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Die Kriegsvorbereitungen laufen

Wann Krieg beginnt, das kann man wissen. Aber wann beginnt der Vorkrieg?

Um Antworten auf diese Frage zu finden, muss man zunächst klären: „Wann ist Frieden?“

Können wir unseren jetzt seit mehr als 70 Jahren währenden Frieden „Frieden“ nennen, wenn überall auf der Welt Stellvertreterkriege, Nachfolgekriege unserer kolonialen Welt-(Un-)Ordnung, Kriege um Öl, um Ressourcen und Einflussbereiche toben? Haben wir nicht den Krieg – wie die dafür notwendigen Waffen – nur exportiert?

Der Kampf um die begrenzten Ressourcen, vor allem Öl, Gas und, infolge des Klimawandels, Wasser, sowie um die Kontrolle der Verkehrswege ist heute neokolonialer Kriegsgrund, der allerdings oft als „humanitäre Intervention“ verschleiert wird.

Die Vereinigung deutscher Wissenschaftler (VDW) weist auf den Zusammenhang zwischen Peak Oil, Gas und Geopolitik hin: „Die fossile Geopolitik ist zurück. Aktuelle Beispiele hierfür sind der Ukraine-Konflikt, die Auseinandersetzungen zwischen Russland und der EU sowie den USA, die Konflikte im Mittleren Osten und Nordafrika“.

Deshalb bedeutet die Energiewende als Gegenmaßnahme gegen den Klimawandel sowie die Umstellung auf erneuerbare, nicht fossile Energien einen sehr wesentlichen Beitrag zum Frieden. Jeder Liter Öl, der in der Erde bleibt, fördert doppelt den Frieden, wie der Klimaforscher Hartmut Grassl betont. Weil er zum einen den Klimawandel aufhält und zum anderen weniger „Blut für Öl“ bei der Beschaffung fossiler Rohstoffe fließen müsste.

Nach Jean Ziegler, dem ehemaligen UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, ist für die Menschen in der Dritten Welt der dritte Weltkrieg schon im Gang. Es sei Mord, wenn heute, in einer Welt voller Überfluss, alle 5 Sekunden ein Kind an den Folgen von Hunger sterbe.

Beginnt Vorkrieg mit der strukturellen Gewalt des neoliberalen Raubtierkapitalismus?

Je weiter die Schere zwischen arm und reich auseinanderklafft, umso mehr nehmen Mortalität (Sterblichkeit), Morbidität (Krankheitshäufigkeit), rassistische Einstellungen und Gewalt in einer Gesellschaft zu.

Der politische Kabarettist Georg Schramm benennt das als Kriegszustand und er zitiert dazu einen, der es wissen muss: Warren Buffett, einen der 5 reichsten Männer der Welt, der auf die Frage nach dem zentralen Konflikt unserer Zeit unverblümt antwortete: „Der Klassenkampf natürlich, Reich gegen Arm, und meine Klasse, die Reichen, die gewinnen gerade!“.

Beginnt Vorkrieg mit der Verleugnung des Wissens, dass wir wirklich etwas Grundsätzliches an unserem Lebensstil ändern müssten, unseren rücksichtslosen Ressourcenverbrauch, unsere ökologischen Fußabdrücke, die immer schlimmere Schäden hinterlassen? Beginnt er mit dem Billig-Schnitzel auf unserem Teller, mit der nächsten Ferienflugreise und dem Billig-T-Shirt? Spalten wir dieses Wissen ab, um „unseren Frieden“ zu haben und weitermachen zu können wie bisher?

Wie weit reicht unsere Identifikationsfähigkeit mit Menschen in anderen Ländern und fremden Kulturen und führt zu Konsequenzen im Handeln? Hört unser Gerechtigkeitssinn am eigenen Geldbeutel auf? Ist es noch Vorkrieg, wenn an unseren abgeschotteten Grenzen Menschen zu Hunderten sterben? Wie weit sind wir zu verantwortlicher Fürsorge für nachfolgende Generationen fähig?

Verleugnen wir da nicht wie Raucher, die auf jeder Zigarettenschachtel gewarnt werden, dass Rauchen tödlich sein kann, die Konsequenzen unseres Handelns, indem wir denken „es wird hoffentlich nicht so schlimm kommen!“ oder: „Es wird uns hoffentlich nicht treffen“, „Die anderen machen es doch auch! Sollen die doch anfangen!“?

Realisieren wir den Vorkrieg hier erst, wenn der Krieg, wie mit dem Ukraine-Konflikt, so gefährlich nah an unsere Haustür kommt? Oder wenn er über Terroranschläge zu uns zurückschwappt?
Als vor wenigen Wochen vom Komitee der Atomic Scientists die Weltuntergangsuhr von fünf Minuten vor zwölf auf zweieinhalb Minuten vor zwölf vorgestellt wurde, weil die Gefahr eines Atomkriegs so bedrohlich wurde wie seit 1984, dem Höhepunkt atomarer Ost-West-Konfrontation, nicht mehr, da ging kein Aufschrei durch Europa, das doch Austragungsort dieses Kriegs sein wird! Es gab keine Massendemonstrationen! Unseren Medien war es nur eine kleine Notiz wert, die schnell verdrängt werden konnte. Wir möchten es uns nicht vorstellen müssen!

Als Psychoanalytikerin will ich mich nachfolgend vor allem auf die Rolle der Medien und die Bedeutung kollektiver Traumatisierungen für die individuelle und gesellschaftliche Verführbarkeit zu einem Krieg ermöglichenden Verhalten beschränken.

