschloss, gelehrt wird.

Oppositionspolitiker verklagt Parubij

Außerhalb des Fernsehstudios schlug Parubijs Hitler-Lob durchaus kleinere Wellen. Der Journalist Andrei Manchuk schrieb: „Die Tatsache, dass Parubij die zweite Person im Staat wurde, ist wirklich zu viel, aber dafür müssen wir dem lebensspendenden Maidan danken, der ursprünglich von solchen Leuten geführt wurde.“ Der Blogger Denis Gorokhovsky kommentierte: „Nun, aus Parubijs Mund sind solche Aussagen nicht überraschend, obwohl es erwähnenswert ist, dass diese Leute aufhören, sich ihrer Überzeugungen zu schämen“ (4).

Der Vorsitzende des Oppositionsblocks im ukrainischen Parlament, Juri Boiko, forderte Parubijs Rücktritt ebenso wie der frühere Präsidentschaftskandidat Vadim Rabinowitsch. Dieser zeigte Parubij zusätzlich wegen „faschistischer Propaganda“ an.

Rabinowitsch forderte zudem eine öffentliche Entschuldigung des Parlamentspräsidenten bei der Bevölkerung, denn die deutschen Invasoren unter Adolf Hitler hatten ab 1941 auch in der Ukraine Millionen Menschen umgebracht und große Teile des Landes zerstört. Außerdem rief der Politiker alle europäischen Botschaften, vor allem den deutschen Botschafter in Kiew, auf, die Handlungen der Regierung „zu bewerten“ und die Kontakte zu Parubij abzubrechen.

Parubij selbst traf am Tag nach seiner Aussage den deutschen Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Kubicki (FDP) in Kiew.

Später rechtfertigte Parubij seine Behauptung, indem er knapp ergänzte, dass die Nazis ihre Referenden manipuliert hätten.

Deutsche Historiker kritisieren Parubij

Der Rubikon fragte bei mehreren Fachhistorikern nach, wie sie Parubijs Aussagen bewerten.

Der hannoversche Geschichtswissenschaftler Hans-Heinrich Nolte sagte: „Parubijs Aussage ist so weit von meinem Verständnis der Geschichte entfernt, dass mir nichts dazu einfällt. That‘s history turned upside-down.“

Der Hamburger Osteuropahistoriker Frank Golczewski sagte: „Dass Parubij überhaupt Hitler als positives Beispiel heranzieht, zeugt davon, dass er nicht akzeptabel ist. Er verstößt damit auch gegen das ukrainische Gesetz.“

Der Berliner Professor für Holocaust-Studien Stephan Lehnstaedt sagte: „Die Aussage ist mindestens unglücklich, denn die Qualität einer Demokratie misst sich vor allem im Umgang mit ihren Gegnern und Minderheiten. In Deutschland wäre das sicher ein Rücktrittsgrund.“

Der Berliner Osteuropahistoriker und Bandera-Biograf Grzegorz Rossoliński-Liebe sagte:

„Ende der 1980er Jahre engagierte sich Parubij in neofaschistischen Organisationen. Entsprechende Bilder von ihm sind noch im Internet zu finden. Sie zeigen, wie er in einem brauen Hemd und Lederstiefeln mit Gleichgesinnten an rechtsradikalen Veranstaltungen teilnimmt. Damals war er stolz darauf, sich so zu kleiden und den faschistischen Gruß in der Öffentlichkeit vorzuführen. In den späten 1990er Jahren rückte er vom Neofaschismus zum Postfaschismus, der besser als rechtsradikaler Populismus bekannt ist. Parubij hörte auf, braune Hemden zu tragen und den faschistischen Gruß zu benutzen, aber sein Weltbild hat sich nicht geändert“ (5).

Swoboda-Gründer und Maidankommandant

Während seines Studiums hatte Parubij 1991 die Sozial-Nationale Partei gegründet – gemeinsam mit Oleh Tjahnybok. Die Partei änderte später ihren Namen in Swoboda, arbeitete mit der NPD zusammen und wurde während des Maidan auch im Westen bekannt. Genauso wie Tjahnybok, der zu diesem Zeitpunkt Parteichef war. Bis 2007 war Parubij in Lwiw lokalpolitisch in nationalistischen Gruppierungen aktiv. Danach wurde er Parlamentsabgeordneter in Kiew. 2010 versuchte er mit einem Brief Stepan Bandera vor den Abgeordneten des Europäischen Parlaments zu rehabilitieren. Diese hatten zuvor die posthume Ehrung Banderas als „Held der Ukraine“ scharf kritisiert.

