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Die peinlich-unfähige Ukraine-Russland-Propaganda der Bundeszentrale für Politische Bildung

Jeder blamiert sich so gut er kann und in Kriegs- und Krisenzeiten ist offenbar keine offensichtliche Lüge zu blöd, wenn sie der eigenen Seite nutzt. Die Bundeszentrale für Politische Bildung hat eine Zusammenfassung zur Ukraine-Krise veröffentlicht, die von geschickt eingearbeiteter Propaganda nur so strotzt. Ein besonders peinliches Propagandabeispiel aus dem Artikel sei hier einmal herausgehoben und kurz durchgesprochen:

In dem Übersichtsartikel zum Ukraine-Konflikt heißt es unter anderem (siehe Screenshot oben): „Mit der Aufnahme direkter Gespräche zwischen Russlands Präsident Putin und des ukrainischen Präsidenten Poroschenko Anfang September wuchs die Hoffnung auf eine Waffenruhe. Russland hat 70 Prozent seiner Truppen aus dem Nachbarland abgezogen, und Putin hatte einen Plan für die Beendigung der Ukraine-Krise vorgestellt.“.

Wer das liest, denkt und versteht: Gespräche zu Waffenruhe, Russland zieht 70% seiner Truppen ab, Putin stellt Plan vor. Das aber ist eine dreiste Lüge. Unverschämte Propaganda, peinlich für den wissenschaftlichen Anspruch der Bundeszentrale.

Zwei der drei genannten Aussagen sind korrekt: Es gab Gespräche über eine Waffenruhe zwischen Poroschenko und Putin (Putin deshalb, weil die „Separatisten“ genannten Ostukrainer nicht als Gesprächspartner akzeptiert wurden. Putin hat also „in deren Interesse“ beziehungsweise natürlich auch in eigenem Interesse verhandelt.) und der russische Präsident Putin hat auch einen Friedensplan vorgeschlagen. Zwischen diesen beiden Aussagen wurde aber manipulativ die Falschaussage „Russland hat 70% seiner Truppen aus dem Nachbarland abgezogen“ eingebaut.

Tatsächlich hatte der ukrainische Präsident Poroschenko Ende August 2014 behauptet, die russische Armee wäre mit hunderten Panzern in den Osten der Ukraine eingefallen (siehe auch Screenshot ganz unten, unter dem Artikel). EU, NATO, Angela Merkel, die deutschen Medien und andere interessierte Kreise gaben diese Meldung als wahr oder zumindest nicht hinterfragt weiter. Und das, obwohl es überhaupt keinen Beweis dafür gab und Russland auch eine Invasion bestritt. Es gab kein einziges Bild dieser angeblichen riesigen Armee. Russland ist nach eigenen Angaben nicht mit Militär in der Ukraine aktiv und der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier stellte dann auch Ende September in seiner Rede vor der UNO-Vollversammlung klar, dass es keine militärische Konfrontation zwischen Russland und der Ukraine gegeben hat.

Als die kritischen Fragen zu der angeblichen russischen Armee im Osten der Ukraine, die kein Mensch zu Gesicht bekam, immer lauter wurden, sagte der ukrainische Präsident Poroschenko dann, die Russen hätten bereits 70% ihrer Truppen zurückgezogen (als ob das die Falschaussage mit den hunderten Panzern irgendwie zur Wahrheit werden lassen würde …), deshalb seien dort so wenige russische Soldaten und Panzer zu sehen. Freilich wurden auch die angeblich noch verbliebenen 30% der russischen Truppen bis heute nicht in der Ukraine gesichtet, geschweige denn ein Rückzug einer riesigen Invasionsarmee mit beispielsweise auch nur einem Foto dokumentiert.

Und diese Aussage Poroschenkos bezüglich des Rückzug von 70% einer angeblichen russischen Invasionsarmee – eine glatte Lüge – stellt man nun zwischen zwei korrekte Aussagen und erweckt dadurch den Anschein, es habe Verhandlungen gegeben, daraufhin habe Russland einen Großteil seiner Truppen abgezogen und Putin hat dann auch noch einen Plan vorgestellt (fehlt nur noch „für weitere Truppenrückzüge“).

Die Russen sind nie in den Osten der Ukraine eingefallen. Mit der Einarbeitung der Poroschenko-Lüge versucht man aber genau dies zu suggerieren. Wie banal ist diese Propaganda der Bundeszentrale für Politische Bildung eigentlich? Das ist doch peinlich! Die Schriften der Bundeszentrale lesen unsere Schüler. Ihre Zeitschrift „Aus Politik und Zeitgeschichte“ richtet sich an die Politikwissenschaft. Ihre Wochenzeitung „Das Parlament“ ist nicht nur bei Parlamentariern, sondern auch bei vielen anderen politisch Tätigen und Interessierten Pflichtlektüre. Und dann so eine dreiste Manipulation!

Als Politikwissenschaftler und als Bürger dreht sich mir hier der Magen um. Eine brandgefährliche Frechheit auf dümmlichsten Niveau. Und eine Schande für die politische Bildung in unserem Land.

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Ein Kommentar

  1. Den fast gleichen Beitrag habe ich auch bei Der Freitag veröffentlicht, dann kam das:


    Lieber Jens Bernert,

    zu dem Beitrag erhielten wir folgende Mail:

    „Sehr geehrte Damen und Herren,
    der Artikel https://www.freitag.de/autoren/jens-bernert/geschichtsfaelschung-durch-die-bundeszentrale enthält eine falsche Tatsachenbehauptung. Nicht die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb verantwortet den zitierten Überblicksartikel, sondern – wie im Impressum ersichtlich (http://www.politische-bildung.de/551.html) – die Bundesarbeitsgemeinschaft Politische Bildung Online (BAG). Ihre Mitglieder sind die Landeszentralen für politische Bildung aller Bundesländer mit Ausnahme Niedersachsens. Wir bitten um entsprechende Änderung.
    Mit freundlichen Grüßen“

    Sofern sie die betroffenen Passagen des Beitrags entsprechend ändern, können wir den Beitrag nach kurzer Rückmeldung an uns wieder online stellen.

    Mit freundlichem Gruß

    Das Community-Team

    Also bitte geistig „Bundeszentrale“ durch „Bundesarbeitsgemeinschaft“ ersetzen …

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