„Wann Krieg beginnt, das kann man wissen“, lässt Christa Wolf (2) ihre Kassandra sagen, „aber wann beginnt der Vorkrieg? Falls es da Regeln gäbe, müsste man sie weitersagen. In Ton, in Stein eingraben, überliefern. Was da stünde, unter anderen Sätzen: Lasst Euch nicht von den Eigenen täuschen!“ Das bedeutet: lasst Euch nicht von den eigenen Politikern und Medien täuschen!

Die Rolle der Medien

Die Berichterstattung prägt das Bild, das sich Millionen Menschen von der Situation in einem Land machen. Die so vermittelte Wahrnehmung kann handlungsrelevant werden.

„Invalide waren wir durch die Rotationsmaschinen, ehe es Opfer durch Kanonen gab!“ sagt Karl Kraus über den I. Weltkrieg. Was verkrüppelt wird durch die Rotationsmaschinen, durch Medien, die den Gegner zum Feindbild dämonisieren, ist die Fähigkeit zur Empathie und die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel, also einen Konflikt auch mit den Augen des Gegners betrachten zu können.
Seit dem Vietnamkrieg wurde die kriegsentscheidende Bedeutung der Berichterstattung erkannt und führte zu einer neuartigen militärischen Strategie: der Informationskriegsführung.

Journalisten werden in die kämpfende Truppe „eingebettet“ und an der Heimatfront tobt seither der Informationskrieg. Lange bevor der erste Schuss fällt, wird die Sprache korrumpiert und militarisiert, Nachrichten werden unhinterfragt und einseitig dargestellt oder es werden bewusst falsche Behauptungen verbreitet.

Die dreiste Brutkastenlüge, irakische Soldaten hätten bei der Invasion Kuwaits im Jahr 1990 Frühgeborene aus ihren Brutkästen geschleudert und die Brutkästen geraubt, die von der größten PR-Agentur in den USA auf Veranlassung Kuwaits inszeniert wurde, zielte darauf, durch die heftige Emotionalisierung – wehrlose Babies, die elterliche Schutzinstinkte mobilisieren – den Kriegsgseintritt der USA gegen den Irak zu befördern. Dass sich hinterher herausstellte, dass es eine völlig erfundene Geschichte war, die weinende, angebliche Krankenschwester war die Tochter des kuwaitischen Botschafters in New York und das Bild der Babies stammte aus einem anderen arabischen Land aus einem ganz anderen Zusammenhang, das mag zwar nachträglich empören, aber die ursprüngliche Botschaft, die „Fake News“, sitzen bereits tief.

Fotos und Filme, die Visualisierung von Begebenheiten, Behauptungen und scheinbaren Beweisen appellieren an unser Grundvertrauen in das Sichtbare: Was ich sehe, ist doch real. Die Macht solcher Bilder wirkt deshalb viel stärker als nachträgliche korrigierende Klarstellungen, weil das Gehirn Informationen, die mit starken Emotionen verbunden sind, viel nachhaltiger speichert und das Gedächtnis auf dem einmal Gelernten beharrt.

Gerade vor dem Fernseher, wo Halbdunkel den Zuschauer in einen fast hypnagogen Schlummerzustand versetzt, haben derartige Bilder eine enorme, emotional-schockierende Durchschlagskraft.

Dabei braucht Propaganda keine wirklichen Beweise: Man muss falsche Behauptungen nur oft genug wiederholen, damit sie schließlich geglaubt werden.

Auch wehrt sich unser Narzissmus dagegen, Fehler oder ein Verführt-Worden-Sein einzugestehen, die Ent-Täuschung muss verdrängt werden.

Der Kognitionspsychologe Rainer Mausfeld (3) hat aufgezeigt, wie durch De-Kontextualisierung (aus dem Zusammenhang reißen) und Re-Kontextualisierung (in einen anderen Zusammenhang setzen) Informationen, die durchaus erscheinen, übersehen werden, indem sie so quasi „unsichtbar“ gemacht werden.

Das Nicht-Berichten von abweichenden Informationen trägt zu einer Art Homogenisierung des Denkens bei, in dem sich praktisch die gesamte Bevölkerung im Recht wähnt. Dies ist erklärbar durch das Bedürfnis, das Selbstideal „Wir sind die Guten.“ verleugnend aufrecht zu erhalten, was einem kollektiven falschen Selbst gleichkommt.

„Die gute Meinung von sich selbst“ ermöglicht, Fürchterliches zu begehen, wenn es von Autoritäten angeordnet wird oder der herrschenden Ideologie entspricht, und dabei „noch das Gefühl zu haben, anständig geblieben zu sein“, wie Himmler in seiner berüchtigten Posener Rede 1943 in Bezug auf die Massenerschießungen im Osten sagte.

Massenpsychologische Gründe

Der Wunsch dazuzugehören entsteht aus dem urmenschlichen, frühesten Bindungsbedürfnis.

Sigmund Freud (4) beschrieb in seiner kurz nach dem I. Weltkrieg veröffentlichten Arbeit „Massenpsychologie und Ich-Analyse“, dass in der Masse das eigene Gewissen an den Führer delegiert und durch die Identifikation mit ihm und mit den anderen Gruppenmitgliedern die Beziehung untereinander verstärkt wird, was zu einem narzisstischen Hochgefühl führt, das keine kritische Distanz zulässt. Die Angst, bei Widerspruch aus der Gruppe ausgestoßen und dadurch in der eigenen Identität bedroht zu werden, führt häufig zur Verleugnung von widersprüchlichen Wahrnehmungen und so zu widerspruchsfreier Selbstgleichschaltung. Warnende werden als „hysterisch“, Zweifler und Kritiker als „Verschwörungstheoretiker“ oder aktuell als „Putin-Versteher“ diffamiert und bekämpft, weil sie das eigene Weltbild gefährden.

