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Dreiste Medien nutzen Fake-U-Boote weiter für Propaganda

Seit Oktober 2014 war die deutsche und europäische Presse im U-Boot-Fieber: Angeblich wurden vor Schweden russische U-Boote gesichtet. Mal wieder, denn diese Geschichten über angebliche russische oder sowjetische U-Boote an Schwedens Küsten gibt es regelmäßig seit den 1980er Jahren. Eine Art Big Foot oder Nessie des Kalten Krieges wurde aus Propagandagründen wiedewr aus der Mottenkiste geholt, so der Verdacht. Und tatsächlich: Ein schlechtes angebliches Foto des U-Bootes wurde vom schwedischen Militär selbst im April 2015 als Bild eines normalen Bootes enttarnt, das Boot wurde sogar gefunden. Den westeuropäischen Medien war das egal: Die U-Boot-Hysterie – der Russenalarm – ging weiter, schließlich gab es angeblich ja noch Signale russischer U-Boote. Am 11. Juni 2016 hörte die U-Boot-Propaganda der westlichen Presse dann schlagartig auf: Die schwedische Regierung gab an diesem Tag im schwedischen Rundfunk eher beiläufig bekannt, dass es – nun auch ganz offiziell – kein russisches U-Boot vor Schweden gegeben hatte und vermeintliche Signale zu einem schwedischen U-Boot gehörten. Bei einer weiteren angeblichen Ortung eines U-Bootes aus Russland im Jahre 2015 soll es sich laut schwedischer Regierung um ein deutsches Boot gehandelt haben (Was Deutschland bisher abstreitet oder nicht zu wissen vorgibt).

In den deutschen Medien, wie auch in der Presse des befreundeten europäischen Auslandes, herrscht zu dem Thema „angebliche russische U-Boote vor Schweden“ seit dem 11. Juni eine Art Nachrichtensperre: Man weigert sich als geschlossene Medienfront und offenbar gezielt, die Bevölkerung in Kenntnis zu setzen, dass es diese angebliche russische Bedrohung in der Ostsee durch Unterseeboote nicht gab. Besonders dreiste deutsche (und österreichische) Medien haben vor einigen Tagen anläßlich des NATO-Gipfels in Polen sogar einen Weg gefunden, die pseudorussischen U-Boote vor Schwedens Küsten – falls es sie überhaupt wirklich gegeben hat – weiterhin für Propaganda gegen Russland einzusetzen, ohne den Fall auch nur annähernd aufzuklären und journalistisch korrekt und verständlich darzustellen.

taz

Die taz schreibt in dem Artikel „Nato-Gipfel in Warschau. Abschreckung und Dialog„:

„Das Militärbündnis will Einheit zeigen, scheitert aber daran beim Umgang mit Russland. Die skandinavischen Länder fühlen sich bedroht. […] In Schweden sorgten Gerüchte über ein russisches U-Boot vor der Küste und über Manöver mit angeblich Zehntausenden russischen Soldaten, die die Besetzung von Ostseeinseln übten, zu einer Anhebung des seit Jahren zurückgefahrenen Militärhaushalts. Erstmals seit Jahren gibt es laut einer Umfrage vom Mai in Schweden eine Mehrheit für den Nato-Beitritt. Auf dem Gipfel muss nun abgewogen werden, wie den Partnerländern Finnland, Schweden, Georgien, Moldawien und der Ukraine am besten geholfen werden kann. Eine Fehlentscheidung könnte für jedes dieser Länder folgenreiche Auswirkungen bis hin zum Krieg haben.“

Im gesamten Artikel findet keine Aufklärung des „russischen“ U-Boot-Falles statt. Natürlich auch nirgendwo anders in der taz. Am lauten Russen-U-Boot-Alarm war die taz freilich beteiligt. Und jetzt wird das U-Boot immer noch eingesetzt, obwohl die schwedische Regierung das doch öffentlich vor vier Wochen dementiert hat.

Weser-Kurier

Der Weser-Kurier schreibt in dem Artikel „Auf dem Nato-Gipfel steht der Umgang mit Moskau auf der Tagesordnung. Dialog und Abschreckung„:

„Schweden und Finnland nehmen in diesem Jahr ebenso wie Georgien und die
Ukraine als Gäste am Nato-Gipfel teil. Auch die bislang neutralen Länder Skandinaviens fürchten inzwischen einen Übergriff Russlands und erwägen eine Vollmitgliedschaft in der Nato. […] In Schweden sorgten Manöver-Gerüchte über ein russischen U-Boot vor der Küste und angeblich Zehntausenden russischen Soldaten, die die Besetzung von Ostseeinseln übten, zu einer Anhebung des seit Jahren immer weiter zurückgefahrenen Militärhaushalts. Zum ersten Mal seit vielen Jahren stimmten in einer Umfrage vom Mai dieses Jahres mehr Schweden für den Nato-Beitritt als dagegen.“

Im gesamten Artikel findet keine Aufklärung des „russischen“ U-Boot-Falles statt. Natürlich auch nirgendwo anders im Weser-Kurier. Am lauten Russen-U-Boot-Alarm war der Weser-Kurier freilich beteiligt. Und jetzt wird das U-Boot immer noch eingesetzt, obwohl die schwedische Regierung das doch öffentlich vor vier Wochen dementiert hat.

