Gesellschaft Medien Politik Wissenschaft

Aleppo: USA verhandelt Feuerpause für Al Kaida

Der Feind meines Feindes ist mein Freund: Im Syrienkrieg findet aktuell eine Offensive der Regierungstruppen gegen das von einer Koalition unter Führung der syrischen Al-Kaida-Abteilung „Al Nusra Front“ und der Ahrar al-Scham besetzte Aleppo statt, die von russischen Luftangriffen unterstützt wird. Die US-Regierung will nun eine Feuerpause. Bei diesem Anliegen helfen ihr auch deutsche Medien wie beispielsweise Zeit Online, bei denen aus Al Kaida und co „moderate Rebellen“ werden. Denn natürlich kann die USA nicht so einfach „medien-öffentlich“ jetzt mit oder für Al Kaida arbeiten, schließlich wird letztere ja für die Anschläge des 11. September 2001 in New York verantwortlich gemacht und ist Grund für den weltweiten „Kampf gegen Terror“ durch die USA und ihre Verbündeten, also auch Deutschland.

Zeit Online schreibt in dem Artikel „Syrien: USA und Russland reden über Feuerpause„: „Russland denke über sinnvolle Vorschläge zu einer Waffenruhe nach, heißt es vor der Syrien-Konferenz. Umstritten ist aber, wann diese beginnen soll. Laut US-Regierungsvertretern hat Moskau eine Feuerpause in Syrien ab dem 1. März vorgeschlagen. Washington reicht das jedoch nicht aus. Die US-Regierung verlange, dass die Kämpfe in dem Bürgerkriegsland sofort eingestellt werden müssten. Die USA vermuten, dass Russland und die mit ihm verbündete syrische Regierung in den drei Wochen bis zu der vorgeschlagenen Waffenruhe versuchen würden, moderate Rebellengruppen zu zerschlagen.“.

In dem ganzen Zeit-Online-Artikel finden sich nicht ein einziges Mal die korrekten Bezeichnungen „Al Nusra“, „Al Kaida“, „Al Qaida“, „Ahrar al-Scham“, „radikal-islamistische Rebellen“, „dschihadistische Rebellen“ oder dergleichen. Aus Al Kaida und co werden im Kampf gegen Syrien und Russland „moderate Rebellen“. Wohl aber findet sich die Forderung der USA für eine Feuerpause und die wäre eben zugunsten von Al Kaida und co. Die humanitären Gründe dürften da nur vorgeschoben sein. Im „Krieg gegen den Terror“ mit seinen 1-2 Millionen Toten hat so etwas die US-Regierung bisher herzlich wenig interessiert. Und die großen Flüchtlingswellen aus Syrien im Sommer 2015 mit all ihren „Nebenwirkungen“ kamen eben auch vor dem russischen Eingreifen Ende September 2015 in Europa an und sind sicher auch jetzt nicht plötzlich alleine diesem Eingreifen geschuldet (Man denke auch noch an den IS).

Mehr Informationen zu Ahrar al-Scham, Al Kaida und Aleppo gab es vor wenigen Tagen hier bei Blauer Bote: „SPIEGEL unterstützt mittlerweile offen terroristische Vereinigung Ahrar al-Scham sowie Al Kaida„.

n-tv in einem anderen Artikel vom 8. Februar 2016 (“Aleppo vor dem Fall. Russland bringt Assad entscheidenden Sieg“): “Sollte Aleppo, die zweitgrößte Stadt Syriens, von den Assad-Truppen erobert werden, wäre es nicht das Ende des Kriegs, aber für das Regime und auch für Russland ein wichtiger Sieg. Machthaber Baschar al-Assad wäre endgültig wieder etabliert als Machtfigur, die nicht einfach vom Spielfeld geschoben werden kann. Russland hätte gezeigt, dass die offizielle Grundannahme des Westens mit Blick auf den syrischen Bürgerkrieg schlicht falsch war. […] Aleppo liegt nicht in IS-Gebiet, sondern wurde bislang von Aufständischen gehalten, darunter die Nusra-Front, der syrische Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida.”.