Wie in Zeiten großer Verunsicherung häufig, bietet sich eine religiöse oder nationale Identität als Korsett an. Nichts sichert die Identität und den Zusammenhalt einer Gruppe effektiver als ein äußerer Feind, wodurch von Konflikten im Innern abgelenkt werden kann. Aus diesem Grund wurde nicht selten ein Krieg vom Zaun gebrochen.

Dagegen kann man sagen: Je konfliktfähiger eine Gruppe nach innen ist und je fähiger, Differenz und Unterschiedlichkeit auszuhalten, umso friedfertiger kann sie nach außen sein.

Der Konflikt zwischen Autonomie und Abhängigkeit und die Anpassung an den Mainstream: Kritisches, differenzierendes Denken erfordert psychische Arbeit gegen den regressiven Sog des Mainstreams. Eine autonome, unabhängige Position bedeutet, dem Wunsch nach Zugehörigkeit zur Großgruppe zu widerstehen. Die Sehnsucht nach Übereinstimmung mit den Mächtigen, die im Unbewussten die Elternposition einnehmen, entspricht letztlich dem Bedürfnis nach Abhängigkeit und Geliebtwerden. Eigenständigkeit kann deshalb schuldhaft als „böse“ erlebt werden und macht verletzlicher für diffamierende Zuschreibungen.

Kriegsrechtfertigungen

Der Legitimation eines „gerechten Krieges“ dient die Darstellung der eigenen kriegerischen Aggression als „Selbstverteidigung“, ebenso die Beteuerung, dass man selbst ja keinen Krieg wollte, er einem aber von der gegnerischen Seite „aufgezwungen“ wurde oder aus Bündnisverpflichtungen folge. Indem die USA den am 11. September 2001 verübten Terroranschlag als Angriffskrieg werteten, begründete die Bundesregierung ihre Beteiligung am Afghanistan-Krieg mit dem NATO-Bündnisfall, während der Satz, dass „Deutschland am Hindukusch verteidigt“ werden müsse, offenbarte, dass es um die Sicherung von Ressourcen und Handelswegen für unsere Wirtschaft ging.

Zur Kriegsbegründung werden Tatsachen verdreht, feindliche Überfälle provoziert oder False-Flag-Aktionen, wie der Überfall auf den Sender Gleiwitz am 1. September 1939, durchgeführt.

Anne Morelli (5) zeigt, wie Kriegspropaganda folgenreiche politische Entscheidungen durch einseitige, oft manipulative und emotionalisierende Informationen auslöst. Durch derartige Versuche, sich als Opfer feindlicher Übergriffe darzustellen oder eine Bedrohung der eigenen Werte zu beschwören, soll die einen Krieg ablehnende, eigene Bevölkerung gewonnen werden.

Als Analytikerin lernte ich, immer wieder den Worten und averbalen Mitteilungen meiner Patienten und dem, was dadurch in mir ausgelöst wurde, meiner „Gegenübertragung“, nachzuspüren. Mit solch einem genauen Nachspüren sollten wir Nachrichten daraufhin befragen, was für Gefühle sie auslösen und welche Reaktionen sie bewirken sollen.

Gefühle von Sinnlosigkeit und Leere, die unter dem scheinbaren Hype unseres Konsumwahns lauern, können durch fragwürdige Sinnsuche in extremistischen Ideologien oder fundamentalistischen Religionen abgewehrt werden: „Die Menschen haben“, wie Stavros Mentzos (6) in seinem Buch „Der Krieg und seine psychosozialen Funktionen“ (1994) beschreibt, „über Jahrtausende hinweg durch den Krieg nicht nur ihre realen Interessenkonflikte zu lösen versucht, sondern gleichzeitig mit seiner Existenz ihre Wertsysteme und heldischen Ideale mitgeprägt, ihre inneren Konflikte externalisiert, ihre narzisstischen Defizite kompensiert, ihre Identitätskrisen bekämpft und ihre Sinnlosigkeitsgefühle und Depressivität pseudo-kuriert“.

Die Rolle von Feindbildern

Fremdenfurcht ist ein wichtiger, Gruppenaggression auslösender Faktor. Der Angst vor Überfremdung, vor religiöser und kultureller Unterdrückung liegt oft eine unsichere Identität zugrunde.

Feindbild-Denken gründet sich auf Entmenschlichung und Dämonisierung des Anderen. Der Feind wird mit bedrohlichen Charakteristika – bösen Schlitzaugen – oder als gefährliches Ungeziefer gezeichnet, der morde, vergewaltige, plündere, Kulturschätze zerstöre und verbotene Waffen einsetze, während die eigenen Soldaten „anständig“ Krieg führten – die israelische Armee (IDF) als „die moralischste Armee der Welt“. Mit dem Feind soll das Böse schlechthin bekämpft werden, während die eigene Mission überhöhend als Kreuzzug für heilige Werte – Freiheit, Demokratie, Ehre – dargestellt und mit Weltuntergangsszenarien – Armageddon, Amalek – beziehungsweise als Konflikt zwischen Zivilisation und Barbaren, als „Clash of Cultures“, mythologisiert wird.
Dabei spielen Projektionen eine wichtige Rolle. Projektion bedeutet, dass eigene negative und deshalb verdrängte Eigenschaften im Gegner, der dadurch zum Feindbild verzerrt wird, untergebracht werden und in dem dann diese eigenen abgewehrten Eigenschaften bekämpft werden.