In einem anderen Weser-Kurier-Artikel wird eine Nebelkerze gezündet: „Im wirtschaftlich starken und unabhängig von Russland stehenden Schweden wagt man sich etwas weiter hervor. Das Parlament hat mit breiter Mehrheit eine Aufrüstung seines lange Zeit zusammengekürzten Militärs beschlossen. Ein vermeintliches russisches U-Boot in den Gewässern vor Stockholm und Meldungen über ein Kriegsspiel, in dem 33 000 russische Soldaten mehrere Ostseeinseln besetzen, beunruhigten die Bürger zutiefst. Aktuelle Medienberichte, denen zufolge es sich bei dem U-Boot um ein verirrtes deutsches Schiff gehandelt haben könnte, ändern nichts am Grundgefühl.“

Nein, dieses angebliche U-Boot 2014, das war nicht das möglicherweise deutsche Unterseeboot. Das war viel später. Nach der oder mitten in der massiven Medienkampagne zu angeblichen russischen U-Booten vor Schweden. Was der Weser-Kurier schreibt, ist schlicht eine Falschmeldung – Sowohl hinsichtlich des U-Bootes („DAS Russen-U-Boot“) als auch der „Medienberichte“ (Danke für die Blumen …) darüber. DAS U-Boot, das war das schwedische. Das „deutsche“ war nur ein späterer Propagandabeifang mittlerer Güte.

DiePresse.com

„Die Presse“ aus Österreich schreibt in der Meldung „Die Neutralität der Skandinavier ist passé„:

„Schweden und Finnland rücken aus Angst vor Russland immer näher an die Nato. Die Schweden sind erstmals mehrheitlich für einen Beitritt. […] Im wirtschaftlich starken Schweden wagt man sich weiter hervor. Das Parlament hat mit breiter Mehrheit eine Aufstockung des zusammengestrichenen Militäretats aufgrund der neuen Sicherheitslage beschlossen. Ein vermeintliches russisches U-Boot in den Gewässern vor Stockholm und Meldungen über ein Kriegsspiel, in dem 33.000 russische Soldaten mehrere Ostseeinseln besetzen, beunruhigten die Bürger zutiefst. In Schweden waren laut einer Umfrage im Mai mit 38 Prozent erstmals mehr Schweden für einen Beitritt als dagegen (31 Prozent).“

Im gesamten Artikel findet keine Aufklärung des „russischen“ U-Boot-Falles statt. Natürlich auch nirgendwo anders bei Die Presse. Am lauten Russen-U-Boot-Alarm war Die Presse freilich beteiligt. Und jetzt wird das U-Boot immer noch eingesetzt, obwohl die schwedische Regierung das doch öffentlich vor vier Wochen dementiert hat.

Fassungslosigkeit

Viel mehr als die Meldungen aus den drei oben aufgeführten Medien findet man in den „etablierten Medien“ seit dem 11. Juni 2016 – dem Dementi der schwedischen Regierung – nicht zu den angeblichen und nicht-russischen U-Booten vor Schweden. Es gibt offenbar nicht eine einzige korrekte Meldung über die schwedischen U-Boot-Vorfälle seit dem Dementi durch das schwedische Verteidigungsministerium vor einem Monat in den etablierten deutschen und EU-Medien. Die meisten Medien verschweigen die Aufklärung einfach weiterhin. Die oben genannten Medien sind so dreist und nutzen die U-Boot-Sache weiterhin für Propaganda. Wer die genannten Artikel liest und nur den vorherigen Medienhype um eine russische U-Boot-Bedrohung kennt, der glaubt doch nach dem Lesen weiterhin daran.

Diese Artikel klären nichts auf. Sie sind so geschrieben, dass der diesen Medien vertrauende Leser weiter daran glaubt, was die Presse ihm seit zwei Jahren zur „U-Boot-Bedrohung“ auftischt, und als Feigenblatt steht da ein „vermeintlich“ oder „Gerüchte“. Das versteht natürlich niemand, der sich nicht intensiv mit der Sache beschäftigt hat, dass das eine Art Dementi der „russischen U-Boot-Bedrohung“ sein soll. Aber dieses „vermeintlich“, dieses „Gerüchte“ ist doch ungeheuer wichtig in seiner Bedeutung: Damit haben diese Medien sich nämlich enttarnt. Wer ein billiges Feigenblatt braucht, um sich notfalls wie ein erwischter Trickdieb herausreden zu können, der zeigt, dass er bescheid weiß und dass er weiß, dass er lügt und manipuliert. Die meisten anderen Medien haben es in den letzten Wochen dabei belassen, die Wahrheit wegzulassen und sich auch nicht durch Proteste von Lesern und Zuschauern dazu bewegen lassen, journalistisch tätig zu werden.

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3 Kommentare

  1. Das ist die ganz hohe Schule der Propaganda: Erst erfindet man eine Aggression des erklärten Gegners, um mit der auf dieser Erfindung beruhenden „Berichterstattung“ die Bevölkerung bewußt und gezielt zu verunsichern und ein allgemeines Gefühl einer Bedrohung zu erzeugen. Und dann nimmt man diese selbst erzeugte und auf einer Lüge basierende gefühlte Bedrohung als OBJEKTIVEN Grund für eine Ausweitung der eigenen Militärinvestitionen und Aktionen. Und „schuld“ ist – na klar – der Gegner, der sich von Anfang an nichts zuschulden kommen ließ, ja dessen Dementis auch noch als verlogene Feindpropaganda gegeißelt werden, und somit als Bedrohungsmultiplikatoren benutzt werden, obwohl sie schlicht der Wahrheit entsprechen.

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