Wer Al Kaida ist, dürfte bekannt sein (Wikipedia zu Al Qaida), Ahrar al-Scham ist dagegen sicher unbekannter. Hier mehr dazu:

Der Spiegel schreibt zu Ahrar al-Scham und Aleppo: „Die zerstrittenen Rebellen wollen den Fall Aleppos mit allen Mitteln verhindern. Die größte Miliz Ahrar al-Scham hat ‘alle Fraktionen der syrischen Revolution’ aufgerufen, sich an der Verteidigung der Stadt zu beteiligen. Doch gegen die Luftangriffe und die Feuerkraft der von Russland jüngst gelieferten T-90-Panzer sind die Aufständischen machtlos. ‘Aus Sicht der russischen Regierung sind das alles Terroristen’, sagte US-Präsident Barack Obama schon im September nach einem Treffen mit seinem Moskauer Amtskollegen.“.

Der Bundesgerichtshof schreibt in seinem Urteil „BGH AK 10/15 – Beschluss vom 19. Mai 2015“ zu Ahrar al-Scham: „Bereits seit dem Jahr 2012 war sie, bzw. ihre Vorgängerorganisation – häufig in enger Zusammenarbeit mit der ‚Jabhat al Nusra‘ und anderen Gruppierungen der späteren Islamischen Front – an fast allen wichtigen Operationen der syrischen Aufständischen beteiligt, insbesondere an der Offensive in der Stadt Aleppo im Juli 2012, der Einnahme der Provinzhauptstadt Raqqa im März 2013, in Zusammenarbeit mit der ‚Jabhat al Nusra‘, dem ‚Islamischen Staat im Irak und Syrien‘ (ISIG) und anderen jihadistischen Gruppierungen ab dem 4. August 2013 an der Offensive gegen alawitische Dörfer im Gebirge in der Provinz Latakia, bei der zahlreiche Zivilisten ermordet wurden, sowie im Februar 2014 an dem Angriff auf das Zentralgefängnis von Aleppo, an dem wiederum auch die ‚Jabhat al Nusra‘ und weitere jihadistische Vereinigungen teilnahmen.“.

Telepolis schreibt in dem Artikel „Syrien: ‚Neue Möglichkeiten‘ der USA mit Ahrar al-Sham?“ vom 22. September 2015 (eine Woche, bevor Russland in Syrien eingriff) zu Ahrar al-Scham: „In diesem Zusammenhang ist Ahrar al-Sham bereits aufgefallen. Die Gruppe verfügt über exzellente Kontakte in Washington, was ihr gestattete in der Washington Post einen Artikel unterzubringen, in dem sie sich als Partner in Syrien für die USA anbot (Der Afghanistan-Loop: alte Fehler mit Milizen in Syrien wiederholen). Das Unternehmen Umcodierung bestimmter Dschihadistengruppen läuft also schon länger. ‚Wir sind nicht vom Mars‘, verbreitete auch die Financial Times die Image-Korrektur von Ahrar al-Sham weiter. Der aktuelle Bericht der Washington Post lässt im Übrigen mit der Bemerkung, wonach die CIA ein eigenes Programm zur Bewaffnung und Ausstattung von ’syrischen Rebellen‘ fährt, befürchten, dass die Gruppe jetzt schon nicht nur bei der PR-Arbeit in Washington amerikanische Unterstützung widerfährt. Als gesichert gilt, dass Ahrar al-Sham mit der türkischen Regierung in engem Verhältnis steht.“.