Während des Maidan kommandierte Andrij Parubij die paramilitärisch organisierte Maidanarmee Samooborona. Er war in hohem Maße mitverantwortlich für Gewalttätigkeit und Bewaffnung der Maidankämpfer. Parubij steht nach Vorwürfen sowohl der gestürzten ukrainischen Regierung als auch anderer ukrainischer Kritiker in Verdacht, eine der entscheidenden Personen hinter dem Maidanmassaker am 20. Februar 2014 und hinter dem Massenmord im Gewerkschaftshaus von Odessa am 2. Mai 2014 zu sein.

Nach dem Machtwechsel in Kiew übernahm Parubij den Vorsitz des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine. Seit April 2016 agiert er als Parlamentspräsident des Landes.

Schwieriger Kooperationspartner

Andrej Hunko, Europapolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Bundestag und Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, sagte auf Rubikon-Anfrage (6): „Der jetzige Parlamentspräsident der Werchowna Rada, Andrij Parubij, ist einer der einflussreichsten Rechtsextremisten in der Ukraine.“ Dass sich Parubij genau wie andere ukrainische Nationalisten positiv auf „Adolf Aloisowitsch“ Hitler bezieht, sei nicht überraschend. Die Vorläufer dieser Bewegung, wie die heute in der Ukraine verehrte UPA, waren schließlich bekennende Kollaborateure der Wehrmacht und der Nazis, unterstrich der Bundestagsabgeordnete.

Hunko forderte Politiker in Deutschland und der EU auf, öffentlich einzuräumen, dass Neonazis und Rechtsradikale eine wichtige Rolle beim „schwierigen Kooperationspartner“ Ukraine spielen. „In der ukrainischen Politik herrscht ein rechtsradikaler Mainstream, auch wenn sich die regierenden Parteien nach außen demokratisch darstellen.“

Parubij sei in seiner Funktion im Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine ab 2014 maßgeblich dafür verantwortlich gewesen, einen Krieg gegen die eigene Bevölkerung im Osten der Ukraine anzuzetteln, betonte Hunko.

Milliardenkredite und Narrenfreiheit

Eine wichtige Frage ist, wie Bundesregierung und EU mit Parubijs Hitler-Lob umgehen. Eigentlich müssten Berlin und Brüssel endlich Klartext mit Kiew reden und den Geldhahn zudrehen, fordert Hunko.

„Es darf kein Dauerzustand werden, dass die Steuerzahler aus der EU eine wilde Bande von Rechtsextremisten und Korrupten in Kiew subventionieren, nur weil das der NATO ins Feindbild passt.“

Doch Hunko glaubt nicht, dass es von dieser Seite Kritik geben wird.

„Alle Bemühungen aus der Bundesregierung und aus Brüssel sind darauf ausgerichtet, die Poroschenko-Regierung zu stabilisieren, etwa durch einen neuen Milliarden-Kredit. Das heißt, diese Leute genießen völlige Narrenfreiheit. Ich kann mir keine Gründe vorstellen, die die Bundesregierung veranlassen könnten, nun etwas einzuräumen, was sie seit vier Jahren lauthals ignoriert.“

Nicht der erste Fall von Geschichtsklitterung

Erfahrungsgemäß werden auch deutsche Leitmedien über den Vorfall nicht berichten. Jeder darf sich an dieser Stelle ausmalen, wie die großen Medien reagiert hätten, wenn der russische Parlamentspräsident Adolf Hitler als großen Demokraten gelobt hätte. Dies wäre zu Recht über Tage ein zentrales Thema gewesen und hätte womöglich sogar zu politischen Sanktionen Berlins geführt. Doch da diese Worte aus dem Munde eines ukrainischen Verbündeten kamen, tut man besser so, als sei nichts geschehen.

Das Gleiche war bereits zu beobachten, als der damalige ukrainische Regierungschef Arsenij Jazenjuk im Januar 2015 live in den Tagesthemen (!) den Zweiten Weltkrieg als „sowjetische Invasion der Ukraine und Deutschlands“ beschrieb. Wahnsinnige rechtsradikale Geschichtsklitterung vor einem Millionenpublikum – doch weder die überforderte Moderatorin noch die Bundesregierung reagierten.

Weder die Ehrung nationalistischer Weltkriegsveteranen noch die Umbenennungen von Straßen, Brücken und Plätzen nach ukrainischen Kriegsverbrechern und Nazi-Kollaborateuren hatten politische Folgen für Kiew. Im August 2018 ließ der ukrainische Präsident die faschistische Parole der ukrainischen Nationalisten als offiziellen Militärgruß einführen und bei der Militärparade zum Unabhängigkeitstag von tausenden Soldaten in Kiew rufen. Kritik von der Bundesregierung war nicht zu vernehmen. Das alles nennt man dann wohl Realpolitik.