Oft wird der Feind vereinfachend in seinem Führer personifiziert: Milošević, Saddam Hussein, Gaddafi und Assad wurden mit Hitler, dem Inbegriff des Bösen, verglichen. Dies führt zur reflexhaften Bereitschaft, das Volk doch von diesem Diktator befreien zu müssen. Die Irritation, dass diese Diktatoren noch kurz zuvor „beste Freunde“ waren und erst zu Bösen wurden, als sie sich dem Einfluss der USA zu entziehen versuchten, indem sie zum Beispiel das Monopol des Petrodollars angriffen, findet in den großen Medien wenig Beachtung.

Mit neuen, strategischen Begriffen wie „Responsibility to protect“ und „humanitäre Intervention“ sowie mit dem „hybriden Bild“ des eigenen Soldaten als friedlichem Brunnen- und Schulenbauer, der medienwirksam Nahrungsmittel verteilt, wird die blutige Realität des Krieges verschleiert, zivile Opfer werden als „Kollateralschäden“ bedauert oder sie werden dem Gegner zugeschoben, der Zivilisten als „menschliche Schutzschilde“ missbraucht habe.

Die aktuelle Ukraine-Krise ist von einem massiven Rückfall in Kalte-Kriegs-Rhetorik begleitet, in der alte Feindbilder vom bedrohlichen, unberechenbaren Russen Hochkonjunktur haben. Dabei wird die eigene Aggression der Osterweiterung der NATO auf Russland projiziert und stattdessen allein Russland gefährliche Expansionsbestrebungen unterstellt. Dass Russland von einem Ring von hundert US-Militärbasen umgeben – und bedroht – ist, wird unterschlagen.

Vermutlich wird auch in Russland das kollektive Trauma aus den beiden Weltkriegen und die damit verbundene Angst vor einem erneuten Überfall propagandistisch funktionalisiert.
Woher kommt die sogar vom Programmbeirat der ARD gerügte, einseitig NATO- und US-affine Berichterstattung in unseren Mainstream-Medien?

Uwe Krüger (7) erklärt dies mit der intellektuellen Korrumpierung führender Redakteure, die in abgeschirmten transatlantischen Elitenetzwerken mit Wirtschaftsmagnaten, Politikern und Militärs zusammentreffen. Durch diese „Privatisierung der Macht“ in derartigen Lobby-Veranstaltungen würden wichtige Teile der politischen Willensbildung aus dem öffentlichen Raum ausgelagert und der demokratischen Kontrolle entzogen.

Wieso lassen sich intelligente Menschen wie diese „Alpha-Journalisten“ so auf Linie bringen? Ist es die Verführbarkeit durch die narzisstische Aufwertung, am Glanz der Reichen und Mächtigen teilhaben zu dürfen? Führt diese Art „Embedded“-Sein wie bei den embedded Kriegsreportern zur zwangsläufigen Identifikation mit der Bezugsgruppe?

Die Konzentration auf wenige Medienkonzerne führt zusätzlich zu oft einseitiger Berichterstattung. Wir haben zwar Meinungsfreiheit, aber die Pressefreiheit bedeutet vor allem, dass die Besitzer der Medienkonzerne deren politische Ausrichtung bestimmen.

Außerdem arbeiten Verlagskonzerne vor allem gewinnorientiert. Für gründliche Recherchen stehen immer weniger Mittel zur Verfügung. Auf Werbeeinnahmen angewiesen zu sein bedeutet eine weitere Ausrichtung an Marktinteressen.

Das Täter-Opfer-Pingpong

Jessica Benjamin (8) hat für Beziehungen, in denen beide Seiten sowohl Täter als auch Opfer sind, beschrieben, wie dies zu einem endlosen Hin und Her gegenseitiger Schuldzuweisungen führen kann. Dabei wird die Realität oft von der mächtigeren Seite umgedeutet und verschleiert. Die Projektion der eigenen, nicht integrierten Ohnmachts- und Schuldgefühle sowie der eigenen Aggression in den Anderen bedeutet jedoch eine Enteignung des eigenen authentischen Identitätsgefühls und von Subjekthaftigkeit. Dadurch wird die eigene Urheberschaft, die eigene Mitverantwortung geleugnet. In einem derartigen dyadischen, schwarzweißen Macht-Ohnmacht-Kampf geht die Position des Dritten verloren. Durch den Zusammenbruch der Position des Dritten, dieses Raums für Reflexion und Übernahme von Verantwortung, gibt es keinen Spielraum, keinen Raum für kreative Lösungen mehr. Die Situation erscheint „alternativlos“. Hingegen helfen Skepsis, Zweifel und differenzierende Informationen, wieder zu einer dritten Position zu finden.

International gültige Rechtsnormen, wie die Menschenrechte, Völkerrecht und Genfer Konventionen, UNO und Internationaler Strafgerichtshof, sind Institutionalisierungen einer derartigen „moralischen Drittheit“.

Jessica Benjamin (9) beschreibt auch, wie es durch einen Zusammenbruch der dialektischen Spannung zwischen Gleichsein und Einfühlung in den Anderen auf der einen Seite und dem Wissen um Getrennt-, um Verschiedensein auf der anderen, zu einer Macht-Ohnmacht-Beziehung kommt, bei der an die Stelle des dialektischen „Sowohl Ich als auch Du und Wir beide“ das den Anderen ausschließende „Entweder Ich oder Du“ tritt. Das Merkmal einer derartigen, Anderssein ausschließenden Beziehung ist Unterwerfung beziehungsweise Herrschaft. Dabei ist mit dem Selbstbild „wir sind die Guten“ der auf einer moralisch überlegenen, vermeintlich auf einer christlich-jüdischen Wertegemeinschaft aufbauende Westen in eine gefährliche, unkritische Selbstgefälligkeit verfallen. Robert Jay Lifton (10) hat in seiner Arbeit „Der Verlust des Todes“ (1986) dargelegt, wie die eigene Schwäche, letztlich die eigene Sterblichkeit abgewehrt und im Gegner untergebracht wird, indem dieser getötet wird: „Ich habe die bessere, überlegene – und das heißt unsterbliche – Ideologie bzw. Religion oder Rasse! Also bist Du es, der sterben muss, nicht ich!“

Die Rolle der Erziehung

Vorkrieg beginnt schon bei der Kindererziehung, die früh und oft auf subtile Weise Gehorsam, Anpassung und Unterwerfung fordert.

