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Das gestörte Verhältnis der taz zu Investigativjournalismus

Die taz hat gestern einen Artikel zu dem gerade in Berlin zu Ende gegangenen Treffen von Investigativjournalisten und Whistleblowern (letztere teils zugeschaltet, um nicht in Deutschland verhaftet zu werden) veröffentlicht, der letztlich auf eine Diskreditierung dieser Journalisten und Aktivisten hinausläuft: „Logan-Symposium in Berlin. Eine Elite, die sich genügt„. Auch Markus Kompa ist der taz-Artikel aufgestoßen und er hat darauf bei Telepolis geantwortet und auch noch ein wenig vom Logan CIJ Symposium zum investigativen Journalismus erzählt. Also von dem, was dort wirklich so abgelaufen ist. Am Beispiel des Investigativjournalisten Seymour Hersh wird besonders deutlich, wie bizarr das Verhalten der taz – die Investigativjournalismus selbst höchstens simuliert – zu dem Thema ist.

Kompa schreibt bei Telepolis: „So boten die Veranstalter etwa den weltweit prominentesten Enthüllungsjournalist Seymour Hersh auf, dessen Reportage über das Mỹ Lai Massacker in den USA entscheidend die öffentliche Meinung für ein Ende des Vietnam Kriegs beeinflusste. Trotz seiner Bekanntheit und zahlreicher Preise hat jedoch auch Hersh nach wie vor große Schwierigkeiten, unerwünschte Nachrichten in den Mainstreammedien unterzubringen, etwa 2004 die unpatriotische Story über das Foltergefängnis in Abu Ghraib.“.

Die taz – Martin Kaul, „taz-Redakteur für soziale Bewegungen & Politik von unten“ – schreibt zu Hersh in dem genannten Artikel zum Loagn-Symposium: „Nun ist es also soweit. Es reicht also. Es reicht, wenn Wikileaks-Gründer Julian Assange und Whistleblower Edward Snowden zugeschaltet werden. Es reicht, wenn der Starjournalist Seymour Hersh eine Rede hält. Es reicht, wenn fünf Leute vorne auf der Bühne stehen und sagen, was sie so machen. Und dann wieder fünf und dann nochmal fünf.“.

Und am Schluss kommen bei der taz dann die Unterstellungen: „Auch gibt es kaum einen Streit und wirklich kaum eine Frage. Eine politische Analyse der Jetztzeit? Fehlanzeige. Eine Selbstkritik der eigenen Methoden? Nein. Die Elite – oder sagen wir, um sie zu schonen: die Avantgarde – der digitalen Recherche hat vergessen, politische Fragen zu stellen. Denn sie genügt sich, sich vereint zu wissen. […] Denn sind es nicht gerade die Investigatorinnen und Investigatoren, die an ihren kritischen Fragen gemessen werden? Nein, die Konferezen, das war ein Schaulaufen schöner Projekte, ein Händeschütteln und ein Glückwunsch sagen.“.

Liebe taz, soll das etwa ein Witz sein?

Der angesprochene Seymour Hersh hat vor zwei Jahren Investigativreportagen veröffentlicht, nach denen die syrische Regierung unter dem Präsidenten Assad nicht für die Giftgasangriffe in Syrien verantwortlich war – Entsprechendes hatten ja auch schon us-amerikanische Wissenschaftler veröffentlicht – und nach denen die ganze Aktion – die Giftgasattacken in Ghouta bei Damaskus – eine Aktion des türkischen Geheimdienstes unter Präsident Erdogan mit Hilfe der „Rebellen“, der Al Nusra Front, des türkischen Arms der Al Kaida, waren.

Und die taz hat Seymour Hersh dafür verhöhnt, zerissen, lächerlich gemacht und beschimpft. Genau so, wie man Hersh sein Leben lang immer kaputt machen wollte (bevor er dann mal wieder für eine herausragende Story einen renommierten Journalistenpreis bekam). Genauso, wie man das von einer mittlerweile als „transatlantisch“ zu bezeichnenden Publikation wie der taz erwartet, die heutzutage sogar ukrainische Nazikämpfer deckt, weil es „dem Westen“ gefällt. Dass das Ganze in den letzten zwei Jahren in den deutschen Medien unter den Tisch gekehrt wurde und weiterhin von Giftgasangriffen der syrischen Regierung gesprochen wurde, setzt dem ganze dann noch die Propaganda-Krone auf.

Zitat aus dem Verleumder-Artikel der taz zu Hershs Syrien-Enthüllungen: „Von einer Verschwörungstheorie kopiert. Der vielleicht ungeheuerlichste Fall journalistischen Fehlverhaltens stammt von einem der gefeiertsten Journalisten: dem Pulitzerpreisträger Seymour Hersh. In zwei Aufmachern der geschätzten London Review of Books behauptet er, dass eher die Rebellen als das Regime für die Chemiewaffeneinsätze verantwortlich sein dürften. Seine Quelle: ‚ein früherer Nachrichtendienstoffizier‘.“.

Dazu noch mehrmals das Wort „Verschörungstheorie“ in den Raum geworfen, dann stimmt die „pro-westliche“ Propagandawelt der taz wieder …

Mehr zu Hersh Enthüllungen: Seymour M. Hershs Syrien-Giftgas-Artikel auf deutsch

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Ein Kommentar

  1. Das die taz inzwischen, wie die „Grünen“, zu einem rechtsliberalem Portal geworden ist sollte bekannt sein! Kann man nicht mehr wirklich ernst nehmen!
    Allein ihr Russland-Bashing, die Haltung zu den Verbrechern in Kiev, die verschrobenen Ansichten zu „moderaten Rebellen“ in Syrien sprechen Bände!
    taz.de ist natürlich „umsonst“, man solle doch nur 5,-€ bezahlen – Schwachfug a la taz!

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