Beim Schweizer Rundfunk SRF heißt es in einem Interview zu Ahrar al-Scham: „Was ist über diese Gruppierung, die Ahrar al-Scham, genau bekannt? Sie ist eine radikale islamistische Rebellengruppe, ein Zusammenschluss von sogenannt salafistischen Islamisten, die für einen Scharia-Staat in Syrien kämpfen. Der Begriff «Hardliner» wäre treffend. Aktiv sind sie vor allem im Nordwesten von Syrien, in der Region um Idlib. Hier haben sie ihre Wurzeln, hier kam es auch zum Anschlag. In der ersten Phase des Aufstands gegen Assad galt Ahrar al-Scham als der schlagkräftigste Zusammenschluss von Rebellen in Syrien mit vielleicht 20’000 bis 30‘000 Kämpfern. Die Gruppierung galt auch als sehr diszipliniert. Wo sie heute steht, ist schwierig einzuschätzen.“.

UPDATE: Hier ein Ausschnitt aus einem Artikel der Zeit vom August 2015. „Kämpfer der Al-Nusra-Front in Aleppo“ … „Der syrische Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida“.

zeit_aleppo_nusra_rot

Spendenkonto für die Gerichtsverfahren gegen den Stern/Bertelsmann-Konzern

6 Kommentare

  1. Ein permanentes Ärgernis ist die Verwechslung der Stadt Aleppo mit der Provinz Aleppo. Im Moment wird nicht um die Stadt gekämpft sondern um die Provinz. Insofern ist ein Großteil der Berichte in den Medien fiktiv und hat nichts mit der Realität zu tun.

  2. Es wird ja immer damit argumentiert, Kritik an der amerikanischen Führung wäre „antiamerikanisch“. Hier ein Beispiel.

    Die Werte und Ideale, die die US-Amerikaner (ich meine die Bevölkerung, nicht die Regierung und andere Institutionen) für sich in Anspruch nehmen sind ja Demokratie, Freiheit, Gerechtigkeit, Chancengleichheit. Ist es dann nicht zutiefst antiamerikanisch, demokratisch gewählte Regierungen wegzuputschen und dabei islamistische Terroristen und Nazis (wie in der Ukraine) zu unterstützen, auch von Seiten der Presse, indem man der Bevölkerung die wahren Zusammenhänge vorenthält? Meiner Meinung nach sind diejenigen, die in den USA das Sagen haben, antiamerikanisch, weil sie lediglich die Interessen einer kleinen steinreichen Elite vertreten, die den Interessen der normalen Bevölkerung (der „99 Prozent“) entgegenlaufen. Wenn man es genau nimmt, sind sie nicht nur antiamerikanisch, sondern auch antimenschlich, weil diese Soziopathen, die den Hals nicht voll bekommen, obwohl sie so viel Geld haben, dass sie es in 10 Leben nicht ausgeben könnten, nebst ihrer Handlanger in Politik und Medien sogar bereit sind, die Gefahr eines Atomkrieges in Kauf nehmen.

    Was für Gruselgestalten werden sie uns wohl demnächst als „die Guten“™ präsentieren?

      1. Danke. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich damals die Story von Saddams Massenvernichtungswaffen geglaubt habe. Zu denken hat mir auch gegeben als ich auf den Nachdenkseiten von den Staatsstreichen im Iran und Chile erfahren habe. Zum Putsch im Iran gibt es hier eine sehr sehenswerte Doku, und hier eine kürzere zu dem in Chile. Erschreckend sind die Reaktionen deutscher Politiker und Journalisten am Ende des Videos über den Chile-Putsch – „lupenreine Demokraten“ gab es also auch damals schon.

        Dass unter Obama ein solch gefährlicher Kurs gefahren werden könnte, hab ich allerdings nicht erwartet, genauso wenig wie ich mir ein derartiges Ausmaß an verzerrter und verlogener Berichterstattung unserer Medien (gerade der öffentlich-rechtlichen) nicht vorstellen konnte, obwohl ich seit Schröder und seinen „Reformen“ schon einiges von denen gewohnt war.

Kommentar hinterlassen