Eine Erziehung, die, jede Einfühlung verweigernd, durch sadistisch-autoritäre Unterwerfung das Bindungs- und Schutzbedürfnis des Kindes missachtete, wurde im Dritten Reich propagiert, wie dies Sigrid Chamberlain (11) in ihrem Buch „Adolf Hitler, die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ eindrucksvoll darstellt. Eine derartige Erziehung führt statt zu Urvertrauen zu Urmisstrauen, das für paranoid-misstrauische Weltsicht und Freund-Feind-Denken empfänglich macht und hat zur Folge, dass ein autoritäres, von Anderen abhängiges Gewissen, ein autoritärer Charakter entwickelt wird.

Nach Winnicott (12) muss ein Kind genügend oft die Erfahrung machen, dass die „Primärobjekte“, die engsten frühen Bezugspersonen, die Eltern, seine aggressiven Impulse und Phantasien „überleben“, indem sie sich nicht entziehen oder rächen, um – im zunehmenden Vertrauen auf seine Fähigkeit zur Wiedergutmachung – Aggression integrieren zu können und eine reife, eigene Identität zu entwickeln. Zu einer sicheren Identität gehört es so auch, negative Selbst- und Objektbilder nicht abzuspalten oder auf „Sündenböcke“ zu projizieren, sondern das Wissen, „so bin ich leider auch“, in die eigene Identität zu integrieren. Dann kann Schuld anerkannt und Verantwortung für das dem Anderen Zugefügte übernommen werden.

Die Bedeutung kollektiver Traumatisierungen

Zum Trauma-Begriff

Unter Trauma versteht man ein Ereignis, das durch intensivste Erregung den Reizschutz durchbricht, die seelische Verarbeitungsfähigkeit überfordert und bisherige Orientierungen in der Welt erschüttert. Traumatische Erfahrungen können nicht symbolisiert und nicht integriert werden. Sie haben bedrängenden Wirklichkeitscharakter, zerstören die Fähigkeit zu denken und tendieren durch den Drang, handelnd die Ohnmacht zu überwinden, dazu, wiederholt zu werden.

Um ein Trauma seelisch fassen zu können, wird ihm oft nachträglich eine sinnhafte Bedeutung zugeschrieben.

Ein kollektives Trauma ist ein von einer Großgruppe erlittenes katastrophales Erlebnis. Ein kollektives Trauma kann lange schlummern oder von Generation zu Generation weitergegeben und mythologisch umgearbeitet werden. Kollektive Traumata bilden einen wesentlichen Aspekt der kollektiven Identität, des Selbstbildes einer Großgruppe.

Die Aktivierung kollektiver Traumatisierungen, durch die die Angst, wieder zum Opfer zu werden, funktionalisiert und Schutz bei einem Mächtigen gesucht wird, wird oft demagogisch missbraucht, indem propagandistisch frühere Opfererfahrungen und damit verbundene narzisstische Kränkungen und Wut mobilisiert werden.

Das Trauma eines Krieges wird besonders maligne durch Demütigung und narzisstische Kränkung, der Unterlegene zu sein, mit dem es der Gegner „jetzt machen kann“ und erzeugt hilflose Wut, die unter der Oberfläche scheinbaren Friedens weiterschwelt.

Die Trauer um den Verlust geliebter Menschen, um körperliche oder seelische Versehrtheit, Verlust von Heimat und Enttäuschung von politischen Hoffnungen könnte durch gegenseitige Schuldanerkenntnis und reife Verantwortungsübernahme Versöhnung ermöglichen.

Wird diese Trauer abgewehrt durch Groll, Empörung und Wut und (unterdrückten) Hass auf den Sieger, so kann dies der Keim zu einem Wieder-Aufflackern eines Konflikts sein.

Durch die Aktivierung latenter Ängste regredieren Großgruppen auf die sogenannte „Kampf- und Flucht-Einstellung“. Rachephantasien sollen das durch Demütigung und Ohnmachtserfahrung beschädigte, traumatisierte Selbst reparieren, um wieder Kontrolle zu gewinnen, aktiv Handelnder zu sein.

Der Wunsch, das Trauma ungeschehen zu machen, führt dazu, das Trauma sozusagen auszustoßen, indem es anderen zugefügt wird.

Bei der Frage, auf wann der Beginn eines Vorkriegs datiert werden soll, stoßen wir so auf immer frühere Faktoren, die zeigen, wie fatal es sich auswirkt, wenn kollektive Traumatisierungen nicht bearbeitet und nicht betrauert werden konnten.

Verarbeitungsmöglichkeiten kollektiver Traumata als Kriegsprävention

Für die Bewältigung kollektiver Traumata ist es heilsam, wenn es zur öffentlichen Auseinandersetzung mit den Tätern kommt, zur Exhumierung von Massengräbern oder zur Bildung von Selbsthilfegruppen der Opfer. Oder wenn ein sozialer Prozess stattfindet, der konkrete wie auch symbolische Gesten findet und die Anerkennung der traumatischen Realität durch die Gesellschaft als Ganzes ermöglicht.