Willkommen bei den westlichen Werten

Auch Bundespräsident Joachim Gauck verkniff sich im September 2016 jegliche Kritik am fragwürdigen Umgang ukrainischer Politiker mit der Geschichte. Die Chance hatte er an der Gedenkstätte Babyn Jar in Kiew, wo 1941 innerhalb von zwei Tagen mehr als 30.000 Kiewer Juden von deutschen und ukrainischen Kommandos ermordet wurden.

Anstatt das Verbrechen historisch aufzuarbeiten, instrumentalisierte es der ukrainische Präsident Petro Poroschenko für seine Außenpolitik. Anders als der israelische Präsident blieb Gauck in seiner Rede unkritisch. Dann stellte er Kerzen auf. Übrigens an der Seite von keinem Geringeren als Andrij Parubij, dem ukrainischen Parlamentspräsidenten, der ukrainische Nationalisten als Helden verehrt und Adolf Hitler, den Hauptverantwortlichen des Massakers, als großen Demokraten preist.


Bild

Foto: Andrij Parubij, Joachim Gauck und Petro Poroschenko stellen im September 2016 Kerzen an der Schlucht Babyn Jar zum Gedenken an die hier von Faschisten ermordeten Kiewer Juden auf (Quelle: Screenshot Tagesthemen)


Quellen und Anmerkungen:

(1) Nicht nur war die rechtsextreme Partei Swoboda zu diesem Zeitpunkt mit mehreren Ministern an der ukrainischen Regierung beteiligt, auch zahlreiche weitere Rechtsextreme saßen im Parlament und auf hohen staatlichen Posten. Darüber hinaus war der Rechtsradikale Oleh Ljaschko zwei Monate vor Klebers Aussage bei der ukrainischen Präsidentenwahl auf Platz drei gelandet. Westliche Maidanunterstützer bedienen sich gern des analytischen Tricks, Parteien wie die „Radikale Partei“, die „Volksfront“ oder die „Selbsthilfe“, die mit teils ultranationalistischen Programmpunkten und rechtsextremem Personal im Parlament aktiv sind, als „pro-europäisch“ zu bezeichnen. Das genügt wohlmeinenden Journalisten schon, um entsprechende Parteien vom Verdacht des Faschismus freizusprechen.
(2) Die Originalaussage Parubijs auf Ukrainisch lautet: „І до речі, скажу я вам, що найбільшим … Людиною, яка практикувала пряму демократію, це був Адольф Алоізович у 1930-х роках. І ми повинні про це також пам’ятати.“
(3) Hitler ließ tatsächlich vier große Volksabstimmungen in den 1930er Jahren abhalten: Und zwar über den Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund (1933), über die Zusammenlegung von Reichspräsident und Reichskanzler (1934), über die militärische Besetzung des Rheinlandes (1936) sowie über den Anschluss Österreichs (1938).
(4) Diese und weitere Reaktionen aus der Ukraine hat die Online-Zeitung Strana.ua gesammelt.
(5) Grzegorz Rossoliński-Liebes komplettes Statement gegenüber dem Rubikon: „Andrij Parubij ist mir gut bekannt. Vor zwölf Jahren habe ich mit ihm ein Interview über das Bandera-Denkmal gemacht, weil er damals das Komitee leitete, das das Denkmal in Lemberg errichtet hat. Damals hat er für den Landrat (Oblasna Rada) gearbeitet. Seine Ansichten haben sich seitdem oder genauer gesagt seit den späten 1980er Jahren nicht wirklich verändert. Es ist hier nur eine Verschiebung vom Neo- zum Postfaschismus zu beobachten, um mit dem bedeutenden Faschismus- und Populismuskenner Federico Finchelstein zu argumentieren. Ende der 1980er Jahre engagierte sich Parubij in neofaschistischen Organisationen. Entsprechende Bilder von ihm sind noch im Internet zu finden. Sie zeigen, wie er in einem brauen Hemd und Lederstiefeln mit Gleichgesinnten an rechtsradikalen Veranstaltungen teilnimmt. Damals war er stolz darauf, sich so zu kleiden und den faschistischen Gruß in der Öffentlichkeit vorzuführen. In den späten 1990er Jahren rückte er vom Neofaschismus zum Postfaschismus, der besser als rechtsradikaler Populismus bekannt ist. Bedeutende rechtsradikal-populistische Parteien sind die polnische Prawo i Sprawiedliwość und Orbáns Fidesz. Parubij hörte auf, braune Hemden zu tragen und den faschistischen Gruß zu benutzen, aber sein Weltbild hat sich nicht geändert. Seine letzte Aussage von Hitler als Demokraten ist nur eine von vielen, die die Medien nicht aufgegriffen haben. Sie ist leider für den politischen und intellektuellen Diskurs im westlichen Teil der Ukraine bezeichnend. Ich habe dieses Phänomen umfassend im letzten Kapitel meiner Bandera-Biographie erläutert, die Politiker und Intellektuelle in der Ukraine verärgerte und bis heute nicht ins Ukrainische übersetzt wurde.“
(6) Andrej Hunkos Antworten in voller Länge:
„Was halten Sie von Parubijs Aussage?“
„Der jetzige Parlamentspräsident der Werchowna Rada, Andrij Parubij, ist einer der einflussreichsten Rechtsextremisten in der Ukraine. Auch wenn Parubij häufig seine Parteizugehörigkeit und seine Funktionen wechselt: Er ist und bleibt ein Mitbegründer der rechtsextremen Sozial-Nationalen Partei der Ukraine. Dass er sich genau wie andere ukrainische Nationalisten positiv auf ‚Adolf Aloisowitsch‘ Hitler bezieht, überrascht mich keineswegs. Immerhin waren die Vorläufer dieser Bewegung, wie die heute in der Ukraine verehrte UPA, bekennende Kollaborateure der Wehrmacht und der Nazis.“
„Es gab bereits ähnliche rechtsradikale Aussagen ukrainischer Lokal- oder Oppositionspolitiker. Aber was bedeutet es, wenn der Parlamentschef des Landes so etwas sagt?“
„Die Politiker in Deutschland und der EU müssen endlich zur Kenntnis nehmen und auch öffentlich einräumen, dass Neonazis und Rechtsradikale eine wichtige Rolle bei diesem schwierigen Kooperationspartner spielen: In der ukrainischen Politik herrscht ein rechtsradikaler Mainstream, auch wenn sich die regierenden Parteien nach außen demokratisch darstellen. Wichtiger noch als in seiner Position als Parlamentspräsident war Andrij Parubij übrigens in seiner Funktion im Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine, wo er 2014 maßgeblich dafür verantwortlich war, einen Krieg gegen die eigene Bevölkerung im Osten der Ukraine anzuzetteln. Nach meinen Informationen hat Parubij als Kommandant der Maidan-Proteste schon eine bis heute unaufgeklärte Rolle bei den Schüssen auf dem Maidan gespielt.“
„Glauben Sie, dass die Bundesregierung eine politische Reaktion darauf zeigen wird?“
„Soweit ich das einschätzen kann, geht die Bundesregierung nicht davon aus, dass es vor den Wahlen im kommenden Jahr irgendeine positive Entwicklung in der Ukraine gibt. Alle Bemühungen aus der Bundesregierung und aus Brüssel sind darauf ausgerichtet, die Poroschenko-Regierung zu stabilisieren, etwa durch einen neuen Milliarden-Kredit. Das heißt, diese Leute genießen völlige Narrenfreiheit. Ich kann mir keine Gründe vorstellen, die die Bundesregierung veranlassen könnten, nun etwas einzuräumen, was sie seit vier Jahren lauthals ignoriert.“
„Was müsste die Bundesregierung Ihrer Meinung nach tun?“
„Um das Treiben der Rechtsradikalen in Kiew zu beenden, und damit auch den Bürgerkrieg in der Ostukraine, die andauernden Menschenrechtsverbrechen durch die Behörden und die rechtsradikalen Milizen, müssten Berlin und Brüssel endlich Klartext reden und den Geldhahn zudrehen, aus dem diese Leute sich seit vier Jahren bereichern. Es darf kein Dauerzustand werden, dass die Steuerzahler aus der EU eine wilde Bande von Rechtsextremisten und Korrupten im Kiew subventionieren, nur weil das der NATO ins Feindbild passt. Ohne deutliche politische Änderungen in Kiew wird es keinen Frieden in der Region geben.“

Spendenkonto für die Gerichtsverfahren gegen den Stern/Bertelsmann-Konzern

8 Kommentare

  1. Auf der BPK hat man verlauten lassen, dass der feine Herr diese Aussagen dementiert hat. Das müsste reichen. Das öffentlich zur Verfügung stehende Video wurde schlicht und ergreifend wegignoriert. Wir haben aber auch eine tolle unabhängige Presse, die im entscheidenden Moment…. schweigt.

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