Der Kniefall Willy Brandts 1970 am Mahnmal für den Aufstand im Warschauer Ghetto war eine derartige symbolische Übernahme von Verantwortung, Anerkennung von Schuld und Bitte um Vergebung.

Die Wahrheits- und Versöhnungskommissionen in Südafrika stellen für mein Empfinden einen Kulturfortschritt dar.

Die Abbildung von Opfern, dem Jungen aus dem Warschauer Ghetto, die nackte vietnamesische Frau auf der Flucht vor Napalm, dem durch die Ölverseuchung des Meeres im 2. Golfkrieg sterbenden Kormoran, Menschen vor ihren zerstörten Häusern oder auf der Flucht, ermöglichen eine Identifikation mit den Opfern, indem wir in ihrer Verletzlichkeit und Verwundbarkeit uns selbst erkennen können.

Niederlage als Vorkrieg eines nächsten Krieges

Der „Vorkrieg“ des II. Weltkriegs begann mit dem Trauma des I. Weltkriegs.

Bei der Unterzeichnung des Friedensvertrags von Versailles sagte der englische Premierminister Lloyd George 1919, er habe gerade die Kriegserklärung für den nächsten Krieg unterschrieben. „Wir haben ein schriftliches Dokument, das uns einen Krieg in 20 Jahren garantiert!“ – er sollte aufs Jahr genau Recht behalten! Lloyd George weiter: „Wenn Sie einem Volk Bedingungen auferlegen, die es unmöglich erfüllen kann, dann zwingen Sie es dazu, entweder die Verträge zu brechen oder Krieg zu führen! Ungerechtigkeit und Anmaßung in der Stunde des Triumphs zur Schau getragen, werden niemals vergessen und vergeben!“

Umgang mit Ohnmachtserfahrungen und narzisstischen Beschädigungen

Alte Erfahrungen von Unrecht und Erniedrigung begünstigen, dass für den Einzelnen die Zugehörigkeit zur Gruppe und die gemeinsame Moral wichtiger werden als die eigene, individuelle Moral, indem eigener Groll durch die Gruppe legitimiert wird. Die Ohnmacht wird abgewehrt in Omnipotenz- und Rachephantasien, entsprechend einer „manischen Abwehr der Depression“, wie dies in dem Nazilied ausgedrückt wird: „Wir werden weiter marschieren, wenn alles in Scherben fällt, denn heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt!“

Die Bedeutung der Großgruppen-Identität und ihr Zusammenhang mit der individuellen Identität: Den wichtigsten Beitrag zur Identität einer Großgruppe bilden nach Vamik Volkan (13, 14, 15) sogenannte „ausgewählte“ Traumata. Dabei bedeutet „ausgewähltes Trauma“ den Umgang mit einem Trauma, seine Rezeptionsgeschichte sozusagen. Das tatsächliche traumatische Ereignis spielt dann keine entscheidende Rolle mehr, häufig wird es sogar mythologisiert. Entscheidend ist die unsichtbare Macht des „gewählten“ Traumas, mit der die Mitglieder der Gruppe miteinander verbunden werden. Eindrucksvoll war dies in den USA nach dem 11. September 2001 zu beobachten.

Die Funktion eines „gewählten Traumas“ kann sich ändern: So kann es zum Beispiel in einer Generation das Selbstverständnis als Opfer befördern, und in einer anderen Generation dient es eventuell dazu, der Gruppe eine Rächeridentität zu verleihen.

Da die Identität der Großgruppe eng mit der individuellen Identität verwoben ist, bietet die Großgruppenidentität einerseits eine Art Container, eine Art seelischen Behälter für eine brüchig gewordene eigene, individuelle Identität. Andererseits erklärt dies auch, weshalb die Aktivierung kollektiver Traumata so massive Angsterregung auslösen kann, denn eine Bedrohung der Identität führt zu einem inneren Alarmzustand, der an früheste, existentielle Verlustängste rührt. Die Großgruppenidentität spielt deshalb für die affektive Mobilisierbarkeit einer Gruppe eine ganz wesentliche Rolle.

Ein „gewähltes Trauma“ kann im kollektiven Gedächtnis einer Gruppe lange Zeit schlummern und plötzlich in Krisenzeiten, wenn die Identität der Gruppe bedroht ist, reaktiviert und von Führern demagogisch missbraucht werden. Dabei kommt es wie bei einem individuellen Trauma, bei Flashback-Reaktionen, zu einem Zeitkollaps, und die Gruppe reagiert ähnlich ängstlich oder aggressiv-erregt wie wenn es sich um ein aktuelles Trauma handeln würde und schart sich um den starken Führer-Vater.

Welche Rolle ein Trauma im kollektiven Gedächtnis spielt und ob es zu einem „gewählten“ Trauma wird, hängt zum einen davon ab, wie weit man sich mit den davon Betroffenen identifizieren kann, der sozialen Nähe zu den Opfern, aber auch von der gesellschaftlichen Macht der davon betroffenen Großgruppe.

In der Bundesrepublik fordert das kollektive Schuld-Trauma „Auschwitz“ ein unbedingtes „Nie wieder!“. Auch dieses „Nie wieder“ wurde 1999 instrumentalisiert, um im Kosovokrieg die Bereitschaft für eine erstmalige deutsche Beteiligung an einem Kriegseinsatz der NATO – noch dazu ohne UN-Mandat – zu rechtfertigen, um einen – fraglichen – Völkermord zu verhindern.

„Auschwitz“ als Symbol für schreckliche Schuld wurde Teil der deutschen Großgruppen-Identität.

Angesichts der erst spät diskutierten Verbrechen der Wehrmacht im Osten fällt auf, dass es zu keiner vergleichbaren Anerkennung von Schuld gegenüber der Sowjetunion kam. Das unterlassene Schuldanerkenntnis trägt zu der latenten Angst vor russischer Rache bei.

Die Auseinandersetzung mit der eigenen Mitverantwortung für die Nazizeit wurde 1945 in der BRD durch rasche Identifikation mit „den Guten“, dem „freien“ Westen, abgewehrt und die selbst erlittenen, tatsächlich auch schlimmen deutschen Opfer wurden dagegengehalten. Im Bündnis mit den Westmächten wurde die Sowjetunion neuer, alter Feind, und wurde durch den Zusammenbruch 1990 wirtschaftlich dann doch noch besiegt.

Mit der Wiedervereinigung schien die unbewusst als Strafe für die Verbrechen im Dritten Reich erlebte deutsche Teilung rückgängig, wie ungeschehen gemacht. Heute sind „wir wieder wer“ und deshalb wollen wir nun auch wieder militärisch in der Welt mitmischen.

Die Bedeutung von nicht verarbeiteten Traumatisierungen

Ein „gewähltes Trauma“ weist auf die Unfähigkeit der vorangegangenen Generation hin, nach einem gemeinsam erlittenen traumatischen Ereignis über die Verluste und das Verlorene zu trauern. Es ist ein Zeichen dafür, dass es der Gruppe nicht gelungen ist, eine narzisstische Verletzung und Demütigung wiedergutzumachen. Die verletzten Selbstbilder, die mit der seelischen Repräsentanz des Traumas verbunden sind, werden in den sich entwickelnden Selbstvorstellungen der Kinder der nächsten Generation deponiert, damit diese stellvertretend den Verlust betrauern oder die Demütigung wiedergutmachen sollen.

Die transgenerationelle Weitergabe von Traumatisierungen spielt deshalb sowohl in der individuellen wie in der kollektiven Pathologie eine große Rolle. Weil die ungelösten Probleme und Konflikte an die nächste Generation delegiert werden, und die Generation der Kinder Lösungen für unbewusst von der Elterngeneration auf sie übertragene Aufgaben finden sollen, haben „gewählte Traumata“ einen viel massiveren, lang anhaltenden und potentiell gefährlicheren Einfluss auf die Großgruppenidentität und auf politische Handlungen als zum Beispiel „gewählte Ruhmestaten“.
Das kollektive Trauma des Holocaust ist für Juden und für Deutsche zu einem wesentlichen Aspekt des eigenen Selbstverständnisses geworden.

Für Juden ist der Holocaust mit derartig existentiell-katastrophischen Erfahrungen verbunden, dass alles, was als potentielle Gefahr erlebt wird, wieder in die Position des wehrlosen Opfers gebracht zu werden, massivste Ängste auslöst und zu Gegenmaßnahmen führt, die den Spielraum für Verhandlungen und Einfühlung in die aus diesen Gegenmaßnahmen erfolgende Traumatisierung der gegnerischen Großgruppe, zum Beispiel der Palästinenser, einschränkt und so die Gefahr perpetuiert, statt sie zu beseitigen.

Für Deutsche ist der Holocaust mit so viel Schuld und Schamgefühlen verbunden, dass aus Angst, wieder als antisemitisch gebrandmarkt zu werden, die bedingungslose Solidarität mit der Politik Israels „Staatsräson“ ist, statt gerade aus der eigenen Erfahrung des zu Tätern Gewordenseins auch kritisch-vermittelnd Stellung zu beziehen.

Für die Weltvölkergemeinschaft bewirkte der Holocaust eine Art moralisches Gedächtnis und eine Menschheitsidentität, die im Völkerrecht verbindliche allgemeine Rechtsnormen eines „Nie Wieder!“ verankerte.

Ich fasse zusammen: Auf die Frage, „wann beginnt der Vorkrieg“, muss ich antworten: Der Vorkrieg hat nicht nur längst begonnen, sondern man muss sagen, er ist längst in einen – bei uns Gottseidank noch nicht durch Bombeneinschläge spürbaren – Ausbeutungskrieg gegenüber der Dritten Welt, der Natur, aber auch gegenüber dem zurückgelassenen Prekariat und gegenüber den nachfolgenden Generationen übergegangen.

Meine Hoffnung ist, dass Aufklärung, Vernunft, Liebe zum Leben und immer mehr entschieden nach anderen, ressourcenschonenden, nachhaltigen Lebensformen suchende, junge Menschen stark genug sein können, um das Steuer noch herumzureißen und eine zukünftige, unabsehbare Katastrophe zu verhindern.

Im Wissen, wie leicht Großgruppen zu verführen sind, Konflikte durch Gewalt lösen zu wollen, und wie gefährlich labil der Zustand unserer Welt ist, wie leicht „Vorkriege“ und Stellvertreterkriege vor unserer Haustür in einen Krieg auch bei uns umschlagen können, kann nur die – vielleicht utopische – Hoffnung auf eine Welt-Innenpolitik mit Anerkennung des alleinigen Gewaltmonopols einer neutralen UNO und dem Primat ziviler Konfliktprävention, einschließlich der Durchsetzung weltweiter ökologischer und sozialer Gerechtigkeit, den immer gefährlicheren Kreislauf von Krieg und Traumatisierung durchbrechen.

Literatur:(1) Bruder, Klaus-Jürgen, Bialluch, Christoph Hein, Jörg (Hg): Der Krieg um die Köpfe – Der Diskurs der Verantwortungsübernahme – psychologische, sozialwissenschaftliche und medienkritische Betrachtungen. Eine Publikation der NGfP. Psychosozial 2016
(2) Wolf, Christa (2008): Kassandra. Frankfurt: Suhrkamp-TB
(3) Mausfeld, Rainer: „Warum schweigen die Lämmer?“ Vortrag am 28.6.2015 in Kiel
(4) Freud, Sigmund (1921/1974) Massenpsychologie und Ich-Analyse. Frankfurt: Fischer-TB
(5) Morelli, Anne (2004): Die Prinzipien der Kriegspropaganda. Springe: Klampen-Verlag
(6) Mentzos, Stavros (1994): Der Krieg und seine psychosozialen Funktionen. Suhrkamp-TB
(7) Krüger, Uwe (2013): Meinungsmacht. Der Einfluss von Eliten auf Leitmedien und Alpha- Journalisten – eine kritische Netzwerkanalyse. Köln: Halem-Verlag.
(8) Benjamin, Jessica (2005): Das moralische Dritte als Ausweg aus der Täter-Opfer-Beziehung: Wirkung, Initiative und Verantwortung in der Psychoanalyse. Gießen: Psychosozial-Verlag
(9) Benjamin, Jessica (1993): Die Fesseln der Liebe. Psychoanalyse, Feminismus und das Problem der Macht. Frankfurt: Stroemfeld-Verlag
(10) Lifton, Robert Jay (1986): Der Verlust des Todes. München: Hanser-Verlag
(11) Chamberlain, Sigrid (2000): Adolf Hitler, die deutsche Mutter und ihr erstes Kind: Über zwei NS-Erziehungsbücher. Gießen: Psychosozial-Verlag
(12) Winnicott, Donald W. (1990): Der Anfang ist unsere Heimat. Stuttgart: Klett-Cotta-Verlag
(13) Volkan, Vamik (1999): Das Versagen der Diplomatie. Zur Psychoanalyse nationaler, ethnischer und religiöser Konflikte. Gießen: Psychosozial-Verlag
(14) Volkan, Vamik (1999): Blutsgrenzen. Die historischen Wurzeln und die psychologischen Mechanismen ethnischer Konflikte und ihre Bedeutung bei Friedensverhandlungen. Bern/München/Wien: Scherz-Verlag
(15) Volkan, Vamik (2006): Blindes Vertrauen: Großgruppen und ihre Führer in Zeiten der Krise und des Terrors. Gießen: Psychosozial-Verlag


Weitere, nicht direkt zitierte Literatur:

Arendt, Hanna (2007): Über das Böse. Vorlesungen zu Fragen der Ethik. München: Piper-Verlag
Assmann, Aleida (2006): Der lange Schatten der Vergangenheit: Erinnerungskultur und Geschichtspolitik. München: C.H. Beck-Verlag
Biermann, Christoph (1995): Das Fremde ist das Deutsche. In: Jahrbuch der Psychoanalyse 35, 217-267, Hrsg: Eickhoff, F.-W. Stuttgart: Fromann-Holzbook-Verlag
Jimenez, Juan Pablo (2010): Soziopolitische Gewalt: psychosoziale Strategien und Maßnahmen zur Wiedergutmachung – der Fall Chile. In: Psyche – Z. Psychoanal. 64, 336 -352, Stuttgart
Kakar, Sudhir (1997): Die Gewalt der Frommen. Zur Psychologie religiöser und ethnischer Konflikte. München: C.H. Beck-Verlag
Küchenhoff, Joachim (1998): Trauma, Konflikt, Repräsentation. In: Trauma und Konflikt. Hrsg.: Schlösser, Anne-Marie u. Höhfeld, Kurt. Gießen: Psychosozial-Verlag
Kühner, Angela (2007): Kollektive Traumata. Gießen: Psychosozial-Verlag
medico-Report 21 (1998): Der Preis der Versöhnung. Südafrikas Auseinandersetzung mit der Wahrheitskommission. Frankfurt am Main
Zuckermann, Moshe (2010): Antisemit! Ein Vorwurf als Herrschaftsinstrument. Wien: Promedia-Verlag

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Dieser Artikel erschien als Online-Erstveröffentlichung im Magazin Rubikon.

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Ein Kommentar

  1. Der Mensch lernt schreiben, rechnen, lesen, wenn man ihn läßt. Der Mensch scheint unfähig zu sein friedlich leben zu wollen.
    Darin unterscheidet er sich nicht zur restlichen Fauna und Flora. In der Tierwelt ist kein anderes, wesentliches Beispiel bekannt, daß ein Tier Ackerbau und Viehzucht betriebt. Die Nahrungskette vollzieht sich immer von oben nach unten.
    Beim Menschen ist es genau so auch, der Reiche kämpft gegen den Armen und gönnt ihm nicht das Schwarze unter dem Fingernagel. Der Reiche will immer Reicher und mächtiger sein und werden, derweil der Arme die Brotkrumen der Reichen zusammen klaubt, um nicht gänzlich zu verhungern. Das gelingt in einigen Gegenden, in anderen nicht denn dort erschlägt der Arme noch den ganz Armen. Es gibt halt immer noch einen dem es schlechter geht und auf den man einschlagen kann, selbst dann wenn man selbst schon in der Gosse liegt.
    Sich über andere erheben ist das Ziel, notfalls und in der Regel mit Waffengewalt.
    Human ist der Mensch in Gänze nicht, da ist er die Inkarnation des „Fake“, ein Konstrukt aus Lug und Betrug. Er ist ein Meister darin die Wahrheit zu vertuschen, zu vernebeln und ins Gegenteil zu drehen.
    Doch wieviel Erde braucht der Mensch?
    Wer es wissen will lese Tolstoi

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